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Hans Scharoun entwarf dieses Appartement-Haus am Kaiserdamm.

© Cay Dobberke

Ausstellung zum Bauhaus-Jubiläum: Wie das "Neue Bauen" den Berliner Westen prägte

Das Museum Charlottenburg-Wilmersdorf zeigt Architektur aus der Ära des Bauhauses. Dass die Gebäude nur teilweise dessen Stil entsprechen, gehört zum Konzept.

Von 1919 bis 1933 sei der Berliner Westen eine „Keimzelle des Bauhauses“ gewesen, findet die Kunsthistorikerin Simone Oelker – obwohl es im heutigen Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf kein Gebäude gibt, das sich klar diesem Stil zuordnen lässt. Andererseits waren hier aber Architekten wie der Bauhaus-Gründer Walter Gropius tätig, der Teile der Großsiedlung Siemensstadt (auch bekannt als Ringsiedlung) in Charlottenburg-Nord gestaltete. Weitere Architekten schufen für die damalige Zeit moderne Bauten, an denen Einflüsse des Bauhauses erkennbar sind. Oder war es eher umgekehrt? „Bauhaus hat auch nur aktuelle Strömungen aufgegriffen“, sagt Oelker und meint damit das „Neue Bauen“ beziehungsweise die „Neue Sachlichkeit“.

Das Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim nimmt das 100. Gründungsjubiläum des Bauhauses und die „Bauhauswoche Berlin“ zum Anlass für eine Ausstellung über „Orte der Moderne“ und „Neues Bauen“ im Bezirk. Dabei gehe es auch um den sozialen und politischen Kontext in der Weimarer Republik, sagt Simone Oelker, die zu den drei Kuratorinnen gehört. Die Architekturen „lassen sich als Antworten auf drängende Fragen ihrer Zeit lesen“, zu denen der stark wachsende Bedarf an Wohnungen in der Großstadt gehörte.

Ein Haus für Singles

Ein typisches Beispiel ist das Appartementhaus am Kaiserdamm 25 / Ecke Königin-Elisabeth-Straße, das in den Jahren 1928 bis 1929 nach Plänen von Hans Scharoun entstanden war. Der sechsstöckige weiße Putzbau mit Ein- bis Zwei-Zimmer-Wohnungen war anfangs für Alleinstehende gedacht. Praktischerweise wurden Läden im Parterre angesiedelt, ein geplanter „Gaststättenservice“ für die Bewohner blieb dagegen nur eine Idee. Im Dachgeschoss gibt es heute Künstlerateliers.

Vom Kino zum Theater. Die Schaubühne am Lehniner Platz.

© Cay Dobberke

Passen Neubauten in die Umgebung des Lehniner Platzes?

Zu den größten Bauprojekten im Berlin der 1920er Jahre gehörte der WOGA-Komplex von Erich Mendelsohn rund um den Lehniner Platz am Kurfürstendamm. Das bekannteste Gebäude ist die Schaubühne mit ihrer abgerundeten Fassade sowie einem Aufbau, der an einen großen Schornstein erinnert und einst als Werbefläche diente. Ursprünglich war die Bühne ein Kino mit fast 1800 Plätzen. Zum Gebäude-Ensemble gehörten auch das „Kabarett der Komiker“, eine Ladenstraße, ein Tennisplatz und viele Wohnungen. Einige der heutigen Bewohner in der Cicerostraße kämpfen seit Jahren gegen Neubauten mit Eigentumswohnungen, die ein Investor auf dem geschlossenen Tennisplatz plant – obwohl dieser, wie der ganze WOGA-Komplex, unter Denkmalschutz steht.

Nazis, Tänzer und Beamte am Hohenzollerndammm

Das berühmteste Berliner Gebäude des Architekten Emil Fahrenkamp ist das Shell-Haus in Tiergarten. Gleichzeitig gestaltete Fahrenkamp aber auch einen sachlich-modernen Neubau in Wilmersdorf: das heutige Dienstgebäude des Bezirksamts am Hohenzollerndamm 174-177. Auffällig sind die konkave Fassade am Haupteingang und das Flachdach über einem weit zurückspringenden „Laternengeschoss“. Anfangs war der Bau mit rotem Klinker verkleidet, sein helles Äußeres erhielt er später durch Kunststeinplatten.

Emil Fahrenkamps Bau am Hohenzollerndamm ist heute vor allem als Bürgeramt bekannt.

© Cay Dobberke

Die Geschichte dieses Gebäudes ist wechselhaft. Gebaut wurde es 1930 bis 1935 für eine Versicherung. Doch die Nazis machten daraus den Hauptsitz der „Deutschen Arbeitsfront“. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde hier getanzt und gefeiert: Die Diskothek „Riverboat“ mit drei Tanzflächen und Biergarten-Terrasse belegte das ganze Dachgeschoss. Als das „Riverboat“ nach Jahrzehnten schloss, durften Künstler dort Ateliers einrichten. Doch ein paar Jahre später mussten sie ausziehen, weil das Bezirksamt dringend Büroräume brauchte. Heute beherbergt das Haus ein Bürgeramt, Teile des Bezirksbauamts, die Kommunale Galerie Berlin sowie das „Theater Coupé“, das zum Kulturamt gehört und unter anderem dem Deutsch-Jüdischen Theater als Spielstätte dient.

Das Bezirksmuseum stellt insgesamt zehn Bauten vor, davon fünf ausführlich. Dazu gehören auch die Kant-Garagen in der Kantstraße, die ursprünglich den hochtrabenden Namen „Kant-Garagen-Palast“ trugen. Die in den Jahren 1929 bis 1930 erbaute Hochgarage hatte der Wiener Architekt Hermann Zweigenthal im Stil der Neuen Sachlichkeit gestaltet. In der Fachwelt erregten die Fahrbahnen in Form einer Doppelhelix viel Aufsehen, weil sich herauf- und hinabfahrende Autos so nicht begegnen. Vor ein paar Jahren wollte der damalige Eigentümer das Baudenkmal abreißen. Gerettet wurde es durch Widerstand in der Bezirkspolitik und Proteste einer Initiative aus Architekturfreunden. Nun plant ein neuer Eigentümer unter anderem Büros für Start-up-Firmen, Galerie-Etagen und Eventräume.

Fünf Bauten, darunter das Haus des Rundfunks an der Masurenallee, erklärt die Ausstellung nur ganz kurz. Besucher werden ermuntert, die Orte selbst zu erkunden – und bekommen dafür einen speziellen Stadtplan ausgehändigt.

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