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Die jemenitischen Huthi-Rebellen haben in den letzten Monaten immer wieder Handelsschiffe im Roten Meer angegriffen, wie hier im November die „Galaxy Leader“.

© REUTERS/HOUTHI MILITARY MEDIA/Bearbeitung Tagesspiegel

Marinemission im Roten Meer: Kann die EU die Handelsschiffahrt sichern?

Angriffe der Huthi-Rebellen haben den Seeverkehr im Roten Meer nahezu lahmgelegt, Umwege und höhere Kosten sind die Folge. Kann eine europäische Militärmission gegensteuern?

Von
  • Sebastian Bruns
  • Nils Haupt
  • Stephan Stetter

Die Entscheidung ist gefallen: Die Europäische Union will mit einer eigenen Militärmission zur Sicherheit der Handelsschifffahrt im Roten Meer beitragen. Kriegsschiffe, Hubschrauber und Drohnen sollen Handelsschiffen Geleit geben. In den nächsten Wochen könnte die Mission starten.

Ziel ist es, die anhaltenden Angriffe der Huthis auf Frachter und Tanker zu verhindern. Anders als bei der internationalen Militärkoalition zum Schutz des Seehandels unter Führung der USA soll es aber keine gezielten Angriffe auf Stellungen der jemenitischen Miliz geben.

Was kann die Operation der Europäer erreichen? Wie groß ist das Risiko? Drei Experten geben Antworten. Alle Folgen unserer Serie „3 auf 1“ finden Sie hier.


Abschreckung ist wichtig, reicht aber nicht

Die EU kann es nicht allein, aber mit Verbündeten erreichen. Es ist im europäischen Interesse, dass diese wirtschaftlich und geopolitisch wichtige Region friedlicher wird.

Die Lage hat sich durch die Angriffe der Huthis auf Handelsschiffe dramatisch verschärft. Die USA haben in einer Koalition, an der EU-Staaten beteiligt sind, militärisch darauf reagiert. Diese Abschreckung ist wichtig – reicht aber nicht aus. Denn hinter den Angriffen stehen der Iran und seine zumeist nicht-staatlichen Verbündeten, die regionale Instabilität säen, um eigene Machtvorteile zu ernten.

Die EU ist gut beraten, die Region stärker in ihren sicherheitspolitischen Fokus zu nehmen, als dies mit der Marinemission Atalanta und der jüngst beschlossenen Marinestrategie geschieht. Drei weitere Ziele sind wichtig: nachhaltige politische Lösungen für Konflikte unter anderem im Jemen, Sudan sowie in Israel und Palästina, eine internationale Allianz zur Stärkung des internationalen Rechts, also des UN-Seerechtsübereinkommens, und eine enge politische Kooperation des Westens mit Anrainerstaaten in der Golfregion. 


Es droht der Eindruck, die EU wähle die leichten Missionen

Seit 2008 trägt Brüssel zur maritimen Sicherheit bei – gegen Piraten vor Somalia und Menschenschmuggler sowie Unordnung im zentralen Mittelmeer. Im Roten Meer ist das Gefahrenumfeld allerdings ein gänzlich anderes: Antischiffsraketen, Sprengboote und Seeminen drohen. Deren Abwehr sollen andere Staaten und Bündnisse leisten, die Kriegsschiffe der EU-Mitglieder übernehmen die Raumdeckung und den Konvoi-Schutz für die verbleibenden Handelsdampfer.

Europas Seestreitkräfte können das zweifellos, sind aber im Grunde zu hochgerüstet dafür – und fehlen für andere Aufgaben. Zum Beispiel an der Nato-Ostflanke, für Ausbildung und Wartung. Das ist der Fluch der kleinen Zahl bei allen Kriegsmarinen. Ferner droht der Eindruck, Brüssel würde die vorgeblich leichteren Missionen gerne bestücken, während Briten und Amerikaner ihre Schiffe ins Huthi-Feuer schicken. Immerhin: Als Wirtschaftsmacht zeigt die Europäische Union, dass die Seehandelswege elementar für sie sind.


Vorerst bleiben die Risiken für Crews und Container zu groß

Die terroristischen Angriffe im Roten Meer gefährden den reibungslosen Transport von Gütern zwischen dem Fernen Osten und Europa sowie der Ostküste Nordamerikas. Nie waren Handelsschiffe in den vergangenen Jahrzehnten einer so massiven Bedrohung ausgesetzt, in der unter anderem Drohnen und Marschflugkörper zum Einsatz kommen. Die Angriffe gefährden nicht nur Leib und Leben unserer Seeleute, sondern auch die Unversehrtheit von Schiffen und der Ladung unserer Kunden.

Als weltweit tätige Containerlinienreederei begrüßen und wertschätzen wir jedwede internationale Zusammenarbeit zur Beendigung der Krise. Gleichwohl steht für uns auch fest, dass wir erst dann wieder das Rote Meer und den Suezkanal passieren werden, wenn die Durchfahrt sicher und ohne Bedrohungen aller Art erfolgen kann. Unter den gegenwärtigen Bedingungen mit anhaltenden Attacken sehen wir allerdings nach wie vor eklatante Risiken für unsere Crews, unsere Schiffe und Hunderttausende Container, die wir normalerweise allmonatlich durch das Rote Meer transportieren.

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