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Gerhard Schoenberner.

© Ansgar Koch

Gerhard Schoenberner: Der Engagierte

Zum Tod des Publizisten Gerhard Schoenberner.

Sein erstes Buch „Der gelbe Stern“ war eine fundierte Dokumentation der „Judenvernichtung in Europa 1933-1945“. 1960 veröffentlich, war es Gerhard Schoenberners erfolgreichste Publikation – und ein Meilenstein der Auseinandersetzung mit diesem Zivilisationsbruch. Doch das vielfach aufgelegte und übersetzte Buch des damals 30-Jährigen ist nur das Deckblatt eines Lebens in vielen Rollen. Schoenberner war Autor und Filmemacher, Organisator und Inspirator, sicher in vielen Sätteln, so dass es nicht ganz leicht fällt, zu sagen, was eigentlich seine Profession war.

In erster Linie war er wohl ein politisch engagierter Intellektueller. Er gehörte auch zu dem Häuflein von Schriftstellern und Journalisten, die Anfang der sechziger Jahre mit dem Fanal-Ruf „Die Alternative oder Wir brauchen eine neue Regierung“ die Bundesrepublik herausforderten; Initiator war damals Martin Walser, woran man erkennen kann, dass die Republik seither einen weiten Weg zurückgelegt hat. Schoenberners Feld blieb in erster Linie das Ringen um die Aufarbeitung der Vergangenheit. Er wurde Mitinitiator der Gedenk- und Bildungsstätte „Topografie des Terrors“ und der erste Direktor des Hauses der Wannseekonferenz. Aber er war auch tätig in verschiedenen Gremien der Filmwirtschaft, beriet und kuratierte, engagierte sich in den Sechziger- und Siebzigerjahren für die Förderung des neuen deutschen Films und war mitverantwortlich für den Aufbau des „Internationalen Forums“ der Berliner Filmfestspiele.

Immer war er dabei ein entschiedener, nie ein verbissener Kopf, geprägt durch die Herkunft aus einem aufgeklärten protestantischen Pfarrhaus und das Grunderlebnis seiner Generation – Krieg und Nachkrieg. Es mag ihm eine Genugtuung gewesen sein, dass die Publizisten der FU ihm, dem FU-Studenten, im letzten Jahr den Ehrendoktor verliehen. Im gleichen Jahr legte er auch „Fazit“ vor, einen Band mit Prosagedichten. Er deutet auf eine Lebensader Schoenberners hin und eröffnet den Blick in ein bewegte, empfindsame. aber um Klarheit und Verantwortlichkeit bemühte Seele. In der vergangenen Woche ist Schoenberner überraschend mit 81 Jahren gestorben. Hermann Rudolph

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