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Hafize Gaye Erkan, die neue Chefin der Zentralbank der Türkei.

© picture alliance / AA/Volkan Furuncu

Ihr Chef ist ihr größtes Problem: Die erste Frau hat die Leitung der türkischen Zentralbank übernommen

Hafize Gaye Erkan hat als Finanzfachfrau in den USA Karriere gemacht. Jetzt soll sie die Wirtschaft ihres Heimatlands aus der Krise führen helfen. Kann es ihr gelingen, die horrende Inflation in der Türkei zu bekämpfen?

Die meisten Türken haben noch nie von Hafize Gaye Erkan gehört. Die heute 43-jährige Finanzexpertin war kurz nach ihrem Studium in Istanbul in die USA gegangen und hatte nach Besuchen von Eliteuniversitäten dort eine erfolgreiche Karriere bei amerikanischen Banken begonnen.

Am Freitag wurde Erkan von Präsident Recep Tayyip Erdoğan zur Chefin der türkischen Zentralbank ernannt. Sie ist die erste Frau auf diesem Posten und soll zusammen mit Finanzminister Mehmet Şimşek die türkische Wirtschaft aus der Krise holen. Eines ihrer schwierigsten Probleme dabei ist Erdoğan selbst.

Der 69-jährige Präsident hat großen Anteil daran, dass die türkische Wirtschaft in den vergangenen Jahren in den Abwärtsstrudel geriet. Erdoğan besteht auf niedrigen Zinsen, mit denen er die Konjunktur selbst in Zeiten hoher Inflation ankurbeln will. Drei Zentralbankchefs, die dabei nicht mitmachen wollten, wurden vom Präsidenten schon entlassen.

Zuletzt diente Erdoğan-Anhänger Şahap Kavcıoğlu als Zentralbankchef und senkte die Zinsen immer weiter, obwohl die Inflation auf über 80 Prozent stieg. Kavcıoğlus Zentralbank gab vor den Wahlen im Mai Milliardensummen aus, um den Kurs der Lira zu stützen. Inzwischen sind die Reserven fast aufgebraucht. Investoren wenden sich wegen Erdoğans System, genannt „Erdonomics“, von der Türkei ab.

Nach Erdonomics wieder verlässliche Politik?

Seit Erdoğans Wahlsieg am 28. Mai hat die Zentralbank den Versuch aufgegeben, den Lira-Kurs zu verteidigen. Als Folge sackt der Wert der türkischen Währung gegenüber Dollar und Euro fast täglich auf neue Tiefstände ab.

Nun signalisiert Erdoğan eine Rückkehr zu einer berechenbareren Finanzpolitik. Er holte den bei Investoren hoch angesehenen Şimşek fünf Jahre nach seiner Entlassung aus der Regierung wieder ins Kabinett.

80
Prozent betrug die Inflation in der Türkei zuletzt.

Auch die Entlassung von Kavcıoğlu und die Ernennung von Erkan zur Zentralbankchefin sollen türkischen und ausländischen Anlegern die Botschaft schicken, dass ab sofort Profis mit internationaler Erfahrung das Sagen in der türkischen Finanzpolitik haben werden.

Doch die nötigen Reformschritte – wie etwa eine Anhebung der Leitzinsen – widersprechen Erdoğans Vorstellungen und dürften zumindest vorübergehend zu mehr Firmenpleiten und mehr Arbeitslosigkeit führen.

Analysten und Experten stellen sich deshalb die Frage, ob Erdoğan wirklich zum Umsteuern bereit ist. Der Präsident will im kommenden Frühjahr bei den Kommunalwahlen die Herrschaft seiner AKP über die Metropolen Istanbul und Ankara zurückgewinnen.

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