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Autopilot-Funktionen werden in einem Tesla Model S während einer Tesla-Veranstaltung in Palo Alto, Kalifornien vorgeführt (Archivbild).

© REUTERS/Beck Diefenbach

Brisante Recherche über Autopilot: Unfallopfer verließ sich offenbar voll auf Tesla-Technik – und starb

2022 starb der Tesla-Mitarbeiter Hans von Ohain nach einem Baum-Crash in den Flammen seines Autos. Recherchen der „Washington Post“ legen nahe, dass der Autopilot aktiviert war – in der höchsten Stufe.

Der Tesla-Mitarbeiter Hans von Ohain war auf dem Rückweg vom Golfen mit seinem Freund, als der Unfall sich ereignete: Das Fahrzeug, ein Tesla Model 3, kam im US-Bundesstaat Colorado von der Fahrbahn ab, krachte in einen Baum am Straßenrand und fing Feuer. Der Beifahrer, Erik Rossiter, konnte sich aus dem Fahrzeug befreien. Von Ohain selbst jedoch starb, mutmaßlich am Feuer der brennenden Lithium-Ionen-Batterien. Wie war es zu dem Unfall gekommen?

Recherchen der US-Zeitung „Washington Post“ legen nahe, dass das Fahrassistenzsystem „Full Self-Driving“ (zu Deutsch „voll selbstständiges Fahren“) aktiviert war, als das Fahrzeug von der Straße abkam. Es handelt sich um die höchste Entwicklungsstufe von Teslas Autopiloten. Wenn dieser Vorwurf stimmt, wäre von Ohain das erste Todesopfer, das durch den Autopiloten verursacht wurde. Tesla-Chef Elon Musk bestreitet den Vorwurf.

Von Ohain traute dem Autopiloten

Nach Darstellung der „Washington Post“ war der überlebende Beifahrer Rossiter schon auf dem Hinweg vom Autopiloten befremdet. Wiederholt sei das Fahrzeug auf den kurvigen Straßen des Upper Bear Creek Road nahe Denver bei eingeschaltetem Autopiloten beinahe von der Fahrspur abgekommen. Jedes Mal habe der Fahrer, von Ohain, eingreifen und den Kurs des Fahrzeugs korrigieren müssen. Das kommt gelegentlich vor, soll von Ohain gesagt haben. Rossiter beschrieb die sieben Kilometer lange Fahrt als „unangenehm“.

Über Stunden spielten die beiden anschließend Golf und tranken währenddessen Alkohol, bevor sie sich auf den Heimweg machten. Rossiter zufolge war der Autopilot auch auf der Rückfahrt aktiviert – als das Auto von der Fahrbahn abkam und gegen einen Baum prallte. „Der Autopilot“, meldete Rossiter bei der Notrufzentrale, „fuhr einfach von der Straße“.

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Rossiter habe ein helles oranges Leuchten gesehen, dann kam der Aufprall. Er habe sich aus dem Auto befreien können, die Fahrertür selbst jedoch sei von einem Baum blockiert gewesen. Sein Freund von Ohain habe aus dem Inneren des brennenden Autos geschrien, er war noch am Leben.

Polizeibeamter hält Autopilot-Versagen für plausibel

Der Chefermittler des Staates Colorado, Robert Madden, erinnert sich der Zeitung zufolge an „einen der intensivsten“ Autobrände, die er je gesehen habe. Tausende Lithium-Ionen-Batterien im Unterbau des Tesla Model 3 waren in Brand geraten. Madden zufolge sei von Ohain nicht am Unfall selbst gestorben, sondern am Feuer. Als Todesursache sei im Untersuchungsbericht „Rauchinhalation und thermischen Verletzungen“ eingetragen worden.

An der Unfallstelle habe die Polizei „Rollspuren der Reifen“ gefunden, so Madden – ein Indiz dafür, dass der Motor die Räder auch nach dem Crash noch weiter antrieb. Bremsspuren wiederum waren keine zu finden. „Angesichts der Dynamik des Aufpralls und der Art und Weise, wie das Fahrzeug von der Straße abkam, ohne Anzeichen eines plötzlichen Lenkmanövers“, passe das zu der einer aktiven Fahrassistenzfunktion, sagte Madden demnach.

 Uns wurde ein falsches Gefühl der Sicherheit verkauft

Nora Bass, Witwe des verunglückten Hans von Ohaim

Die Polizei stellte jedoch auch fest, dass von Ohain zum Todeszeitpunkt alkoholisiert war. Bei ihm wurde ein Blutalkoholspiegel von 2,6 Promille festgestellt – mehr als das dreimal so viel wie erlaubt. Auch in einem selbstfahrenden Auto hätte von Ohain nicht mehr fahren dürfen.

Tesla-Chef Elon Musk bei einer Technologie-Konferenz in Paris. Der verunglückte Hans von Ohain verehrte Musk als „brillanten Mann“.
Tesla-Chef Elon Musk bei einer Technologie-Konferenz in Paris. Der verunglückte Hans von Ohain verehrte Musk als „brillanten Mann“.

© REUTERS/Gonzalo Fuentes

Dieses Level der Trunkenheit würde seine Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen, schätzten Experten der „Washington Post“ zufolge die Situation ein. Von Ohain hätte bei Fehlfunktionen des Autopiloten nicht mehr eingreifen können. Tesla weist auf seiner Website darauf hin, dass der „Autopilot“ für einen „aufmerksamen Fahrer“ gedacht sei, „der die Hände am Lenkrad behält und jederzeit übernehmen kann“.

Von Ohain traute dem Autopiloten vollkommen

„Egal wie betrunken Hans war“, sagte die Witwe Nora Bass der Zeitung, „Musk hat behauptet, dieses Auto könne von alleine fahren und sei im Prinzip besser als ein Mensch“. Ihr Ehemann sei eigentlich immer mit Autopilot gefahren. Er vertraute der Technologie so sehr, dass er selbst dann auf „Full Self-Driving“-Modus fuhr, wenn das Baby mit im Auto war.

Die Familie hatte das Fahrassistenzsystem, das sich in der Beta-Version befindet, demnach als Mitarbeiterprämie bekommen. Von Ohain war 2020 als Recruiter zu Tesla gekommen – der Witwe zufolge angezogen von der Firmenmission, elektrische Fahrzeuge und autonomes Fahren in die Breite der Gesellschaft zu tragen. Den Firmenchef Musk habe ihr Ehemann als „brillanten Mann“ verehrt. „Uns wurde ein falsches Gefühl der Sicherheit verkauft“, sagte die Witwe dem Blatt.

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