zum Hauptinhalt
Carsten Schneider (SPD), Staatsminister und Ostbeauftragter der Bundesregierung

© dpa/Michael Kappeler

Bericht zum Stand der Einheit: Die Bundesregierung sieht Fortschritte – und konkreten Handlungsbedarf

Der vorgelegte Einheitsbericht zeigt, dass sich Ost und West in allen wichtigen Punkten seit der Wiedervereinigung stark angenähert haben. Es gibt aber auch auffällige Trends.

Die Bundesregierung sieht 33 Jahre nach der deutschen Vereinigung große Fortschritte beim Zusammenwachsen des Landes, aber auch weiteren Handlungsbedarf.

„Strukturelle Differenzen zwischen Ost- und Westdeutschland konnten abgebaut werden, teilweise sind sie verschwunden“, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht zum Stand der Deutschen Einheit. „Dennoch bewerten viele Ost- und Westdeutsche die Lage des Landes unterschiedlich.“ Brüche und Konflikte würden Regierung und Bürger noch lange beschäftigen.

Die Einigkeit weiter zu stärken, ist die Aufgabe aller Demokratinnen und Demokraten in Deutschland in den kommenden Jahren“, betonte der Ostbeauftragte Carsten Schneider in der Einleitung des Berichts, der am Vormittag im Bundeskabinett beraten wurde.

Der regelmäßig vorgelegte Bericht ist eine Bestandsaufnahme mit zahlreichen Statistiken nicht nur zu Wirtschaftskraft oder Löhnen, sondern auch zu den Lebensverhältnissen. Alle wichtigen Punkte haben sich seit der Vereinigung der damaligen BRD mit der DDR am 3. Oktober 1990 stark angenähert.

Kluft bei Wirtschaftskraft und Löhnen

Dazu zählt zum Beispiel die Lebenserwartung, die 1990 im Osten noch zwei bis drei Jahre niedriger lag als im Westen. Bei Frauen sei der Unterschied seit den 2000er Jahren kaum noch sichtbar, heißt es in dem vom Ostbeauftragten Schneider präsentierten Bericht. Bei Männern bleibe jedoch eine Lücke. Auch sei die Lebenserwartung während der Corona-Pandemie im Osten stärker zurückgegangen als im Westen, sodass Unterschiede teils wieder gewachsen seien.

Eine Kluft bleibt trotz Angleichung auch bei Wirtschaftskraft und Löhnen. So lag das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner 2022 in Ostdeutschland bei 79 Prozent des Wertes im Westen. Der durchschnittliche Jahresbruttolohn im Osten betrug im Jahr 2022 mit 34 841 Euro etwa 86 Prozent des Westniveaus.

Schneider wollte neben dem üblichen Ost-West-Vergleich diesmal auch gemeinsame Trends herausarbeiten – etwa das Stadt-Land-Gefälle in beiden Landesteilen. Die Herausforderungen und Bedürfnisse auf dem Lande im Osten seien oft den ländlichen Räumen im Westen näher als den Großstädten im Osten, hält der Bericht fest.

Deutschland sei heute trotz aller Unterschiede ein „in Freiheit geeintes Land“. Tatsache sei jedoch auch, „dass ein höherer Anteil von Menschen in ländlichen Regionen in Ostdeutschland in einem Umfeld leben, das von einer stagnierenden oder schrumpfenden Bevölkerung, von anderen Familienstrukturen und von einer geringeren Ausstattung mit Einrichtungen und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge geprägt ist“, merkt der Bericht an.

Viele Herausforderungen „in Teilen Ostdeutschlands wie im Brennglas“

Viele gesamtdeutsche Herausforderungen, auch in Verbindung mit Digitalisierung oder einer erreichbaren Gesundheitsversorgung, erschienen daher „in Teilen Ostdeutschlands wie im Brennglas“.

Kritisch angemerkt wird, dass der Anteil ostdeutscher Führungskräfte zwar ansteige, aber weiterhin deutlich unter dem Bevölkerungsanteil der Ostdeutschen von rund 20 Prozent liege.

Weitgehend angeglichen hat sich hingegen beispielsweise der Anteil der Studienanfängerinnen – und anfänger am jeweiligen Schuljahrgang. Der Anteil von Menschen mit Migrationsgeschichte lag in Ostdeutschland 2022 in allen Bundesländern (außer Berlin) im einstelligen Bereich und damit weit unter dem bundesweiten Durchschnitt von gut 24 Prozent.

Verwiesen wird in dem Bericht auch auf eine laut Umfragen deutlich höhere Verbreitung migrationsfeindlicher Einstellungen im Osten sowie auf dort höhere Fallzahlen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. (dpa, AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false