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Menschen in Baku (Aserbaidschan) halten ein Plakat des Präsidenten in die Höhe.

© Imago/Tass

Update

Wahlbeobachter kritisieren Verstöße und Restriktionen: Staatschef Aliyev in Aserbaidschan zum Wahlsieger erklärt

Mit angeblich riesiger Zustimmung festigt Aserbaidschans autoritärer Präsident Aliyev bei extra vorgezogenen Wahlen seine Macht. Internationale Beobachter aber üben deutliche Kritik.

| Update:

Nach dem angeblich haushohen Sieg des autoritären aserbaidschanischen Staatschefs Ilham Aliyev bei der vorgezogenen Präsidentenwahl haben internationale Beobachter das Fehlen echter politischer Alternativen und die Unterdrückung von Kritikern in der Südkaukasus-Republik angeprangert.

„Keiner der Kandidaten forderte den Amtsinhaber überzeugend heraus, und einige Oppositionsparteien nahmen überhaupt nicht teil mit der Begründung, es fehle an angemessenen demokratischen Bedingungen“, sagte Eoghan Murphy, der die Wahlbeobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) leitete, am Donnerstag in der Hauptstadt Baku.

Sein OSZE-Kollege Artur Herassymow sprach von einer „restriktiven Umgebung“, in der die Wahlen in der ölreichen Ex-Sowjetrepublik am Kaspischen Meer am Mittwoch abgehalten worden waren und nach denen sich der 62 Jahre alte Aliyev mit mehr als 92 Prozent der Stimmen zum Sieger ausrufen ließ.

„Das aserbaidschanische Volk hat Ilham Alijew zum Präsidenten des Landes gewählt“, sagte der Leiter der zentralen Wahlbehörde, Masahir Panahow, am Mittwochabend. Demnach lag die Wahlbeteiligung bei 67,7 Prozent. Die Abstimmung vom Mittwoch, an der sich laut Wahlkommission knapp 77 Prozent der Wahlberechtigten beteiligten, sichert Aliyev weitere sieben Jahre an der Spitze.

Wähler in Aserbaidschan hatten „keine echte Alternative“

Konkret kritisierten die Beobachter, dass keiner der sechs Gegenkandidaten Aliyevs Politik ernsthaft infrage gestellt habe, „so dass die Wähler keine echte Alternative hatten“. Auch seien während des Urnengangs in den mehr als 6500 Wahllokalen teils „erhebliche Mängel“ festgestellt worden - etwa unzureichender Schutz vor Wahlbetrug durch Mehrfachabstimmungen.

Die OSZE-Beobachter verwiesen außerdem auf zunehmende Beschränkungen von Versammlungs- und Meinungsfreiheit in Aserbaidschan und kritisierten die Verhaftung zahlreicher unabhängiger Journalisten im Vorfeld der Wahl.

Wichtigste Oppositionsparteien boykottieren Wahl

Aus Protest boykottierten die beiden wichtigsten Oppositionsparteien die Wahl, zu der mehr als sechs Millionen Menschen aufgerufen waren. Laut Oppositionschef Ali Kerimli werden in dem Land „alle Grundrechte verletzt“. Oppositionsparteien könnten „nicht normal arbeiten“, die Versammlungsfreiheit sei eingeschränkt, die Medien würden von der Regierung unter Druck gesetzt. Menschenrechtler kritisierten, dass in den vergangenen Monaten zahlreiche unabhängige Journalisten und ein bekannter Oppositionspolitiker festgenommen worden waren.

Staatschef Aliyev rühmt sich, sein Land „wiedervereinigt“ zu haben.
Staatschef Aliyev rühmt sich, sein Land „wiedervereinigt“ zu haben.

© REUTERS/PRESIDENT OF AZERBAIJAN WEBSITE

Wahl eigentlich erst für 2025 geplant

Aliyev hatte die Wahl, die eigentlich erst für 2025 geplant war, für viele überraschend vorgezogen. Offiziell begründete er den Schritt damit, dass der Präsident nach der Eroberung der Konfliktregion Berg-Karabach im vergangenen Herbst eine neue Legitimierung brauche. Politische Beobachter gehen jedoch eher davon aus, dass der autoritäre Präsident mit dem Karabach-Triumph im Rücken jetzt vor allem schnell seine Macht absichern wolle. Womöglich, bevor die Unzufriedenheit in der Gesellschaft über Probleme wie die hohe soziale Ungleichheit und grassierende Korruption weiter zunehmen.

Alijew rühmt sich, sein Land „wiedervereinigt“ zu haben. Bei der Wahl am Mittwoch konnten nun erstmals in der Geschichte Aserbaidschans die Menschen auch in 26 Wahllokalen in der Region Bergkarabach abstimmen. Alijew und seine Ehefrau Mehriban reisten in die Region, um dort ihre Stimmen abzugeben.

Am Mittwochabend gingen tausende Menschen in Aserbaidschans Hauptstadt Baku auf die Straße, um Alijews Wiederwahl zu feiern. Sie feierten den Präsidenten dabei als „Befreier von Bergkarabach“ und hielten Plakate mit der Aufschrift „Wir sind stolz auf dich“ in die Höhe.

Anhänger preisen Alijew dafür, dass er das Land als wichtigen Partner Europas für Energie-Exporte etabliert habe.

Berg-Karabach liegt zwar auf aserbaidschanischem Staatsgebiet, wurde aber bis vor einigen Monaten mehrheitlich von ethnischen Armeniern bewohnt. Jahrzehntelang war Karabach zwischen den beiden benachbarten Ex-Sowjetrepubliken umkämpft. Durch die Angriffe der aserbaidschanischen Armee flohen mehr als 100.000 Karabach-Armenier. Armenien warf Aserbaidschan Vertreibung und „ethnische Säuberung“ vor. (dpa)

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