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Women’s March in Hollywood, im November 2017.

© / Foto: Imago/Faye Sadou

Fünf Jahre MeToo: Wut und Mut

2017 wurden Harvey Weinsteins Sexualstraftaten bekannt und der Hashtag MeToo ging weltweit viral. Was ist seitdem geschehen?

Ein Kommentar von Christiane Peitz

Es geht um Macht, nicht um Sex. Darum, dass Macht sich oft für sexy hält, für unwiderstehlich. Dass sie für Sex missbraucht wird.

„Wenn Sie sexuell belästigt oder angegriffen wurden, antworten Sie auf diesen Tweet mit Me too.“ Alyssa Milano twitterte das im Oktober 2017, nachdem die Sexualtaten von Filmmogul Harvey Weinstein bekannt geworden waren. Der Tweet ging viral, global: Selten hat ein Slogan so viel ausgelöst, in den sozialen Medien und in der Realität.

23 Jahre Haft für Harvey Weinstein. Und immer mehr wurden öffentlich angeklagt: Bill Cosby, Kevin Spacey, James Levine, Dieter Wedel, ihr Ruf und Ruhm war dahin. Karrieren wurden beendet, in der Politik, im Sport, in Kultur und Medien. Jérôme Boateng wurde zu einer Geldstrafe von 1,8 Millionen Euro verurteilt.

Der Zeitung „Politico“ zufolge wurden seit 2017 allein in den US-Staaten 286 Gesetze im Zusammenhang mit MeToo verabschiedet. Beratungsstellen wie Themis wurden gegründet, Respekt- und Empowerment-Workshops veranstaltet, Debatten über autoritäres Führungsgehabe ausgetragen: Die Sensibilisierung für die Saat des Sexismus ist immens. So wach war der Blick auf Körpersprache, Wortwahl und Bilderstereotypen nie. MeToo ist in die Poren der Gesellschaft eingedrungen, hat Arbeitsplätze, private Beziehungen und das öffentliche Leben verändert.

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Und doch ist es nicht mehr als ein Anfang. Manch ein Alphatier zeigt sich höchstens verunsichert, manche Täter-Karriere war nur unterbrochen. Bei Boatengs Berufungsverfahren sagte eine Zeugin jetzt aus, sie habe Angst vor seinen Leuten. 2021 gaben 60 Prozent der für eine Studie befragten deutschen Politikerinnen unter 45 Jahren an, sexuell belästigt worden zu sein, parteiübergreifend. In den Corona-Lockdowns ist die häusliche Gewalt nachweislich gestiegen.

Der Fortschritt ist eine Schnecke, es geht zäh und langsam voran. Darüber darf die sprunghaft gestiegene Sichtbarkeit von Frauen und Minderheiten nicht hinwegtäuschen. Endlich Oscars für Regisseurinnen, eine Künstlerinnen-Biennale in Venedig, der Deutsche Buchpreis für die nonbinäre Person Kim de l’Horizon!

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Aber es ändert nichts daran, dass es viel zu wenig Chef*innen gibt. Dass die Macht in weiten Teilen der Welt nicht feminin ist, nicht divers, sondern männlich. Dass im Krieg gegen die Ukraine Vergewaltigungen als Waffe eingesetzt und Frauen im Iran misshandelt und missbraucht werden, weil sie auf ihre Menschenrechte pochen.

Manchmal kippt MeToo und wird too much. Der Grat zwischen Verunglimpfung der Opfer und Verteufelung der Beschuldigten ist schmal. In Berlin hat Ex-Volksbühnen-Intendant Klaus Dörr sein Verfahren gegen die „Upskirting“-Verdachtsberichte der „taz“ gewonnen, Amt und Renommee verlor er vielleicht zu Unrecht. Und Kevin Spacey wurde im Fall um Anthony Rapp gerade freigesprochen. Auch wenn Missbrauchs-Opfern das Vertrauen in die männerdominierte Justiz schwerfällt: Nicht die Öffentlichkeit richtet, sondern der Rechtsstaat. Auch ihn gilt es zu empowern.

Ferda Ataman, die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, fordert längere Fristen für Anzeigen von sexuellen Übergriffen am Arbeitsplatz. Acht Wochen sind oft zu kurz, um Mut zu fassen. Auch eine gemeinsame Klage ist bisher nicht möglich, dabei zeigt MeToo, wie sehr Gemeinsamkeit hilft. Die Gesetzesänderung ist überfällig. Sonst bleibt das „starke Bündnis gegen Sexismus“ im Koalitionsvertrag eine leere Parole.

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