Karren, Knarren, Kommissare: Welche Autos bevorzugen TV-Ermittler? Ein neues Buch gibt Auskunft
Der „Bulle von Tölz“ mochte in seinem BMW keinen Beifahrer, Borowski dagegen gab seinem VW Passat den Gnadenschuss. Und Prof. Dr. Dr. Karl-Friedrich Boerne im Opel? Undenkbar!
Hauptkommissar Benno Berghammer, „Der Bulle von Tölz“, war ein Mann von gewaltigem Leibesumfang, aber musste man deswegen aus seinem Dienstwagen, einem BMW 635 CSi, gleich den Beifahrersitz ausbauen? Wegen der Mittelkonsole brachte das ohnehin nichts.
Ein Weißbier mit Folgen
Ein rätselhaftes Detail in der von 1996 bis 2009 ausgestrahlten Sat.1-Krimiserie mit Ottfried Fischer, das ihre Fans nachhaltig beschäftigte. Zwei Lösungen kristallisierten sich aus deren Spekulationen heraus: Demnach habe sein Kollege Pfeiffer - mit drei F! - ein Weißbier über den Sitz gekippt, der zwecks Reinigung aus-, aber nie wieder eingebaut wurde. Oder Berghammers Mama „Resi“ habe den Sohn mit ihren Nörgeleien so genervt, dass er den Sitz ausgebaut und sie in den Fond verbannt habe.
Eine dritte Version stammt von Fischer selbst. Es sei eine Anspielung auf die Serie „Irgendwie und Sowieso“, die ihm 1986 den Durchbruch auf dem Bildschirm brachte: „Da kam eine Alfa Giulia mit fehlender Rückbank vor.“
Der zugegeben weiterhin unbefriedigende Versuch, dieses Rätsel des kriminalistischen Automobilismus zu lösen, findet sich in dem Buch „Derrick, Schimanski & Co. - Die Autos der TV-Kommissare“ von „auto, motor und sport“-Redakteur Alf Cremers. Wobei der Titel ungenau bleibt: Kommissarinnen sind auf dem Bildschirm in der Minderheit, aber es gibt sie eben doch, auch bei Cremers.
Berliner Ermittlerteams fehlen leider
Ein für Anhänger von TV-Krimis wie PS-Enthusiasten gleichermaßen lohnendes Buch, das in 27 Kurzkapiteln Kommissare und ihre Kraftfahrzeuge vorstellt. Hauptstädtisches Personal ist leider nicht darunter, immerhin stammt das Vorwort von dem gern in TV-Krimis eingesetzten Berliner Schauspieler Andreas Hoppe. Auch bleiben die Autos gegenüber ihren Fahrern und Fahrerinnen oft etwas im Hintergrund, das ließ sich wohl nicht vermeiden. Sie haben nun mal in deutschen Serien nicht annähernd den Stellenwert wie James Bonds Fuhrpark oder David Hasselhoffs K.I.T.T. in „Knight Rider“.
Aber über den Transport der Serienhelden weit hinausgehende Funktionen erfüllen sie doch. „Wichtig sei, dass ein Filmauto den Charakter der jeweiligen Figur unterstreiche“, gibt Cremers den Chef der in Köln ansässigen Firma filmauto.de, Markus Zimmermann, wieder. Kriminaloberkommissarin Sophie Haas (Caroline Peters) aus „Mord mit Aussicht“ weist sich schon mit ihrem roten BMW-Kabrio in dem Kaff Hengasch, wo man am liebsten Kombis oder Trecker fährt, als großstädtische Exotin aus. Und Prof. Dr. Dr. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) im Münsteraner „Tatort“ unterwegs im Opel oder VW? Undenkbar! Ein Mercedes oder Porsche muss es schon sein, einmal lenkte der Schnösel sogar einen Wiesmann Roadster, der bei den Dreharbeiten allerdings beschädigt und nie wieder eingesetzt wurde.
Neuerdings darf es auch schon mal ein Oldtimer wie die Corvette C3 sein, womit Boerne klar im Trend liegt. Wegen der „Emotionen, die wir mit älteren Autos verbinden,“ entschieden sich Filmemacher immer öfter für diese Wagen, weiß Zimmermann. Neuwagen dagegen seien beim „Tatort“ und anderen öffentlich-rechtlichen Produktionen tabu: Bloß keine Schleichwerbung!
Derrick liebte immer dickere BMWs
Was nicht dagegen spricht, dass ein TV-Ermittler mit zunehmender Popularität immer luxuriösere Dienstwagen erhält. Horst Tappert als Derrick blieb bis Serienende Oberinspektor, stieg aber vom BMW 520 über den 525i rasch bis zum 728i auf, für Cremers „eine in Polizeikreisen völlig unrealistische Besetzung“.
Dem Polizeialltag angemessener war da der angeranzte VW Passat Variant, den Axel Milberg als Kieler „Tatort“-Ermittler Klaus Borowski eine Zeitlang fuhr. Ein alter Zivilstreifenwagen in unmöglichem Rehbraun - das automobile Gegenstück zu seinem um Äußerlichkeiten unbekümmerten Hauptkommissar. Ein verlässlicher Partner, bis zur Folge „Borowski und der stille Gast“, als der Passat mitten im Nirgendwo den Geist aufgibt und vom mitleidvollen Fahrer den Gnadenschuss erhält - bei geöffneter Fronthaube in den Motorblock. Für Borowski ein herzzerreißender Moment: „Ich hatte das Gefühl, ich erschieße meinen einzigen Freund.“
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