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Deutsches Theater: Gott ist groß

Manchmal verstecken sich Theaterereignisse an den bescheidensten Orten: Box und Bar. "Glaube, Liebe, Hoffnung" im Deutschen Theater.

Manchmal verstecken sich Theaterereignisse an den bescheidensten Orten: Box und Bar. Ein dunkler Würfel neben der Lounge des Deutschen Theaters, in der vielleicht achtzig Zuschauer Platz finden. Gegeben wird „Glaube, Liebe, Hoffnung“, aber nicht das Horváth-Stück, sondern „Geschichten von hier“, wie es im Untertitel des dokumentarischen Projekts heißt. Regisseur Frank Abt hat zusammen mit dem Journalisten Dirk Schneider Interviews geführt und lässt die bewegenden Zeugnisse von Schauspielern vor dem Hintergrund eines spartanisch eingerichteten Zimmers sprechen und spielen. Natali Seelig und vor allem Alexander Khuon brillieren in einem bewegenden Triptychon zur Fragilität des Lebens. Die Seitenflügel werden dabei von zwei Berichten gebildet, in denen auf die Zumutungen des Alltags mit Religion und Glauben reagiert wird.

Ein katholischer Pole in Berlin erzählt von seiner Konvertierung zum orthodoxen Judentum, und bei der lakonischen Präzision, mit der Alexander Khuon von diesem Prozess berichtet – die Ablehnung durch die Eltern, die rituelle Beschneidung und die heilsame Strenge des ritualisierten Ehelebens –, werden die Gefühle bis in die Trostabstufungen und Angstschattierungen hinein sichtbar. Eher einen diffusen Gottesglauben hat sich dagegen die ältere Dame bewahrt, die einsam in ihrer Wohnung sitzt und von Erinnerungen an ihre verstorbene Tochter und frühe Bombennächte eingeholt wird.

Nicht umsonst steht die Liebe im Zentrum der Inszenierung, wohlgemerkt die zwischenmenschliche. Muss bei ihr doch jeden Tag aufs Neue das richtige Verhältnis zwischen Gestalten und Geschehenlassen, zwischen Nähe und Distanz ausgehandelt werden, müssen immer wieder Vorstellungen und Erwartungen abgeglichen werden. Eine Frau und ein Mann lernen sich über Parship kennen. Und lieben. Zumindest sind sie jetzt ein Paar, das von seiner Paarwerdung erzählt, Natali Seelig mit forscher Lustigkeit, Alexander Khuon mit dem Machozähneblecken des Eingeschüchterten. Hinreißend, wie der Versuch der Legendenbildung immer neue Abgründe und Unstimmigkeiten offenbart. Rührend, wie die beiden mit Ernst und Leichtigkeit die Anstrengung einfangen, die mit der Arbeit am Glück meist verbunden ist. Andreas Schäfer

Wieder am 9., 12. und 19. Dezember.

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