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Christiane Rösinger, Denice Bourbon, Stefanie Sargnagel und Begleitung in der Volksbühne Berlin.

© Nadine Lange

Humorvolle Neujahrsgala: „Legends of Entertainment“ beglücken in der Volksbühne

Christiane Rösinger, Denice Bourbon und Stefanie Sargnagel sorgen mit Songs und Comedy-Auftritten für einen witzigen Jahresbeginn in Berlin.

Dunkel und mäßig vermüllt zeigt sich der Rosa-Luxemburg-Platz am ersten Abend des neuen Jahres. In der Nähe erinnert ein einsam explodierender Böller an den Feuerwerksfuror, mit dem die Stadt den schrecklichen Vorgänger 2022 verabschiedet hat. Was die nächsten Monate bringen, will man sich gar nicht recht ausmalen – und ist umso dankbarer, dass die Volksbühne in diesen unsicheren Zeiten an ihrer Tradition der Neujahrsgala festhält.

Dass überdies mit der Berliner Musikerin Christiane Rösinger eine Expertin des Formats dabei ist, beruhigt zusätzlich. Sie hat Verstärkung aus Wien: Stand-Up-Comdian Denice Bourbon sowie die Autorin und Komikerin Stefanie Sargnagel, mit denen sie bereits ausgiebig als „Legends of Entertainment“ durch die Lande getourt ist. Für die Gala-Edition hat sich das generationsübergreifende Humor-Trio musikalische Gäste eingeladen, die fix zu Orakeln befördert werden.

Doch auch Christiane Rösinger selbst zeigt sich in bester Vorhersagelaune und verkündet: „2023 wird als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem es endlich vorbei ist mit der RZB, der Romantischen Zweierbeziehung.“ Ein Thema, das die einst bei den Lassie Singers und später bei der Band Britta tätige Kreuzbergerin schon seit Jahrzehnten behandelt. Aber es ist einfach immer wieder schön, wenn sie im „Pärchenlüge“-Refrain skandiert: „Pärchen verpisst euch, keiner vermisst euch“. Begleitet von einem Akustikgitarristen gibt sie dem vollbesetzten Saal auch noch ihren klassischen Lehrsatz „Liebe wird oft überbewertet“ mit auf den Weg.

Dabei hat das Themenfeld Liebe ja durchaus Potenzial, wie Denice Bourbon unter Beweis stellt, als sie auf Englisch davon erzählt, wie sie vor 20 Jahren von Schweden nach Wien gezogen ist. Weil es damals noch selten vorgekommen sei, dass Menschen freiwillig in die österreichische Hauptstadt übersiedelten, wurde sie stets nach dem Grund gefragt. Die Erklärung „Wegen der Liebe, meine Freundin ist von hier“ missverstanden ihre Gegenüber allerdings jedes Mal. Ins Österreichische wechselnd beschreibt Bourbon, wie sie als süß belächelt wurde, weil sie wegen ihrer besten Freundin nach Wien gegangen sei.

Auch das Wort Partnerin konnte die Menschen nicht davon überzeugen, dass es sich um eine Beziehung handelte. Irgendwann hat Denice Bourbon dann eine Lösung gefunden. Zur Begrüßung sagt sie jetzt immer: „Hi, ich komme aus Schweden und ich bin lesbisch“. Zum besseren Verständnis: „Ich bin eine lesbische Lesbe“.

Solche Probleme hätte Stefanie Sargnagel wahrscheinlich gern. Unpraktischerweise steht sie auf Männer. „Ich glaube, wenn man im vorherigen Leben nicht feministisch genug war, wird man zur Strafe heterosexuell wiedergeboren“. Zudem muss man sich mit Dating rumschlagen. Sargnagel hat keine Ahnung, was man da macht und trauert der Zeit hinterher, als das in Wien noch so ablief: „Man sauft sich ins Blackout und mit der Person, mit der man am nächsten Morgen aufwacht, ist man dann zusammen.“

Hans Unstern singt über Bonbons aus Platik

Ihre teils frei vorgetragenen, teils vorgelesenen Pointen, die sie meist lakonisch ins Absurde abdrehen lässt, kommen gut an beim Publikum. Ob Kinderkriegen mit 90 oder Erinnerungen an kindliche Orgasmen auf dem Rücken eines Spielzeugpferds – es wird gekichert und geklascht.

Unter den musikalischen Gästen betört vor allem Hans Unstern mit zarten zur Harfenbegleitung vorgetragenen Songfantasien über Bonbons aus Plastik oder zu Gold gesponnen Haaren. Zum Schluss singt Unstern – die türkisen Plateau-Highheels glitzern im Bühnenlicht – davon, wie schön es ist „Cis einfach ausklingen“ zu lassen, womit natürlich nicht nur die Note gemeint ist, sondern eben auch Cis-Gender, also das Gegenteil von Transgender.

Zum Finale des wunderbar kurzweiligen Abends singen alle Beteiligten eine sympathisch vergurkte Version von Rösingers Lied „Sinnlos“, das die Erwartungen ans neue Jahr angemessen tief nach unten schraubt: „Es ist ja alles so sinnlos!/ Das hält ja gar kein Mensch mehr aus!/ Da muss man sich doch einfach hinlegen/ Oder man steht erst gar nicht auf.“ Könnte klappen.

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