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Auf Abstand: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der russische Präsident Wladimir Putin.

© dpa

Putin gratulieren? Kommt nicht infrage: Der Präsident gibt den Ton vor

Autokraten richtig behandeln – das heißt, Abstand halten. Deswegen hat Bundespräsident Steinmeier Kremlchef Putin nicht gratuliert. Das ist der neue Maßstab.

Eine Kolumne von Stephan-Andreas Casdorff

Dieses Mal gibt es kein Vertun: Wladimir Putin zu einer Wahl zu gratulieren, die keine war, weil Russland keine hatte, kommt nicht infrage. Darin ist sich in der Bundesrepublik eine ganz große Koalition einig. Und der Bundespräsident macht mit.

Dabei ist das Ganze im Prinzip gar nicht so einfach. Üblicherweise, nach den sogenannten diplomatischen Gepflogenheiten, gibt es ein Schreiben von höchster Stelle, in dem Glückwünsche übermittelt werden. Gewissermaßen ohne Ansehen der Person.

Allerdings ist das schon seit einiger Zeit umstritten. Ein Beispiel ist die Gratulation an das iranische Mullah-Regime für 40 Jahre Revolution. 2019 war das. Da musste sich Frank-Walter Steinmeier herbe Kritik gefallen lassen.

Weil die Entfremdung zwischen Europa und Russland noch gewachsen ist

Oder auch 2018, als Präsident Steinmeier Putin noch schrieb. Steinmeier nutzte seinerzeit die Gelegenheit, seine Beunruhigung deutlich zu machen, dass Europa und Russland von einer kooperativen Friedensordnung weit entfernt seien, und zugleich die Hoffnung auszudrücken, dass Putin seine Amtszeit nutzen werde, der Entfremdung entgegenzuwirken. Das Gegenteil ist eingetreten.

Das vor Augen verbietet sich jetzt ein Schreiben. Der Autokrat im Kreml versteht diese Sprache nicht, nicht mehr. Vielleicht die andere, die deutlich macht, wo es unsäglich wird? Sicher ist das nicht, aber es macht die Grenzen deutlich.

Schwieriger wird es dennoch werden. Denn da ist einerseits, was Steinmeier damals zur Verteidigung seines Iran-Schreibens sagte: Ihm liege daran, „auch im Konflikt Zugang zu Gesprächsmöglichkeiten zu haben“. Der Präsident erklärte: „Wir brauchen beides“, und zwar, „um auf dieser Welt tatsächlich etwas zum Besseren zu bewegen“.

Andererseits erfordert die von der Ampelkoalition postulierte „wertegeleitete Außenpolitik“ entsprechend klares Handeln. Wer jetzt noch zwischen Autokraten ersten und zweiten Ranges unterscheiden will, vertut sich in den Maßstäben. Putin ist hier ein Anfang. Alle Beteiligten wissen: Hinter die Reaktion auf ihn zurückzufallen, kommt nicht infrage.

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