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The Darvish organisiert queere Partys in Berlin.

© Joanne Marie Brent

Queerer Bauchtanz aus Syrien: „Meine Existenz ist ein politisches Statement“

Seit der Kindheit liebt Darvish Tanz und Musik. Mit den Performances bei queeren Partys in Berlin ist Darvish anderen ein Vorbild.

Wenn sich „The Darvish“ zu den Beats des Nahen Ostens in Kombination mit Voguing, und Techno bewegt, überträgt sich die Energie auf die gesamte Menge. Seit mehreren Jahren arbeitet Darvish, syrische*r Performance-Künstler*in, mit der israelischen Drag-Künstlerin Judy Ladivina zusammen. Gemeinsam organisieren sie die queeren Partys „Yalla Hafla“, die in der Tipsy Bear Bar in Prenzlauer Berg stattfinden.

Mit ihren Auftritten richten sie sich besonders an arabische und jüdische Menschen. Eingeladen sind aber alle. „Durch unsere Show wollen wir alternative Narrative präsentieren“, sagt Darvish. „Und wir wollen einen Safer Space für queere Schwestern und Brüder schaffen.“

Darvish nutzt alle Pronomen, aber bevorzugt das englische Pronomen they/them. Darvish kam im September 2016 nach Deutschland und hatte damals Zusagen von mehreren Universitäten. Darvish wollte zunächst nur einige Monate in Berlin verbringen und Deutsch lernen. „Dann habe ich mich so sehr zu der Stadt hingezogen gefühlt, dass ich wusste: Hier bleibe ich. Die Stadt ruft mich.“

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Oberste Priorität hatte zu dem Zeitpunkt noch das Studium. Darvish wollte studieren und den Wunsch der Eltern erfüllen: einen Abschluss machen. „Die ersten beiden Jahre wollte ich nur meine Familie glücklich machen.“

Darvish selbst macht aber etwas ganz anderes glücklich: Kunst. Schon als Kind in Syrien liebte Darvish es, zu singen und zu tanzen. Früher war they sogar in einem Chor – entgegen familiären Zweifeln. „Wir kommen aus einer Arbeiterfamilie. Solche Aktivitäten gelten erstens als Luxus und zweitens als Hobby.“ Dennoch gelang es Darvish, die Eltern davon zu überzeugen, im Chor zu singen und an einem Malkurs teilzunehmen. „Aber es war immer ein Struggle.“

Ich bin stolz, anderen jungen queeren Araber*innen eine Stimme zu geben.

Darvish, Performance-Künstler*in aus Syrien

Das änderte sich erst, als Darvish in einem Berliner Klub auf Judy LaDivina traf. Sie sah Darvish tanzen und ermutigte them dazu, bei einer ihrer Shows aufzutreten. Zunächst war Darvish skeptisch und dachte: Ich bin doch kein Tänzer. Ich habe keine Erfahrung. Doch Schritt für Schritt tastete Darvish sich heran und realisierte: Ich lebe nicht für andere, sondern nur für mich. Ich will mich von Ängsten und Vorurteilen lösen und es ausprobieren.“

Darvish mangelte es an queeren Vorbildern

Gemeinsam mit LaDavina performt Darvish heute nicht nur zu arabischen Songs, sondern zahlreichen anderen Sprachen. „Wir hatten von Anfang an eine Verbindung, weil wir beide aus dem Nahen Osten kommen. Unsere Verbindung zeigt neue Wege für eine Koexistenz auf – entgegen der strukturellen und tief verankerten Annahme, dass wir verfeindet sein müssen, weil wir aus Israel und Syrien kommen. Das wirkt sich auch auf Fans und Zuschauende aus.“

In der Kindheit und Jugend fehlten Darvish Vorbilder. Es mangelte an Sichtbarkeit von Menschen, die mit traditionellen Geschlechterrollen brachen. Gerade in den Medien wurde Queerness stattdessen oftmals ins Lächerliche gezogen. Mittlerweile tanzt Darvish deshalb nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere queere Menschen.

Irgendwann möchte Darvish ein Buch über die persönlichen Erfahrungen schreiben.
Irgendwann möchte Darvish ein Buch über die persönlichen Erfahrungen schreiben.

© Joanne Marie Brent

Gerade in Deutschland gäbe es wenig Raum für queere arabische Menschen, sagt Darwish. Geflüchtete seien immer noch Bürger*innen zweiter Klasse. Darvish selbst wird oft als spanisch oder italienisch wahrgenommen. „Aber ich bin ein Flüchtling aus Syrien.“ Für Darvish sind die Performances deshalb auch eine Möglichkeit, Veränderung zu bewirken und zu mehr Sichtbarkeit beizutragen. „Meine Existenz ist ein politisches Statement. Ich zeige, wie queere Araber aussehen können.“

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Neben den „Yalla Hafla“ organisiert Darvish auch Solidaritätspartys, bei denen Geld für die Gesundheitsversorgung von trans und nicht-binäre Personen gesammelt wird, wie die Veranstaltungsreihe „Queens against borders“, die von der australischen Drag Queen Olympia Bukkakis ins Leben gerufen wurde. Diese sollen eine Brücke bauen zwischen den zwei Welten, sagt Darvish. „den migrierten Künstler*innen und den etablierten Künstler*innen.“

Irgendwann möchte Darvish ein Buch über die eigenen Erfahrungen schreiben:  wie das Leben als queere Person in Syrien war und wie es sich entwickelte, nachdem Darvish nach Europa kam. Nun steht aber erst einmal ein Studium in Choreografie an. Dieses Mal nicht, um den Eltern einen Wunsch zu erfüllen, sondern weil Darvish es selbst möchte.

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