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Laura Obst ist mit ihrer Mode zum ersten Mal im Berliner Salon dabei.

© Alina Kossan

Auftakt der Fashion Week in Berlin: Nur das Neue zählt

Ab Montag wird in Berlin wieder Mode gezeigt. Dieses Mal sind nicht nur die Entwürfe neu, sondern auch die Inszenierung.

Gerade steht es wieder an viele Schaufenster geschrieben: Alles muss raus! Jede Saison das gleiche Spiel in der Mode: Das Alte muss weg, weil das Neue kommt. Und das, so das Versprechen, wird besser sein, also eine neue Chance. Und die wollen wir ja alle – theoretisch. Denn in der idealen Vorstellung unserer selbst sind Veränderungen etwas Gutes. Aber wenn es konkret wird, wie das Heizungsgesetz zeigt, haben wir vor allem Angst, dass etwas anders werden könnte, was nicht so gut ist wie das Alte.

Da kommt die Mode gerade recht, mit ihr können wir wenigstens immer wieder ein bisschen anders aussehen – der erste Schritt zu einem neuen Leben. Im Kulissenbauen macht dieser Branche wirklich niemand etwas vor. Sie erzählt eine Geschichte, in der jeder schön, jung und unbeschwert ist – möglichst in Bildern, sodass wir es schnell und unterbewusst aufnehmen. Und ständig wird die Bühne umgebaut.

Das bringt uns zur Fashion Week, die ja im Idealfall so etwas wie eine große Theateraufführung sein soll, die uns von der nächsten Geschichte überzeugen will. Und klar, wenn eine Inszenierung besonders gut funktioniert, dann lässt man sie auch mal ein bisschen länger auf dem Programm.

Die Berliner Designerin Laura Obst arbeitet am liebsten mit Leder, sie benutzt dafür vor allem alte Kleidung.

© Laura Obst

Leider ist es schon etwas her, dass die Berliner Fashion Week so etwas wie ein Kassenschlager war. Deshalb braucht die Fashion Week jetzt nicht nur neue Kulissen, sondern auch neue Protagonisten. Da wäre zum einen die Messe Premium. Sie stand für Berlin, die Händler und Modeunternehmen kamen gern in die Hallen am Gleisdreieck, um sich über neue Modetrends zu informieren.

Die Hallen wurden verkauft, dann kam Corona, ein Umzug nach Frankfurt, der misslang, dann bat der Senat vor gut anderthalb Jahren die Gründerin und Geschäftsführerin Anita Tillmann zurückzukehren. Dieses Mal auf das Gelände der Messe. Aber dort fehlte das Neue, zu wenig Aussteller waren da, die Stimmung in den angestaubten Messehallen im Januar war mau.

Danach war klar, alles muss anders werden, wenn man diese Veranstaltung retten will. Und da die Modebranche das mit dem Neuen ja genauso gut beherrschen wie das Geschichtenerzählen, zieht die Premium jetzt wieder an den Ort, an dem vor Corona und Ukrainekrieg alles gut war, mit einem komplett überarbeiteten Programm.

Nur noch zwei Tage, am Dienstag und Mittwoch, öffnet die Messe im alten Postbahnhof am Gleisdreieck, mit vielen neuen und vor allem jungen Marken und mit durchlaufenden Vorträgen zu praktischer Überlebenshilfe für Textiler in harten Zeiten. Die Themen sind: „Wie nutze ich ChatGPT, wie erreiche ich auf TikTok junge Zielgruppen, wie vermeide ich die Insolvenz“ - alles direkte Überlebenshilfe. Denn gerade bedeutet „Neu“ in der Mode auch, dass man sich darum kümmert, dass nicht die ganze Branche erodiert. Zur Schau getragener Optimismus reicht da nicht mehr.

Darum hat auch das Fashion Council die Organisation der Fashion Week übernommen. Der Sponsor Mercedes-Benz sah im vergangenen Jahr keinen Bedarf mehr, sich aus Imagegründen mit der Fashion Week zu schmücken. Der größte Unterschied zum Autohersteller ist, dass sowohl die Präsidentin des Fashion Council, Christiane Arp, ehemalige Chefredakteurin der deutschen „Vogue“, als auch der Geschäftsführer Scott Lipinski vom Fach sind und sich mit nichts anderem als Mode beschäftigen. Auch dann, wenn gerade nicht Fashion Week ist.

Dabei haben sie nicht nur die Mode aus Berlin und Deutschland im Blick, sondern knüpfen auch Kontakt zu anderen Lobbyvereinigungen für Mode in Europa.

Über das Leben des Berliner Designers William Fan wurde ein Dokumentarfilm gedreht, der ab Dienstag in der ARD-Mediathek zu sehen ist.

© Getty Images / Andreas Rentz/Getty Images

Geplant ist nichts Geringeres, als die Fashion Week neu zu erfinden. Am liebsten würde Christiane Arp sogar auf die bisherige Bezeichnung verzichten. Sie will vor allem junge Designer:innen unterstützen, die ein modisches Bild von Berlin in die Welt tragen, das sich aus der Berliner Clubszene rund ums Berghain speist. Dafür haben sie auch auf Instagram nach neuen Talenten gesucht und zum Beispiel Laura Obst mit ihren Lederoutfits gefunden. Sie ist im Berliner Salon im Kronprinzenpalais dabei, der am Dienstag auch für alle geöffnet ist.

Geld dafür kommt vom Senat. Für Projekte wie Modenschauen, den Berliner Salon, eine Gruppenausstellung, die die Arbeit von 51 deutschen Designer:innen zeigt oder die „Neo Graduate Show“, auf der Absolventen von deutschen Modehochschulen Arbeiten präsentieren.

Auch von einem Zugpferd der Fashion Week, dem Berliner Designer William Fan, gibt es eine ganz neue Sicht auf seine Mode. Schon am Sonntag wurde ein Dokumentarfilm im Kino Delphi über ihn gezeigt. Ab Dienstag ist der Film in der ARD-Mediathek zu sehen.

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