zum Hauptinhalt
Musikfest in Emkendorf im Rahmen des Schleswig-Holstein Musikfestivals.

© Felix König

Frederik Hanssens Kolumne „Der Klassiker“ (Folge 59): Rolando Villazon und die Liebe zum Publikum

Seit 2017 kürt das Veranstaltungsmagazin „Concerti“ das „Publikum des Jahres“. Diesmal tagte die Jury unter dem Vorsitz von Startenor Rolando Villazon. Mit überraschendem Ergebnis.

Eine Kolumne von Frederik Hanssen

In der vergangenen Woche hatte ich das Vergnügen, in einer Jury unter dem Vorsitz von Rolando Villazon mitzuwirken. Gekürt wurde „Das Publikum des Jahres“. Künstlerpreise gibt es viele, die Idee, auch einmal die Besucherinnen und Besucher auszuzeichnen, finde ich äußert charmant. Denn sie tragen ja das kulturelle Leben: durch ihren Applaus, ihre Neugier, ihre Bereitschaft, Tickets oder gar Abos zu erwerben. Und – je kleiner die Institution, umso wichtiger – durch ihr ehrenamtliches Engagement in Fördervereinen und Freundeskreisen.

Das Veranstaltungsmagazin „Concerti“ hat den Wettbewerb 2017 erfunden, organisiert ihn und spendiert neben einem Preisgeld (für Nachwuchsförderung) auch noch einen Empfang für das jeweilige Gewinnerpublikum. Extrem vielfältig war der Bewerberkreis auch diesmal wieder, vom Laienorchester über Stadttheater und einen Projektchor bis zum Sommerfestival.

Hartgesottene Klassikfans beim Musikfest in Emkendorf im Rahmen des Schleswig-Holstein Musikfestivals.
Hartgesottene Klassikfans beim Musikfest in Emkendorf im Rahmen des Schleswig-Holstein Musikfestivals.

© Marco Ehrhardt

Rolando Villazon war die Idealbesetzung als Chef der siebenköpfigen Jury. Denn er ist ja nicht nur Tenor, Regisseur, Romanautor und Showmaster, sondern auch Intendant der Salzburger Mozartwoche. Er betrachtet das Publikum als eine große Familie – die so heterogen ist wie die eigene Verwandtschaft. Schlüpft er in die Rolle des Gastgebers, will er allen das Gefühl vermitteln, gleichermaßen willkommen zu sein: den Langzeit-Stammgästen, die sich noch an seinen Vor-Vorgänger erinnern können, ebenso wie den Fans, die seit 2019 seinetwegen kommen, außerdem den schwer zu durchschauenden Gelegenheits-Kartenkäufern, den eventhungrigen Touristen und den Erstbesuchern, die noch mit den Ritualen fremdeln.   

Auch wenn am Ende mein Publikums-Favorit nicht das Rennen machte, der Sieg des Schleswig-Holstein Musikfestivals geht absolut in Ordnung: Denn die Art von Niedrigschwelligkeit, wie sie mittlerweile landauf, landab Standard ist, wurde ja im hohen Norden erfunden. Projekte wie die stilistisch buntscheckigen Musikfeste auf dem platten Land waren Pioniertaten.

Einen Sängerwitz hat Rolando Villazon an Ende der Jurysitzung natürlich auch noch erzählt: Ein Tenor kommt in den Himmel und beschwert sich sofort über die hohe Luftfeuchtigkeit zwischen den Wolken. Von seinem Mein-Hals-Ist-So-Empfindlich-Gequengel entnervt, sagt Petrus: „Wenn Sie es wärmer wollen, könnten Sie es ja mal in der Unterwelt probieren.“ Nach ein paar Tagen will er den Tenor wieder abholen - doch kaum hat sich die Höllenpforte einen Spalt breit geöffnet, erschallt eine Stimme: „Tür zu, es zieht!“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false