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Er beschwört die Einigkeit: Dietmar Bartsch vor der Sitzung der Linksfraktion am Dienstag.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

„Völlig inakzeptabel“: Bartsch positioniert sich zu Wagenknechts Partei-Plänen

Zu einem großen Streit kam es am Dienstag bei der Sitzung der Linksfraktion nicht. Er werde alles tun, um eine Spaltung zu verhindern, sagt Fraktionschef Dietmar Bartsch – und zieht klare Grenzen.

| Update:

Von einer Situation, „wie ich sie in all den Jahren so noch nicht erlebt habe“, spricht Fraktionschef Dietmar Bartsch in der Presselobby des Bundestags. Gleich ziehen sich die Abgeordneten der Linkspartei zur Sitzung zurück.

Wird dort in Sachen Sahra Wagenknecht die Debatte eskalieren? Am vergangenen Wochenende hat der Parteivorstand die ideelle Trennung vom wohl prominentesten Parteimitglied öffentlich vollzogen. Doch das meint Bartsch gar nicht.

Noch nicht erlebt habe er eine Situation wie derzeit bei den Haushaltsberatungen der Ampel-Koalition, sagt er nämlich, und arbeitet sich erst einmal durch die tagespolitische Agenda: Haushalt, Inflationsausgleich, Asylrecht. Ganz am Schluss seines Statements aber spricht er das Thema Wagenknecht an. Das muss er wohl auch, so außerordentlich wie die Lage ist.

„Völlig inakzeptabel“ seien Versuche, eine neue Partei zu gründen und Mandatsträgerinnen und Mandatsträger der Linken für diese zu gewinnen, sagt Bartsch. Aus der Linken heraus und mit deren Ressourcen könne es keinerlei derartige Bestrebungen geben.

Ich würde mich freuen, wenn alle, die jetzt zitiert werden, mit inhaltlichen Punkten zitiert würden. Das wäre viel hilfreicher.

Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken

Dass es diese gibt, ist allerdings offensichtlich. Und so zieht Bartsch eine weitere Grenze: „Wenn man eine andere Partei gründet, hat man kein Mandat der Linken mehr. An dieser Stelle ist ein Mandat zu Ende.“ Das klingt nach einer Selbstverständlichkeit, doch selbst darüber wurde zuletzt spekuliert: Könnte Wagenknecht auch Teil der Fraktion bleiben, wenn sie die Partei verlässt?

Für die Fraktion und damit auch für Bartsch steht viel auf dem Spiel: Würden Wagenknecht und ihre Mitstreiter die Fraktion verlassen, wäre die keine Fraktion mehr, sondern höchstens noch eine Gruppe. Mit weniger parlamentarischen Rechten, weniger Personal, weniger Ressourcen.

Der Parteivorstand hat Wagenknecht und ihre Verbündeten aufgefordert, ihre Mandate zurückzugeben. Dann könnten andere Abgeordnete für die Linkspartei nachrücken. Nach Lage der Dinge wird Wagenknecht dieser Aufforderung nicht nachkommen.

Wie also weiter? Bartsch beschwört die Einigkeit der Fraktion. Er werde alles tun, um eine Spaltung zu verhindern. Es sei sein Ziel, dass die Fraktion als solche die Legislaturperiode beende.

Bartsch ruft Klaus Ernst zur Räson

Darauf wetten würden im Moment wohl nur wenige. Bartschs Co-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali hat den Beschluss der Parteispitze einen „großen Fehler“ genannt.

Bartschs Linie ist eine andere. Der Beschluss sei einstimmig gefasst worden. Es sei Aufgabe des Parteivorstands, die Partei zu stärken, „und nichts anderes“. Von Bartsch also bekommen die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan Rückendeckung.

Rauswerfen aber will er Wagenknecht eben auch nicht. Sicher werde seine Fraktion „sehr intensiv“ diskutieren, sagt er. Aber er sehe keine Mehrheit für einen Fraktionsausschluss, und er selbst würde einen solchen Antrag auch nicht in die Hand nehmen. Wie er Wagenknecht einfangen wolle, wird er gefragt. „Sie ist mir gar nicht weggelaufen“, kontert er.

Sie ist mir gar nicht weggelaufen.

Dietmar Bartsch über Sahra Wagenknecht

Allerdings ruft er die Unterstützer der Abtrünnigen zur Räson. Zum Beispiel Klaus Ernst, früherer Parteichef und mit Wagenknecht auf einer Linie. Der hatte den Bundesvorstand nach dessen Anti-Wagenknecht-Beschluss aufgefordert, geschlossen zurückzutreten.

„Diejenigen, die öffentlich laut tönen, sollen das in der Fraktion tun“, sagt Bartsch und nennt Ernst als Ziel seiner Kritik namentlich. „Ich würde mich freuen, wenn alle, die jetzt zitiert werden, mit inhaltlichen Punkten zitiert würden. Das wäre viel hilfreicher.“

Das aber ist im Moment nicht mehr als ein hehrer Wunsch, und auch hinter den verschlossenen Türen des Sitzungssaals geht es heute vor allem um ein Thema.

Friedlicher als erwartet laufe die Debatte, sagen jene, die zwischendurch kurz den Raum verlassen. Die sattsam bekannten Positionen von Wagenknecht-Gegnern und -Unterstützern werden noch einmal ausgetauscht. Eine kontroverse, aber sehr solidarische Debatte sei es gewesen, sagt Dietmar Bartsch nach der Sitzung. Ansonsten gebe es nichts zu verkünden.

Die Frage ist nur, wie lange das so bleibt.

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