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Gaetz im September 2023.

© AFP/ANDREW CABALLERO-REYNOLDS

Trumpist Matt Gaetz: Wer ist der Mann, der Kevin McCarthy stürzte?

In einem historischen Schritt wurde der republikanische Sprecher des US-Repräsentantenhauses seines Amtes enthoben. McCarthys Gegner kamen aus den eigenen Reihen – angeführt von Matt Gaetz.

Am Dienstag ereignete sich ein historischer Moment im US-Repräsentantenhaus – Sprecher Kevin McCarthy wurde seines Amtes erhoben. Zum ersten Mal in 110 Jahren war ein sogenannter „motion-to-vacate“-Akt erfolgreich. Damit sind die USA, bis ein Nachfolger gewählt ist, politisch lahmgelegt. Zu Fall gebracht wurde er von jemandem aus den eigenen Reihen: Matt Gaetz. Wer ist der Mann?

Gaetz ist kein Unbekannter. Er war bereits bei der Wahl McCarthys zum Sprecher des Repräsentantenhauses, dem dritthöchsten politischen Amt in den USA, Wortführer einer Gruppe parteiinterner Gegner. Die Rebellen verzögerten dessen Wahl im Januar enorm. Dabei kam es sogar zu Handgreiflichkeiten.

Seitdem schwelte zwischen beiden ein Konflikt. Gaetz hatte McCarthy seit Monaten mit einem Antrag auf dessen Absetzung gedroht. Er erklärt, er habe genügend Republikaner auf seiner Seite, „sodass an dieser Stelle kommende Woche eines von zwei Dingen geschehen wird: Kevin McCarthy wird nicht länger Sprecher des Repräsentantenhauses sein oder er wird der Sprecher des Repräsentantenhauses sein, der von Gnaden der Demokraten ist.“

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Gaetz radikalisierte sich unter Trump

Während McCarthy eher dem pragmatischen Flügel der republikanischen Partei zugeordnet wird und Trump nach den Ausschreitungen auf dem Capitol Hill kritisierte, gehört Gaetz zum harten Kern der Trump Unterstützer. Dass McCarthy zuletzt einen Kompromiss mit den Demokraten aushandelte, um den Shutdown der Regierung zu verhindern, betrachtet Gaetz als Kollaboration.

Die New York Times zitiert Mark Lombardo, einen Republikaner, der bei der Vorwahl letztes Jahr gegen Gaetz antrat, mit den Worten, dieser „war Trump, Trump, Trump, Trump, Trump, Trump“.

Geboren wurde Matt Gaetz im US-Bundesstaat Florida. Er studierte Geschichte und Politik sowie Jura, bevor er Anwalt wurde. Sein Vater gehörte von 2006 bis 2016 dem Senat von Florida an. Ein Jahr darauf zog Gaetz Junior in das US-Repräsentantenhaus ein. Zunächst fiel er kaum auf, radikalisierte sich dann aber während Trumps-Präsidentschaft.

Inzwischen tritt er regelmäßig bei Veranstaltungen der Ultrarechten innerhalb der republikanischen Partei auf. Beispielsweise bei der „Conservative Political Action Conference“ (CPAC) oder auch im Podcast von Trumps ehemaligem Top-Strategen und Verschwörungstheoretiker Steve Bannon.

Ermittlungen gegen Gaetz wegen Drogenmissbrauch

Auch bot er Kyle Rittenhouse ein Praktikum bei sich an, nachdem dieser bei einer Gegendemonstration zu den gewaltsamen Protesten nach dem Tod von George Floyd 2020 zwei der linken Demonstranten erschossen und einen weiteren verletzt hatte. Der damals 17-Jährige gab an, in Notwehr gehandelt zu haben und wurde freigesprochen, gilt seitdem aber als Held innerhalb der radikalen Rechten in den USA.

Er nutzt das Chaos als performative Kunst.

Phil Ehr (ein Demokrat) über Matt Gaetz

Gaetz wirbt politisch vor allem für uneingeschränkten Waffenbesitz, gegen die gleichgeschlechtliche Ehe, gegen Schwangerschaftsabbrüche und zuletzt auch gegen weitere Waffenhilfe für die Ukraine.

Im Mai 2021 aufgenommene Justizermittlungen wegen einer mutmaßlichen sexuellen Beziehung zu einer 17-Jährigen und Drogenmissbrauchs schadeten Gaetz politisch bisher nicht. Der verheiratete Gaetz bestritt jegliches Fehlverhalten und bezeichnete die Vorwürfe gegen ihn als Schmierenkampagne.

Genügend Beweise für eine Anklage fanden sich schließlich nicht, doch auch der Ethikausschuss des Kongresses leitete Untersuchungen gegen Gaetz ein, weil er vor anderen Abgeordneten im Plenarsaal mit sexuellen Begegnungen angegeben haben soll und ihnen angeblich Nacktfotos von Frauen zeigte, mit denen er Sex gehabt haben will.

Trotz allem blieb Gaetz in seinem Wahlbezirk, im westlichen Florida, beliebt: Letztes Jahr gewann er dort mit fast 36 Prozentpunkten die Wiederwahl.

Nach Abberufung von McCarthy: „Es ist nicht so, dass wir sauer auf Matt Gaetz sind“

In Washington hat sich Gaetz einen Ruf als Anti-Establishment-Politiker erarbeitet und hat deswegen innerhalb der gespaltenen republikanischen Partei viele Fans. Doch er hat sich auch Gegner gemacht. Diese sind bisher aber erstaunlich leise, obwohl die überwältigende Mehrheit der Republikaner zu McCarthy hielt.

Die New York Times zitiert John Roberts, Vorsitzender der Republikanischen Partei von Escambia County, mit den Worten „dass die Republikaner, selbst diejenigen, die typischerweise mit den Ansichten von Herrn Gaetz über andere Politikbereiche wie Einwanderung und Staatsverschuldung sympathisieren, im Allgemeinen dafür sind, Herrn McCarthy als Sprecher zu behalten.“

„Es ist nicht so, dass wir sauer auf Matt Gaetz sind; er ist immer noch ein guter Kongressabgeordneter“, so Roberts weiter. „Aber ich denke, dass dies wahrscheinlich der falsche Schritt war“.

Tatsächlich stimmten neben Gaetz nur sieben Republikaner für die Abwahl von McCarthy – sowie alle 208 Demokraten. Diese wiederum nutzen Gaetz’ Rebellentum offenbar, um die Spaltung der Gegenpartei voranzutreiben und die eigenen politischen Ziele zu erreichen.

„Er nutzt das Chaos als performative Kunst – dieser Ausdruck ist überstrapaziert, aber er ist wahr - und weil er frustriert ist, dass er seinen Willen nicht bekommt“, sagte Phil Ehr, ein Demokrat, der 2018 gegen Gaetz kandidierte, der New York Times: „In gewisser Weise verhält er sich wie ein bockiges Kind.“

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