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Mehreren ehemaligen Häftlingen, die ihre Zeit in der Wagner-Gruppe abgeleistet haben, werden neue Straftaten vorgeworfen (Symbolbild).

© IMAGO/SNA/Viktor Antonyuk

Russlands nächstes Wagner-Problem: Rekrutierte Häftlinge werden nach Kampfeinsatz offenbar rückfällig

Nach dem Ablauf ihrer Dienstzeit bei Wagner sollen mehrere ehemalige Häftlinge wieder Straftaten begangen haben. Die BBC hat 20 Fälle ausfindig gemacht, doch die Dunkelziffer dürfte höher sein.

Mehreren ehemaligen Häftlingen, die ihre Zeit in der Wagner-Gruppe abgeleistet haben, werden neue Straftaten vorgeworfen. Die BBC hat etwa 20 Verdächtige ausfindig gemacht, denen schwere Vergehen wie Vergewaltigung und Mord zur Last gelegt wird.

Da ist zum einen Demyan K., der 2016 zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt und nun erneut festgenommen wurde, weil er im Verdacht steht, im April einen Doppelmord begangen zu haben. Gemeinsam mit zwei weiteren Männern soll er einen jungen Mann und eine junge Frau in der Nähe der Stadt Berezanskaya im Süden Russlands erstochen haben.

Die beiden anderen Verdächtigen haben die Polizei zu den Leichen geführt. K. bestreitet die Anschuldigungen. Der 31-Jährige stammt aus einem Ort in Krasnodar – keine 200 Kilometer Luftlinie zur Krim. 2016 war er wegen eines Raubmordes ganz in der Nähe des neuen Tatortes verurteilt worden.

Die Mutter der jungen Frau, die im April 2023 ermordet wurde, ist fassungslos: „Er hätte nicht vor 2028 entlassen werden dürfen“, sagte sie der BBC. Ein russisches Gesetz sehe es eigentlich vor, dass Häftlinge mindestens zwei Drittel ihrer Strafe absitzen müssen, bevor über eine vorzeitige Haftentlassung entschieden werden kann.

„Er hätte mindestens zwölf Jahre absitzen müssen“, wird die Mutter zitiert. „Er hat nur sechs Jahre abgesessen.“ K. hatte ein Schlupfloch gefunden. Als Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin im August 2022 in sein Gefängnis kam und Söldnern, die sechs Monate an der Front überlebten, die Freiheit und eine Begnadigung versprach, habe sich der 31-Jährige den Söldnern angeschlossen. Nach sechs Monaten war er ein freier Mann.

Weiterer Mörder könnte bald frei kommen

Ein weiterer Fall, den die BBC öffentlich gemacht hat, ist der von Vladislav K. Er wurde erst im Juli 2022 für den brutalen Mord an seiner Freundin zu 17 Jahren in einer Strafkolonie verurteilt. Im Mai 2023 entdeckte die Mutter der Ermordeten plötzlich Bilder von K. in sozialen Medien – Militäruniform tragend.

K. hat sich vermutlich jedoch nicht Wagner angeschlossen. Im Februar dieses Jahres stoppte die Söldnertruppe offiziell die Rekrutierung von Häftlingen. Die russische Armee brauchte neue Rekruten und nahm ihren Platz ein.

Ihre Sorge ist es, dass der Mörder ihrer Tochter nach sechs Monaten an der Front – keine zwei Jahre nach seiner Verurteilung – wieder ein freier Mann sein könnte. „Das ist ein Signal an den ganzen Abschaum da draußen: ‘Macht was ihr wollt, ihr werdet nicht bestraft’“, sagte sie der BBC.

Dass Ex-Häftlinge, die für Russland gegen die Ukraine gekämpft haben und frei gelassen wurden, erneut Straftaten begehen, berichteten bereits mehrere Medien. Der damalige Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin schätzte die Zahl der Männer, die rückfällig werden könnten, auf zehn bis 20 Prozent. Das sind je nach Rechnung 2000 bis 6400 Ex-Söldner.

Die Direktorin der Gefangenenrechtsorganisation „Russia Behind Bars“, Olga Romanova, geht allerdings von einer höheren Rückfallquote aus, sagte sie dem britischen Sender. Viele Straftaten würden demnach nicht erfasst. Zudem sei es in Russland illegal, Personen, die an der sogenannten „speziellen Militäroperation“ teilgenommen haben, in Misskredit zu bringen. (Tsp)

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