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Kemal Kilicdaroglu bei einer Rede im Parlament.

© AFP/ADEM ALTAN

Herausforderer von Präsident Erdogan: Der ewige Verlierer Kemal Kilicdaroglu wittert den Sieg

In seinen ersten neun Jahren an der Spitze der türkischen CHP kassierte der 74-Jährige gegen die AKP eine Niederlage nach der anderen. Nun soll sich das ändern.

Kemal Kilicdaroglu hat lange daran gearbeitet, das Image des ewigen Verlierers abzustreifen. Der 74-jährige steht seit 13 Jahren an der Spitze der Republikanischen Volkspartei (CHP), der größten Oppositionskraft der Türkei, und hat in dieser Zeit fast alle Wahlen gegen seinen Rivalen Recep Tayyip Erdogan verloren.

Doch nun wittert Kilicdaroglu die Chance, Präsident zu werden – und die Türkei entdeckt neue Seiten an ihm.

Für die Türkei ist Kilicdaroglu ist ein außergewöhnlicher Politiker. Er ist kein sunnitischer Muslim wie die allermeisten türkischen Politiker, sondern Mitglied der alevitischen Minderheit, die dem schiitischen Islam nahesteht.

Er stammt aus der überwiegend kurdischen Provinz Tunceli, in der 1937 und 1938 ein Aufstand gegen die Regierung in Ankara niedergeschlagen wurde; Zehntausende Menschen wurden damals getötet. Kilicdaroglu ist selbst kein Kurde, doch seine Herkunft und seine Religionszugehörigkeit machen viele türkische Nationalisten misstrauisch.

Erdogan verspottet ihn mit der veralteten Anrede „Bay Kemal“

Der heutige Präsidentschaftskandidat begann seine Karriere als Beamter im Finanzministerium und stieg zum Generaldirektor der türkischen Sozialversicherung auf. In seinen ersten neun Jahren an der Spitze der CHP kassierte Kilicdaroglu gegen Erdogans Partei AKP eine Niederlage nach der anderen.

Kilicdaroglu fand kein Konzept, um die CHP für neue Wähler zu öffnen. Auf viele türkische Wähler wirkte er wie jemand, der es gut meint, aber nichts zustande bringt. Erdogan verspottet ihn mit der veralteten Anrede „Bay Kemal“ (Herr Kemal), die ausdrücken soll, dass die CHP und ihr Chef den Anschluss an die Moderne verpasst haben.

Erst 2018 bekam Kilicdaroglu die Kurve. Er schloss ein Bündnis mit der rechtskonservativen IYI-Partei, das die Grundlage für die heutige Oppositionsallianz gegen Erdogan bildet.

2019 nominierte er die bis dahin weitgehend unbekannten Politiker Ekrem Imamoglu und Mansur Yavas als CHP-Oberbürgermeisterkandidaten in Istanbul und Ankara. Mit ihren Wahlsiegen endete die langjährige Herrschaft von Erdogans AKP in den größten Städten der Türkei.

.Mit Durchsetzungskraft und Geschick hat sich Kilicdaroglu jetzt die Präsidentschaftskandidatur der Opposition gesichert. Erdogan hatte eine Kandidatur des charismatischen Imamoglu befürchtet; die regierungstreue Justiz belegte Imamoglu deshalb mit einem Politikverbot. „Bay Kemal“ wurde bisher von Erdogan als Herausforderer nicht ernst genommen. Das könnte sich als Fehlkalkulation des Präsidenten erweisen.

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