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Meinung: „Ich bin ein Bürokrat.“

Es ist für Grünen-Politiker immer eine undankbare Aufgabe, in die Fußstapfen von Claudia Roth zu treten. Das Amt der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung war wie gemacht für die temperamentvolle Politikerin, die es zwei Jahre leidenschaftlich und mit großer öffentlicher Resonanz ausfüllte, nach ihrer Wiederwahl zur Parteichefin aber aufgeben musste.

Von Hans Monath

Es ist für Grünen-Politiker immer eine undankbare Aufgabe, in die Fußstapfen von Claudia Roth zu treten. Das Amt der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung war wie gemacht für die temperamentvolle Politikerin, die es zwei Jahre leidenschaftlich und mit großer öffentlicher Resonanz ausfüllte, nach ihrer Wiederwahl zur Parteichefin aber aufgeben musste.

Viele Wochen hat es gedauert, bis mit einem alten Freund Joschka Fischers ein Nachfolger gefunden war, der zwei wichtige Bedingungen erfüllt: Der eigensinnige Tom Koenigs ist dank seiner langen Karriere in Politik und Diplomatie profiliert genug, um sich neben dem Medienstar Fischer zu behaupten. Trotzdem ist er für seinen früheren Ko-Revolutionär an der Spitze des Auswärtigen Amtes berechenbar genug, um keine politischen Krisen im Berliner Politikbetrieb zu provozieren. Beide waren sich auch kürzlich auf Fischers Südamerikareise begegnet, wo Koenigs als Sonderbeauftragter der Vereinten Nationen in Guatemala wirkte. Sein neues Amt soll Koenigs 2005 antreten.

Neues Terrain für seine eigene Partei hatte der heute 60-jährige studierte Betriebswirt erobert, als er Mitte der 90er Jahre als erster grüner Kämmerer einer deutschen Großstadt die Frankfurter Finanzen verwaltete. 1999 ging er als Leiter zur UN-Verwaltung im Kosovo, wo ihm seine Erfahrungen in der Verwaltungsarbeit beim Aufbau des UN-Protektorats zugute kamen. Stolz antwortete er auf die Kritik eines taz-Reporters, das Kosovo werde von UN-Bürokraten verwaltet: „Ich bin ein Bürokrat.“

20 Jahre vorher hatte die studentische Protestszene den Sohn einer Kölner Bankiersfamilie als einen Revolutionär kennen gelernt, der konsequent genug war, sein ererbtes Vermögen dem Vietkong und chilenischen Widerstandsgruppen zu vermachen. „Irgendwas zwischen 500 000 und fünf Millionen Mark“ seien es gewesen, gab Koenigs damals salopp zu Protokoll. Wie Fischer versuchte Koenigs später bei Opel in Rüsselsheim vergeblich, Arbeiter aufzuwiegeln.

Es ist noch nicht allzu lange her, dass die FAZ Koenigs genüsslich bescheinigte, anders als Fischer pflege er weiterhin sorgfältig das Image des 68ers und sträube sich „beharrlich gegen alle Insignien des Etabliertseins“. Für das Amt des Menschenrechtsbeauftragten jedoch muss es kein Nachteil sein, wenn sein Inhaber sich nicht jeder Mode beugt, sondern feste Werte auch gegen Zeitströmungen verteidigt.

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