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CDU-Innenpolitiker Frank Balzer hatte den Fragenkatalog erarbeitet.

© TSP/Raphael Krämer

Update

„Betreibt das Geschäft der AfD“: Rassismus-Vorwurf gegen die CDU-Fraktion wegen Fragen zu den Silvester-Ausschreitungen in Berlin

Die Berliner Christdemokraten stehen schwer in der Kritik: Sie wollen die Namen der deutschen Tatverdächtigen für die Silvester-Krawalle wissen.

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Der Berliner CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus wird offener Rassismus vorgeworfen. Grund ist ein Fragenkatalog für die nächste Sitzung des Innenausschusses am Montag. Der Linke-Innenexperte Niklas Schrader hielt der CDU-Fraktion „völkisches Denken“ vor: „Die CDU betreibt das Geschäft der AfD.“ Kritik kam auch von SPD und Grünen – und selbst aus den eigenen Reihen.

Dabei geht es um eine von insgesamt 47 Fragen, die CDU-Innenexperte Frank Balzer zu den Silvesterkrawallen eingereicht hatte. „Wie lauten die Vornamen der Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit?“, fragt die Fraktion und erfährt dafür einen Sturm der Entrüstung. „Rassismus. Auch in der Berliner CDU kein Versehen“, twitterte der Linke-Abgeordnete Niklas Schenker.

Tom Schreiber, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, forderte Balzer auf, sich öffentlich zu entschuldigen und die Frage zurückzuziehen. „Ein Gericht befasst sich nur mit den Straftaten. Nicht mit der Religion und Nationalität“, twitterte Schreiber. Grünen-Innenexperte Vasili Franco warf der CDU vor, Vorverurteilungen vorzunehmen und pauschal ganze Bevölkerungsgruppen zu diffamieren. „Das ist eine Verbreitung von rassistischen Ressentiments“, erklärte Franco.

Auch die Regierende Bürgermeisterin und SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey kritisierte das Vorgehen der CDU. „Um zu verstehen, wie das passieren konnte, muss man sich die Lage in diesen sozialen Brennpunkten anschauen und nicht im Parlament nach Vornamen fragen“, ließ sie über Twitter mitteilen. Entscheidend sei zum einen die Stärkung der Sozialarbeit und zum anderen eine schnelle Bestrafung der Täter. „Ausgestreckte Hand und Stoppsignal müssen die Devise sein - nicht markige Kneipensprüche“, so Giffey.

Ruprecht Polenz kritisiert die Parteifreunde

Widerspruch erntete Balzer sogar aus den eigenen Reihen. Danny Freymark, umweltpolitischer Sprecher seiner Fraktion, erklärte via Twitter: „Ich werde vorschlagen, diese Frage zurückzuziehen, da ich sie weder teile noch hilfreich finde. Es macht einfach überhaupt keinen Sinn, so etwas zu erfragen.“ Ruprecht Polenz, der fast 20 Jahre lang für die CDU im Bundestag gesessen hatte, erklärte: „Warum ist es so schwer, sich auf die sozialen Gründe für die Ausschreitungen zu konzentrieren: schwache Bildung, prekäre Beschäftigung.“

Maik Penn, ebenfalls Fraktionskollege Balzers, kommentierte den Beitrag von Polenz mit den Worten: „Als Mitglied des Berliner Innenausschusses schäme ich mich dafür, wer auch immer diese dümmliche Frage aufgenommen hat.“ Eine finale Abstimmung des Fragenkatalogs innerhalb der Fraktion oder zumindest unter den CDU-Mitgliedern im Innenausschuss war dieser Darstellung zufolge nicht erfolgt.

Balzer selbst war für den Tagesspiegel am Donnerstag nicht erreichbar. Der Nachrichtenagentur dpa sagte er, es gehe um Transparenz. Die bisherigen Angaben der Polizei zur Nationalität der Verdächtigen reichten dafür nicht aus. Man wolle wissen, ob es einen Migrationshintergrund gebe bei Verdächtigen mit deutschem Pass. Nach Angaben der Einsatzkräfte sei dies der Fall. „Wenn es dort ein Problem gibt, müssen wir es wissen und es ohne Vorurteile offenlegen“, sagte Balzer.

Partei- und Fraktionschef Kai Wegner verteidigte den Fragenkatalog seiner Partei, den er für die am Montag anstehende Sitzung des Innenausschusses vor einigen Tagen angekündigt hatte. „Probleme löst man nicht, indem man sie verschweigt. Ich lasse mir von der Koalition keine Fragen verbieten“, sagte Wegner dem Tagesspiegel. Ohne Transparenz und eine klare Faktenlage könne es keine zielgerichtete Präventionsarbeit geben, sagte Wegner und fügte hinzu: „Wir werden nicht zulassen, dass die Koalition von dieser notwendigen Debatte ablenkt.“

Ein von CDU- und FDP-Fraktion gestellter Antrag auf Besprechung der Silvesterkrawalle im Innenausschuss war von den Koalitionsfraktionen abgelehnt worden. Stattdessen reichten diese einen eigenen Antrag ein, der am Montag behandelt wird.

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