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Die Arabische Liga übt sich in Geschlossenheit und nimmt Syrien wieder in die Organisation auf.

© REUTERS/AMR ABDALLAH DALSH

Die Arabische Liga rehabilitiert Assad: Das neue Selbstbewusstsein im Nahen Osten

Nach zwölf Jahren wird Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen. Für Assad ist das ein Prestige-Erfolg. Und die Herrscher im Nahen Osten demonstrieren damit Selbstbewusstsein.

Ein Kommentar von Christian Böhme

Der Mann ist ein Massenmörder. Einer, der seit mehr als zwölf Jahren Krieg gegen sein eigenes Volk führt. Folter, Aushungern, Fassbomben, Giftgas – Hunderttausende sind durch ihn ums Leben gekommen, Millionen aus ihren Häusern vertrieben worden. Dennoch ist Baschar al Assad jetzt ein diplomatischer Coup gelungen.

Syrien darf wieder Mitglied der Arabischen Liga werden. Das wurde am Sonntag bei einem Treffen der Organisation in Kairo beschlossen. Die Region zeigt so: Wir gestalten unsere Politik selbst – ohne westlichen Wünschen und Vorgaben Rechnung tragen zu wollen.

Mit Beginn der brutalen Niederschlagung des zunächst friedlichen Aufstands gegen den Diktator 2011 war Syrien aus der arabischen Familie ausgeschlossen worden.

Nun ist der Paria wieder ein Partner. Assads monströse Verbrechen sind offenbar vergeben und vergessen, zumindest in weiten Teilen des Nahen Ostens. Das hatte sich schon vor gut einem Jahr angedeutet, als die Vereinigten Arabischen Emirate als Vorreiter ihre Beziehungen zu Assad normalisierten.

Nicht aus Liebe, sondern aus machtpolitischem Kalkül

Da sich niemand in der Region ernsthaft über diesen Schritt empörte, zogen andere Staaten nach. Ägypten, der Irak und vor allem Saudi-Arabien trieben die Annäherung an den einst Verstoßenen voran. Nicht aus wiederentdeckter Liebe zum syrischen Diktator, sondern aus machtpolitischem Kalkül. Und als Ausdruck eines neuen regionalen Selbstbewusstseins.

Die Arabische Liga übt sich in Geschlossenheit und nimmt Syrien wieder in die Organisation auf.

© Imago/Itar-Tass/Valery Sharifulin

Die Arabische Liga mit ihren gut 20 Mitgliedern war über lange Jahre hinweg ein zutiefst und ständig zerstrittenes Gremium. Von einem tragfähigen gemeinsamen Vorgehen konnte keine Rede sein. Vielmehr war das Handeln von der Devise geprägt: Hauptsache, es nützt mir. Der Westen rümpfte nicht zuletzt deshalb in einer Mischung aus Mitleid, Kopfschütteln und Überheblichkeit die Nase, wenn es um das arabische Lager ging.

Doch von dieser Haltung sollten sich gerade die USA und Europa möglichst rasch verabschieden. Denn die Herrscher im Nahen Osten – gestützt auf ihre Öl- und Gasvorkommen – versuchen offenbar erfolgreich, ihre Kräfte zu bündeln und Politik nach eigenen Vorstellungen zu gestalten – mit neuen geostrategischen Schwergewichten wie China oder Russland.

So entstehen einflussreiche Bündnisse, die unlösbar scheinende Konflikte zumindest zeitweise befrieden. Im Dauerstreit zwischen Saudi-Arabien und dem Iran etwa haben nicht mehr Hardliner das Sagen, sondern – unter Pekings Vermittlung – Diplomaten. In der arabischen Welt und damit im Nahen Osten bahnt sich eine Zeitenwende an. Und für den Westen bleibt kaum mehr als eine Statistenrolle.

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