zum Hauptinhalt
Der letzte DDR-Außenminister Meckel hat eine Idee – eine gute.

© IMAGO/photothek

DDR-Bürgerrechtler Meckel stößt Einheitsdebatte an: Die Verfassung kann immer noch besser werden

Er war DDR-Außenminister und ist ein kluger Kopf: Markus Meckel. Dass er das vereinte Deutschland aufruft, sich noch einmal seiner demokratischen Grundlagen zu vergewissern, kommt zur rechten Zeit.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Das ist mal eine Idee. Vor dem Tag der Deutschen Einheit hat der frühere Bürgerrechtler und letzte DDR-Außenminister Markus Meckel eine Verfassungsdebatte angestoßen, um den Rückhalt für die Demokratie zu stärken. Ja, warum eigentlich nicht?

Meckel fordert in einem dpa-Interview, den Artikel 146 zur Vorläufigkeit des Grundgesetzes zu streichen – nach einer breiten Debatte. Die Idee hat tatsächlich viel Bürgerrechtliches. Vor mehr als 30 Jahren wurde sie noch von den Westlern in Parlament und Regierung und Verfassungskommission abgelehnt, vorsichtshalber, um im Überschwang nicht allen möglichen (und unmöglichen) Wünschen Tür und Tor zu öffnen. Auch heute, da es Verirrte, Verwirrte gibt, zum Beispiel die, die Deutschland gar nicht als Staat ansehen, wäre das ein Wagnis – aber ein gutes.

Denn es geht darum, die Unzufriedenheit nicht zuletzt in Ostdeutschland sowohl aufzunehmen als auch abzubauen. Im Zuge einer Selbstvergewisserung, die das Fundament stärkt. Und am Ende stünde dann, dass der Artikel 146 gestrichen wird: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“

Zwei Jahre Diskussion – bis zum 35. Jahrestag der Einheit

Zwei Jahre konzentrierter Diskussion schweben Meckel vor. Das ist realistisch. Zum 35. Jahrestag der Einheit also würde das Versprechen der Demokratie hochgehalten. Alle können Einfluss nehmen, und der jeweiligen Mehrheit ist nicht alles erlaubt, insbesondere nicht, die Minderheit um ihre Chancen zu bringen, selbst Mehrheit zu werden. Aus Theorie kann Praxis werden.

Richtig, wer das anfängt, muss gut gerüstet sein. Aber Schweigen und Ausweichen stärken die Demokratie nicht. Dazu zeigte es noch den Wert der Freiheit, über alles streiten, rechten zu können. Änderungswünsche müssten eben so definiert werden, dass sie eine Mehrheit finden.

Die Chance ist groß, größer als das Wagnis, belegen zu können, dass wir in einem der sichersten, freiesten und sozialsten Ländern der Erde leben. Gegen AfDler, gegen manche Linke oder aus der sogenannten bürgerlichen Mitte, die zuweilen ganz anders reden.

Brechts Kinderhymne klingt durch. Das Land verbessern heißt, es zu beschirmen. Nach Johannes Rau, dem vormaligen Bundespräsidenten: immer Patriot, nie Nationalist. In dem Sinne ist Meckels Vorschlag wirklich patriotisch.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false