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Wladimir Putin versucht im Baltikum nicht weiter an Einfluss zu verlieren (Archivbild).

© REUTERS/Sputnik/Alexey Babushkin

Russisches Strategiepapier für das Baltikum: Das plant Putin mit Estland, Lettland und Litauen

Moskau will seinen schwindenden Einfluss auf das Baltikum erhalten und hat mehrere Ziele formuliert. Experten schätzen die Erfolgsaussichten allerdings gering ein.

Nicht erst seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gehen die Staaten im Baltikum auf Distanz zu Moskau. Pläne aus dem Sommer 2021 sollen nun belegen, wie der Kreml seinen Einfluss in Estland, Lettland und Litauen festigen wollte, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ über eine Recherche zusammen mit NDR, WDR und weiteren Partnern.

Die Papiere geben demnach Aufschluss über politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Maßnahmen, um den schwindenden Einfluss in den ehemaligen Sowjetstaaten zu erhalten. Sie sollen von der russischen „Präsidialdirektion für grenzübergreifende Zusammenarbeit“ ausgearbeitet worden sein. Westliche Sicherheitsexperten hielten die Papiere demnach für authentisch, berichtet die „SZ“.

Anders als in der Ukraine wolle man die Regierungen in Estland, Lettland und Litauen jedoch nicht mit Gewalt stürzen, gehe aus den Plänen hervor. Vielmehr solle „mit hybriden Maßnahmen“ der noch bestehende Einfluss gesichert werden, zitiert die „Süddeutsche“ einen hochrangigen westlichen Geheimdienstler.

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Ziel sei es, dem antirussischen Kurs im Baltikum entgegenzutreten und prorussische Kräfte zu unterstützen. Dafür seien länderspezifische Pläne ausgearbeitet worden:

Russische Massenmedien in Estland stärken

Für Estland haben die Kreml-Strategen demnach die Stärkung russischer Massenmedien und des russischen Informationsflusses als Ziel ausfindig gemacht, berichtet die „SZ“ unter Berufung auf das Strategiepapier. Zudem müsse der Kreml „stabile prorussische Einflussgruppen in der estnischen politischen, militärischen und gesellschaftlichen Elite“ etablieren.

Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas sei sich der russischen Ambitionen bewusst. Die „SZ“ zitiert sie mit den Worten: „Wir kennen unseren Nachbarn.“ Daher sei es wichtig, „unser Wissen über Russlands Aktionen zu teilen, um gegen direkte und indirekte Einflussnahme vorgehen zu können“.

Russische Schule in Lettland

Anders ist der Ansatz in Lettland: Aus den Papieren gehe hervor, dass der Kreml in dessen Hauptstadt Riga, eine Schule geplant habe. Die Bildungseinrichtung habe demnach zum Ziel, die „Bedeutung der russischen Sprache, Literatur, Kultur und Bildung aufrechtzuerhalten und auszubauen“.

Regierungschef Krisjanis Karins erwidert in der „Süddeutschen“: „Auf internationaler Ebene setzt sich Lettland aktiv für Russlands Isolation ein.“ Sein Land sei zudem schon länger damit konfrontiert, dass Russland seine Position in den Nachbarstaaten ausweiten wolle.

Verbindung zu Russen in Litauen stärken

Generell wolle der Kreml die angebliche Diskriminierung russischsprachiger Bürger im Baltikum vorgehen, heißt es in dem „SZ“-Bericht. Verbindungen „russischer Landsleute“ in Litauen zu „ihrem historischen Heimatland“ werden in dem Strategiepapier jedoch ausdrücklich erwähnt. Diese sollen demnach gestärkt werden.

Litauens Premierministerin Ingrida Simonyte nennt die strategischen Ziele gegenüber der „Süddeutschen“ „nicht überraschend“. Mögliche Druckmittel Russlands versuche man im Baltikum zu eliminieren. So würden die Länder ihre Energieunabhängigkeit von Russland vorantreiben, heißt es in dem „SZ“-Bericht. Das wolle man „so schnell wie möglich“ erreichen, sagte Simontye. So würde Russland ein weiterer Machthebel abhandenkommen.

Einfluss auf baltische Unternehmen

Um eine Annäherung zwischen Russland und den baltischen Staaten zu erreichen, sollen zudem Unternehmen aus Estland, Lettland und Litauen als Vermittler gewonnen werden, gehe aus dem Strategiepapier hervor. Falls diese ihre Regierungen zu einem wohlwollenderen Kurs gegenüber Moskau bewegen könnten, stünde ihnen der russische Markt offen.

Inwieweit der Kreml die Pläne aus dem Strategiepapier noch vorantreibt, ist unterdessen unklar. Sie hätten bislang wenig Erfolg gezeigt, sagte ein hochrangiger westlicher Geheimdienstmitarbeiter der „Süddeutschen“. Auch in der russischen Elite glaube kaum noch wer an eine Zurückgewinnung des Baltikums, zumal die Staaten seit Beginn des Angriffskrieges sich weiter an den Westen gebunden hätten.

Ein weiteres Ziel des Strategiepapiers, die Verhinderung von weiteren Nato-Aktivitäten im Baltikum, scheint somit auch verfehlt. Ohnehin fehle es dem Papier an einer klaren Idee, „wie der Kreml die einzelnen Punkte umsetzen will“, zitiert die Zeitung Wolfgang Ischinger, den langjährigen Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz. Die Pläne zeigten nur „Putins Großmachtfantasien, dass Moskau überhaupt den Versuch unternimmt, in diesem Umfang auf unabhängige Nationen Einfluss nehmen zu wollen“. (Tsp)

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