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Meike Borchert und Géraldine Döring sind Stadtnatur-Rangerinnen in Neukölln.

© Madlen Haarbach/Tsp

Umweltschutz in Berlin: Ranger vermitteln zwischen Mensch und Stadtnatur

In den Berliner Bezirken kümmern sich Stadtnatur-Ranger um den Erhalt kleiner Schutzgebiete. Ein Treffen am Neuköllner Roetepfuhl.

Direkt an der Mohriner Allee führt ein schmaler Pfad von einer Grünanlage aus zu einem kleinen Naturwunder. In unmittelbarer Nähe zu dröhnendem Straßenverkehr bahnt man sich seinen Weg durch hochgewachsenes Schilf und steht dann plötzlich vor dem Roetepfuhl, einem der eiszeitlichen Gewässerreste Neuköllns.

Der Pfuhl ist Dienstgebiet der Stadtnatur-Rangerinnen Meike Borchert und Géraldine Döring: Hier und an mehreren anderen Naturdenkmälern und Grünanlagen vor allem im Süden des Bezirks machen sie regelmäßige Rundgänge, kartieren die Amphibien- und Vogelpopulation und kommen vor allem mit Spaziergängern und Besucherinnen ins Gespräch.

Entstanden sind die Stadtnatur-Ranger:innen vor drei Jahren als Modellprojekt der Senatsumweltverwaltung, in fast allen Bezirken koordiniert die Stiftung Naturschutz ihren Einsatz. Pro Bezirk gibt es in der Regel zwei Rangerinnen oder Ranger, nur Neukölln und Tempelhof-Schöneberg kooperieren wegen den sich überschneidenden Gebieten und teilen sich daher insgesamt vier.

„Wir kümmern uns um die Schutzgebiete und vermitteln den Bürgern, was für kleine Schätze sie eigentlich haben“, beschreibt Döring ihre Aufgabe und deutet dabei auf den Pfuhl. Die Ranger:innen beantworten Fragen und machen darauf aufmerksam, welche Aktivitäten die Natur stören und worauf man achten muss, um die Schutzgebiete für alle zu erhalten.

Ihr Job sei sehr spannend, erzählen die beiden Rangerinnen. „Wir erleben jeden Tag etwas anderes, weil die Natur sich ja auch verändert und man immer wieder andere Menschen trifft“, sagt Döring, die ausgebildete Diplomingenieurin für Landschafts- und Naturschutz ist. Ihre Kollegin Meike Borchert ist Biologin und war vor ihrer Tätigkeit in Neukölln Rangerin in einem Biosphärenreservat.

Wir vermitteln den Bürgern, was für kleine Schätze sie eigentlich haben.

Stadtnatur-Rangerin Géraldine Döring

Die meisten Begegnungen seien nett, sagt Döring. Manchmal gebe es Probleme mit Hundebesitzer:innen, die ihre Tiere nicht anleinen wollen – aber die meisten Menschen seien sehr interessiert und stellen Fragen, welche Tiere etwa gerade zu sehen sind. „Wenn wir die Leute dann wiedersehen, weil wir ja immer die gleichen Gebiete ablaufen, erzählen sie uns oft stolz, welche Vögel sie zuletzt beobachtet haben“, sagt Döring und strahlt.

Borchert ergänzt: „Man sieht dann einfach plötzlich Begeisterung bei den Leuten, wenn sie erkennen, dass es sich nicht nur um eine Grünfläche handelt wo halt Hunde rumlaufen, sondern dass es ganz viel zu entdecken gibt – gerade in Berlin auch viele seltene Arten.“

Borchert und Döring sind unter anderem auch mit Reusen nachts unterwegs und untersuchen, welche Frösche und Molche in den Gewässern leben – das helfe den Naturschutzbehörden, die dann überlegen, ob man zum Beispiel gewisse Flächen besser oder anders schützen und pflegen muss. „Dazu gehört etwa, die Gebiete freizuschneiden, damit die Pfuhle nicht zuwuchern“, erklärt Borchert.

Die Rangerinnen kartieren Tiere wie die seltenen Zauneidechsen - damit diese besser geschützt werden können.

© dpa / Patrick Seeger

Problematisch sei etwa, wenn jemand in der Amphibiensaison seinen Hund im Pfuhl baden lassen würde – und insbesondere der Müll, der häufig in den Grünanlagen abgeladen wird. „An den Gewässern wird oft geangelt oder Party gemacht, was nicht erlaubt ist – aber nicht so das Problem wäre, wenn die Leute danach wenigstens ihren Müll wieder mitnehmen würden“, sagt Döring.

Die Rangerinnen haben mittlerweile immer Mülltüten dabei, auch wenn das Müllsammeln gar nicht zu ihren Aufgaben gehört. „Aber wir wissen einfach, wie gefährlich es für die Tiere wird, wenn sie sich schneiden, Müll verschlucken oder sich darin verwickeln.“

Es gibt zu wenige Grünflächen für die Städter

Ein anderes Problem sei der generelle Nutzungsdruck, ergänzt Borchert: An manchen Naturgebieten sei es einfach zu voll, die Menschen würden etwa durch das Schilf stromern und dadurch die Tier- und Pflanzenwelt stören. „Da müssen die Leute für sensibilisiert werden, dass sie Rücksicht nehmen und letztlich dadurch auch die Natur für alle erhalten“, sagt sie.

Dabei sei die Aufgabe der Rangerinnen, anders als etwa beim Ordnungsamt, eher der Kontakt auf Augenhöhe – und die Aufklärungsarbeit, denn viele Menschen seien nicht informiert oder machten sich keine Gedanken. Gleichzeitig gebe es viele Bereiche, wo Anwohner:innen selbst aktiv werden und etwa gemeinsam Müll sammeln.

Wir sehen schon jetzt, wie die Wasserpegel immer weiter absinken.

Géraldine Döring, Rangerin

Und natürlich bedrohen der Klimawandel und vor allem die damit verbundenen Dürreperioden die Neuköllner Natur. „An den Gewässern sehen wir jetzt schon, obwohl wir das erst seit drei Jahren machen, wie die Pegel immer weiter absinken“, sagt Döring. „Das wird für die Amphibien auf jeden Fall ein Problem.“

Dabei sehen die beiden dringenden Nachholbedarf, etwa beim Umbau zur sogenannten Schwammstadt: Damit das Regenwasser künftig nicht mehr einfach in die Kanalisation abgeleitet wird, sondern stattdessen beispielsweise in die kleinen Gewässer fließen kann.

Die Rangerinnen veranstalten immer mal wieder Führungen und Infoveranstaltungen, etwa zum Langen Tag der Stadtnatur. Zu ihren Lieblingsorten gehören dabei etwa das renaturierte Rudower Fließ und der Rudower Dörferblick: An letzterem könne man schön beobachten, wie aus einer ehemaligen Müllhalde ein Naturgebiet werde. „Mittlerweile wachsen da zum Beispiel auch viele essbare Pflanzen, und natürlich ist die Aussicht einfach toll“, sagt Borchert.

Man könne von dem Hügel am Stadtrand aus etwa toll Vögel beobachten – und die Flugzeuge vom benachbarten BER. Das spannende an Neukölln sei außerdem, dass viele kleine Naturorte – wie der Roetepfuhl – eher etwas versteckt liegen und viele Menschen sie schlicht gar nicht kennen würden, sagt Borchert. Es gebe also noch viel zu entdecken.

Weitere Infos zu den Stadtnatur-Ranger:innen, ihren Aufgaben und den Schutzgebieten in Neukölln gibt es hier.

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