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Präsident Emmanuel Macron im TV-Interview. (Photo by Ludovic MARIN / AFP)

© AFP/LUDOVIC MARIN

Update

Proteste und Streiks gegen weiter: Macron will Rentenreform bis Jahresende umsetzen

Bei der Frage nach der umstrittenen Rentenreform will Präsident Macron standhaft bleiben. Er handele im allgemeinen Interesse, erklärt er in einem seltenen TV-Interview.

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Der französische Präsident Emmanuel Macron will das umstrittene Gesetz zur Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahren trotz landesweiter Proteste zum Jahresende in Kraft setzen. Er werde in der Frage standhaft bleiben, kündigte Macron am Mittwoch in einem seiner seltenen Interviews im Fernsehen an. „Zwischen den kurzfristigen Umfragen und dem allgemeinen Interesse des Landes entscheide ich mich für das allgemeine Interesse.“ Es dürfe keinen Stillstand geben.

Macron bekräftigte, das Vorhaben sei notwendig. „Glauben Sie, dass ich diese Reform gerne mache? Nein!“, sagte er in dem Interview mit den TV-Sendern TF1 und France 2. Der Umbau sei aber notwendig für den Erhalt des Rentensystems. „Wir haben kein Recht auf Stillstand oder Unbeweglichkeit“. Er bereue „nichts“, sagte Macron, fügte jedoch hinzu, dass er die angespannte Beziehung zu den Gewerkschaften verbessern und sie künftig stärker bei Reformen einbeziehen wolle.

Im Vorfeld hatte es im Regierungslager geheißen, Macron plane weder eine Regierungsumbildung noch vorgezogene Neuwahlen. Vielmehr wolle er versuchen, seine Landsleute und die Gewerkschaften doch noch von dem Vorhaben zu überzeugen.

Proteste gehen weiter

Angesichts der wiederholten Ausschreitungen bei den Protesten zeigte sich die französische Menschenrechtsliga besorgt. „Wir befinden uns in einer besonders beunruhigenden Situation für die Demokratie und in Gegenwart von Polizeigewalt, die die Lage nur verschlimmern kann“, sagte der Vorsitzende Patrick Baudouin am Mittwoch dem Sender France Info.

Der Regierung warf er Blind- und Taubheit vor. Das Ausmaß der Proteste gebe Anlass zu Sorge. „Wir wissen nicht, worauf wir zusteuern.“

Franzosen müssen „besänftigt“ werden

Bereits am Dienstagabend sagte Macron, die Wut der Franzosen müsse nach der umstrittenen Verabschiedung des Gesetzes „besänftigt“ und „angehört“ werden. Zugleich sagte er laut Medienberichten, die Menschenmenge habe keine Legitimität gegenüber den gewählten Vertretern.

Unmut gab es bei vielen Menschen auch, weil die Streiks bei der Müllabfuhr und an Öllagern anhielten und einzelne Tankstellen keinen Kraftstoff mehr hatten.

Am Montagabend waren bei den gewalttätigen Protesten in ganz Frankreich knapp 300 Menschen festgenommen worden. Die Reform zur schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre war zuvor nach der Ablehnung von zwei durch die Opposition eingebrachte Misstrauensanträge verabschiedet worden. Sie gilt als eines der wichtigsten Vorhaben von Macron.

Frankreich wappnet sich mit bisher größtem Polizeiaufgebot

Am vergangenen Donnerstag hatte die Regierung in letzter Minute entschieden, das Vorhaben ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung zu drücken. Seit Wochen gibt es in Frankreich immer wieder Streiks und heftige Proteste gegen die Reform.

Am Donnerstag ist ein weiterer Aktionstag geplant. Innenminister Gérald Darmanin kündigte laut „Le Parisien“ an, rund 12.000 Polizisten würden im Einsatz sein, davon 5000 in Paris. Dies wäre seit Beginn der Proteste gegen die Rentenreform das größte Aufgebot.

Um die drohende Lücke in der Rentenkasse zu schließen, will Frankreichs Mitte-Regierung unter Macron das Renteneintrittsalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre anheben.

Derzeit liegt das Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62 Jahren. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt aber später: Wer für eine volle Rente nicht lange genug eingezahlt hat, arbeitet länger. Mit 67 Jahren gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag - dies will die Regierung beibehalten, auch wenn die Zahl der nötigen Einzahljahre für eine volle Rente schneller steigen soll. Die monatliche Mindestrente will sie auf etwa 1200 Euro hochsetzen. (dpa/Reuters)

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