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Der Hughes-Saal mit Telegrafisten und Telegrafistinnen im Postamt Wien 7,  um 1913.

© © Technisches Museum Wien/Archiv

„Women at Work“: 150 Jahre Frauenarbeit in einer Wiener Ausstellung

Zum ersten Mal wurde vor 150 Jahren Frauenarbeit auf einer Weltausstellung thematisiert. Die Ausstellung „Women at Work“ im Technischen Museum Wien würdigt diese Pioniertat. 

Sie mischten den Mörtel und schleppten die Backsteine auf die Gerüste – ohne die Schwerstarbeit von Frauen und Mädchen wären die Bauten für die Weltausstellung 1873 in Wien gar nicht fertig geworden. Zwar zeigen die Fotos der Wiener Photographen-Association die für einen Hungerlohn arbeitenden Frauen auf den Baustellenbildern, doch bisher blieb der Anteil der Frauen an der fünften Weltausstellung unberücksichtigt.

Mit der kleinen, aber wichtigen Ausstellung „Women at Work. 150 Jahre Frauenpavillon der Wiener Weltausstellung“ widmet das Technische Museum Wien dem ersten Frauenpavillon einer Weltausstellung eine eigene Schau. Auf Betreiben des 1866 von adeligen und liberalen bürgerlichen Frauen gegründeten Frauen-Erwerb-Vereins in Wien wurde dem Thema Frauenarbeit ein eigener Pavillon in prominenter Lage gewidmet. Dass er auf dem Weg zur „Weinkosthalle aller Länder“ lag, trug zu seiner Bekanntheit bei. Auf 500 Quadratmetern wurden in dem dann doch eher bescheiden ausgefallenen Holzpavillon die Produkte der Frauenarbeit in der K.K. Monarchie präsentiert. 

Das Jahr 1873 war zunächst von Wirtschaftswachstum und Optimismus, im Jahresverlauf allerdings von steigender Arbeitslosigkeit und Depression geprägt. Heim- und Fabrikarbeit von Frauen wurden im Pavillon ebenso thematisiert wie neue Berufe: Telegrafistinnen, Journalistinnen, Druckerinnen und Bildretuscheurinnen sorgten mit für den reibungslosen Ablauf des Großereignisses, ihre Arbeit wurde auch ausgestellt.

Fotos von der Präsentation der Ausstellung selbst sind leider nicht erhalten, aber der bilderlose Katalog und die Berichte der Journalistin und Aktivistin Aglaja von Enderes geben einen Eindruck: „[Die Ausstellung] ermöglicht uns, in die Arbeitsstätten zu blicken, wo die Frau ungesehen und ungenannt mitarbeitet an den viel bewunderten Industriewerken, die nach ihrer Vollendung uns tagtäglich draußen auf dem Weltmarkte begegnen“, schrieb sie vor 150 Jahren in der „Wiener Zeitung“.

450 Frauen arbeiteten als Retuscheurinnen für die Wiener Photographen-Association, zwar schlecht bezahlt, aber zum Retuschieren und Kolorieren der Fotos waren sie einfach begabter als die Männer. Seit 1871 arbeiteten Frauen im Staatstelegrafendienst, was man gerne zeigte, ebenso präsentiert wurden die Kurse des Frauen-Erwerb-Vereins für Fremdsprachen, Telegrafie und Zeichnen sowie die eigene Mittelschule.

Der Frauen-Erwerb-Verein, gegründet nach dem Vorbild des Berliner Lette-Vereins, hatte mit seinem Engagement auf der Weltausstellung Maßstäbe für die Frauenbildung in Österreich gesetzt. Dass Frauen besser gebildet sein sollten und dann auch anspruchsvollere Arbeiten ausführen konnten, war keine feministische Forderung, sondern folgte der wirtschaftlichen Notwendigkeit.

Kunstblumenherstellung, Kerzen gießen, Spitzenproduktion für Luxusmode und Zigarrenproduktion waren gängige Arbeitsfelder für Frauen. Iduna Laube, die Mitgründerin des Frauen-Erwerb-Vereins, wurde nicht müde, eine gymnasiale Bildung für Mädchen zu fordern. Immerhin erreichte es ihre Mitstreiterin Marianne Hainisch, dass ab 1892 Realschulen für Mädchen in Österreich eingeführt wurden.

Das Engagement des Frauen-Erwerb-Vereins hat bleibende Spuren hinterlassen, auch in Dubai 2020 gab es einen Frauenpavillon, und 2025 ist einer für Osaka geplant, was allerdings auch bedeutet, dass Gleichberechtigung immer noch nicht selbstverständlich ist.

Das Technische Museum lancierte dazu ein Online-Forschungsportal (www.technischesmuseumwien.at/Frauenpavillon), das die Dokumentenbestände des Museums zur Weltausstellung erstmals erschließt und zu weiterer Forschung einlädt.   

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