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Unzensiert: Blockierte Medienberichte sind über das Computerspiel Minecraft weltweit nachlesbar.

© ROG

Minecraft-Projekt von Reporter ohne Grenzen: Bibliothek gegen Zensur erhält neue Pavillons

Peer Computerspiel gegen Presse-Zensur: Reporter ohne Grenzen nehmen Belarus und Brasilien in das Minecraft-Projekt auf.

Der weitläufige Bau mit seiner Säulenarchitektur erinnert an die Kongressbibliothek in Washington, auch wenn die Kuppel etwas kleiner ausfällt. Doch zwischen beiden gibt es einen großen Unterschied: Die Bibliothek aus „Library of Congress“ kann in der Realität besucht werden, die vor einem Jahr eröffnete „Uncensored Library“ dagegen existiert rein virtuell im Computerspiel Minecraft.

In der Digitalen Bibliothek gegen Zensur, die von der Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen betrieben wird, werden blockierte oder zensierte Artikel aus Ländern ohne Pressefreiheit der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. Denn anders als eine gedruckte Zeitung oder die Internetseite einer Publikation kennt Minecraft keine Zensur.

[ Die Eröffnung der neuen Räume wird am Freitag um 16 Uhr von einer Onlineveranstaltung begleitet. Sie wird live auf den Social-Media-Kanälen von Reporter ohne Grenzen übertragen.]

Gestartet ist die Bibliothek in der typischen Klötzchenbauweise von Minecraft mit Räumen für Ägypten, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien und Vietnam. Die Artikel stehen dort in Englisch oder den jeweiligen Muttersprachen der Autoren und Autorinnen zur Verfügung. Zum Welttag gegen Internetzensur am 12. März wird die „Uncensored Library“ um zwei neue Pavillons erweitert, in denen zensierte Artikel aus Belarus und Brasilien zu lesen sind.

Seit der Eröffnung der „Uncensored Library“ haben sich über 20 Millionen Minecraft-Fans aus 165 Ländern über die Situation der Pressefreiheit informiert, berichtet Christian Mihr, der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen. Die Bücherei ist als fortlaufendes Projekt angelegt, weitere Länder können folgen.

Pressefreiheit in der eigenen Welt

Mit über 126 Millionen Spielern in jedem Monat gehört Minecraft, das 2014 für 1,9 Milliarden Euro von Microsoft gekauft wurde, zu den erfolgreichsten Computerspielen der Welt. Der Reiz des Spieles liegt unter anderem darin, sich eigene Welten zu erschaffen. Die Idee der „Uncensored Library“ passt offenbar besonders gut zu diesem Ansatz: 300 000 Spieler haben die Bibliothek der Pressefreiheit über die Kampagnenseite www.uncensoredlibrary.com heruntergeladen und auf eigenen Servern gehostet – was eine Zensur nahezu unmöglich macht. Auf der Webseite wird die Funktion und Bedeutung des Projekts in einem anschaulichen Video erklärt. Auf Youtube existieren 400 weitere Videos, die sich mit der „Uncensored Library“ beschäftigen.

Zu den im eigenen Land blockierten Nachrichtenportalen gehört Charta97 aus Belarus. Chefredakteurin Natallja Radsina lebt seit 2011 im Exil. In der Bibliothek werden nun Artikel über die Repressalien gegen Journalistinnen und Journalisten seit Beginn der Massenproteste gegen den Ablauf der Wiederwahl von Präsident Lukaschenko im August 2020 veröffentlicht.

Brasilien ist für Medienschaffende eines der gefährlichsten Länder Lateinamerikas. Seit Präsident Jair Bolsonaro 2018 ins Amt kam, ist das Klima gegenüber Journalistinnen und Journalisten von Hetze, Desinformation und Gewalt geprägt, kritisiert die Journalistenorganisation. Die unabhängigen Online-Zeitungen Grupo Gente Nova und The Intercept mussten auf richterlichen Beschluss Beiträge über mutmaßlich unsaubere Aktivitäten einer Bank und enge Beziehungen zwischen einem Politiker und den Richtern der Wahlbehörde des Amazonas aus dem Netz nehmen. In der „Uncensored Library“ veröffentlicht Reporter ohne Grenzen einen Teil dieser Berichte.

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