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Hun Sen, Ministerpräsident von Kambodscha, von der Kambodschanischen Volkspartei (CPP), zeigt seinen Stimmzettel bei der Parlamentswahl.

© dpa/Heng Sinith

Noch vor den ersten Ergebnissen: Kambodschas Autokraten feiern „Erdrutschsieg“ bei der Wahl

Seit 38 Jahren regiert Hun Sen in Kambodscha. Nun wählte das südostasiatische Land in einer Scheinabstimmung ein neues Parlament. Einen wirklichen Gegner gab es jedoch nicht.

Noch vor Veröffentlichung der ersten Ergebnisse der Parlamentswahl in Kambodscha hat sich die Partei von Langzeitherrscher Hun Sen zum Sieger erklärt. „Wir stehen vor einem Erdrutschsieg“, sagte der Sprecher der Kambodschanischen Volkspartei (CPP),Sok Eysan, zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale am Sonntag. Ihr Sieg ist wenig überraschend: Hun Sen hatte jegliche ernstzunehmende Opposition im Vorfeld ausschalten und jede Kritik unterdrücken lassen.

Nach vorläufigen Zahlen der Wahlkommission lag die Beteiligung der über 9,7 Millionen registrierten Wähler in dem südostasiatischen Land bei mindestens 84 Prozent – und war damit um mindestens zwei Prozentpunkte höher als bei der vergangenen Wahl im Jahre 2018.

Hun Sen hatte bereits kurz nach Öffnung der Wahllokale in einem Vorort der Hauptstadt Phnom Penh abgestimmt. Der mit 38 Amtsjahren zu den dienstältesten Regierungschefs der Welt zählende 70-Jährige hat im Vorfeld alles getan, seine Kontrolle über das Land zu zementieren – bevor er den Stab an seinen Sohn Hun Manet übergibt, einen in den USA und Großbritannien ausgebildeten Vier-Sterne-General.

17
Nichtregierungsorganisationen beklagten den Wahlprozess.

Die einzige ernsthafte Konkurrenz zu Hun Sens CPP, die Candlelight-Partei, wurde im Vorfeld der Wahlen ausgeschlossen, weil sie sich angeblich nicht ordnungsgemäß bei der Wahlkommission registriert hatte. Kritiker wurden inhaftiert oder flohen ins Exil, eines der letzten unabhängigen Medien mit dem Namen „Stimme der Demokratie“ musste schließen. Zudem sorgte Hun Sen mit einer Änderung der Wahlgesetze dafür, dass jeder, der diesmal der Abstimmung fernblieb, von künftigen Kandidaturen ausgeschlossen wird – das trifft vor allem Oppositionspolitiker im Exil.

In einer gemeinsamen Erklärung hatten 17 internationale Nichtregierungsorganisationen am Samstag einen „erheblichen Mangel an Transparenz, Fairness und Inklusion im Wahlprozess“ bemängelt. Schon im Vorfeld war damit gerechnet worden, dass Hun Sens Partei wie schon 2018 alle 125 Sitze im Parlament gewinnen wird.

Hun Sen kämpfte Anfang der 1970er Jahre in Kambodscha aufseiten der kommunistischen Roten Khmer gegen den von den USA unterstützten Machthaber Lon Nol. Im Jahre 1975 kam die Guerillabewegung an die Macht, 1977 lief Hun Sen zum Feind Vietnam über. Nachdem vietnamesische Truppen im Dezember 1978 die Gewaltherrschaft der Roten Khmer beendet hatten, wurde Hun Sen 1985 von Hanoi im Alter von 32 Jahren als Regierungschef eingesetzt. Das Amt hat er bis heute inne.

Nun sorgt der 70-Jährige für eine dynastische Nachfolge nach dem Vorbild Nordkoreas. Nach und nach übernahm sein Sohn Hun Manet wichtige Funktionen innerhalb der Partei, dieses Jahr kandidierte er erstmals für einen Sitz im Parlament. Möglicherweise könnte er schon in den kommenden Wochen zum neuen Regierungschef ernannt werden – auch wenn sein Vater bereits deutlich gemacht hat, dass er hinter den Kulissen weiter die Geschicke des Landes bestimmen wird.

Kritiker werfen Hun Sen vor, seine Regierungszeit sei von Umweltzerstörung, Korruption und ungleichmäßigem Wirtschaftswachstum geprägt. Inzwischen sei das Land außerdem zum Synonym für die weltweite Online-Betrugsindustrie geworden. (AFP)

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