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Paradiesische Zustände für Steuersünder? Die Schweiz ist und bleibt ein Rechtsstaat.

© dpa

Die Schweiz und Deutschland: Vom hohen Ross

Dass in Deutschland Steuern hinterzogen werden, ist nicht die Schuld der Schweizer. Die SPD sollte sich daher lieber zurückhalten mit Angriffen auf das Nachbarland. Sie sind populistisch und könnten der Partei schaden.

Was haben wir nur für ein Problem mit der Schweiz? Was reitet deutsche Politiker, den Nachbarn unter schroffem Fels und hoher Tann in einer Weise zu kritisieren, dass man meinen könnte, es handele sich um einen Staat, der dringend mal ordentlich geschurigelt gehört?

Wer meint, man könne voran den Eidgenossen die Schuld daran zuschieben, dass hier in Deutschland Geld beiseite geschafft und dem Fiskus entzogen wird, der redet ehrverletzend. Die Aufgabe ist in erster Linie eine deutsche, nicht eine schweizerische. Auch in Deutschland ist übrigens über den Ankauf von Steuer-CDs gerechtet worden. Darum sollten sich diejenigen, die meinen, die Kavallerie schon wieder Worte ballern lassen zu sollen, erst einmal mit den Verhältnissen hierzulande befassen. Vielleicht geht hier noch was?

Vorsicht mit den großen Worten, den abwertenden. Die Schweiz ist ein Rechtsstaat. Das Bankgeheimnis ist eines; es ist der Schweiz wichtig; wer das Geheimnis bricht, muss mit Strafe rechnen. Die Strafe trifft alle unterschiedslos, träfe auch schweizerische Bundesräte und nicht nur deutsche Bundesbedienstete (oder Landesbedienstete). Und das ist ein Merkmal des Rechtsstaats.

Ermittlungen sind nötig, wenn es Anhaltspunkte gibt, die eine Untersuchung rechtfertigen. Will die deutsche Seite der schweizerischen unterstellen, dass sie in diesem Fall juristisch nicht unabhängig, sondern politisch handelt? Das vergiftet dann allerdings das notwendige politische Klima für ein Steuerabkommen mit der Schweiz, das es den Deutschen erleichtert, ihren Aufgaben nachzukommen.

In der Tat gibt es keinen rechtlichen Zusammenhang zwischen den Haftbefehlen gegen nordrhein-westfälische Steuerfahnder und dem etwaigen Steuerabkommen. Zugleich belegt der Vorfall, dass zwischen der Schweiz und Deutschland dringend weiter über das Abkommen geredet werden muss, um solchen Vorfällen die Grundlage zu nehmen.

Automatischer Informationsaustausch, wie er möglich werden könnte, ist ein guter Vorsatz. Die Schweiz kann argumentieren, dass sie Deutschland damit rechtlich weit entgegenkommen würde. Es ist nämlich eine arge Unterstellung, dass die Schweiz ihre Gesetze gemacht hätte, um Steuerbetrug zu begünstigen.

Insofern hat sich die SPD, besonders sie, keinen Gefallen getan, die Schweiz anzugreifen. Denn der Angriff kann vor dem Hintergrund NRW und der Wahl dort am 13. Mai allzu leicht in die Abteilung Populismus einsortiert werden. Ob unter diesen Umständen ein schneller Vertragsabschluss möglich wird? Immerhin muss das Abkommen durch die Parlamente beider Staaten kommen.

Es wäre beiden Staaten durchaus mehr gedient, wenn es rasch zustande käme. Der Schweiz, weil das deutsche Gerede aufhörte, Deutschland, weil es profitierte. Und der SPD ist zu raten, sich gerade wegen ihrer Regierungsambitionen weder innen- noch außenpolitisch aufs hohe Ross zu setzen. Der Fall kann schmerzhaft sein.

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