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Mehr Zeit fürs Familienleben? Die Vorstellungen der Parteien sind sehr verschieden.

© dpa

Streit um die Familienpolitik: Betreuungsgeld kontra Familienarbeitszeit

SPD und Union streiten über familienpolitische Leistungen. Die einen bestehen aufs Betreuungsgeld, die anderen wollen ein Konzept durchbringen, wonach beide Elternteile ihre Arbeitszeit reduzieren.

Von Katrin Schulze

Wenigstens sprechen sie überhaupt wieder miteinander. Nachdem die Verhandlungen in der Arbeitsgruppe Familie, Frauen und Gleichstellung am späten Dienstagabend abgebrochen worden waren, kamen die Familienpolitiker von SPD und Union am Mittwoch erneut zusammen. Diesmal dauerten die Gespräche bis kurz vor zwei Uhr in der Nacht, was viel über die Schwierigkeiten aussagt. Denn mittlerweile geht es nicht mehr nur um konkrete Vorstellungen und Vereinbarungen, sondern um Grundsätzliches. „In der Arbeitsgruppe gibt es sehr unterschiedliche Vorstellungen vom Miteinander in der Gesellschaft, die Fronten sind da deutlich“, sagt SPD-Unterhändlerin Caren Marks. "Wir kommen bei der Familienpolitik von unterschiedlichen Planeten", sagt ihre Kollegin Dorothee Bär von der CSU.

Die Gegensätze zwischen SPD, CDU und CSU sind sogar so gravierend, dass Teilnehmer daran zweifeln, wirklich Ergebnisse präsentieren zu können, wenn es am nächsten Dienstag zum Treffen mit der großen Runde kommt. Und der Krach beschränkt sich keineswegs nur auf die Frage der völligen Gleichstellung von homosexuellen Paaren. Auch im Punkt der familienpolitischen Leistungen sind die Parteien weit davon entfernt, sich zu einigen. Die CSU will unbedingt ihr Betreuungsgeld durchbringen, während die SPD dies ablehnt und auf eine staatlich geförderte Familienarbeitszeit setzt. „Ziel ist es, Beruf und Familie besser vereinbaren zu können – und zwar auf einer partnerschaftlichen Basis“, sagt Marks. „So haben beide Elternteile mehr Zeit für die Familie, können aber gleichzeitig erwerbstätig bleiben.“

Beide Partner sollen auf 80 Prozent reduzieren

Das Modell sieht vor, dass beide Eltern ihre Arbeitszeit reduzieren dürfen und für die Differenz zum Vollzeitverdienst entschädigt werden. Die finanzielle Unterstützung soll im Anschluss an das Elterngeld fließen und sich wie dieses am Nettoeinkommen orientieren. Wie dies genau funktionieren könnte, hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) errechnet und am Mittwoch in Berlin vorgestellt. In der Studie wird vorgeschlagen, dass beide Eltern für maximal drei Jahre ihre Arbeitszeit auf 80 Prozent reduzieren. Die Forscher gehen davon aus, dass viele Eltern dieses Modell anstelle der gängigen Varianten (ein Partner voll, der andere nicht/ein Partner voll, der andere Teilzeit) bevorzugen würden. Derzeit jedoch sei das klassische Modell, bei dem die Frau zu Hause bleibt und der Mann voll arbeitet, durch Steuer- und Arbeitsmarktregelungen wie dem Ehegattensplitting oder der beitragsfreien Mitversicherung bei der gesetzlichen Krankenversicherung noch finanziell attraktiver.

Genau dem will die SPD entgegenwirken. „Lebensmodellen, nach denen ausschließlich ein Partner die gesamte Betreuung des Kindes übernimmt, während der andere voll erwerbstätig ist, wollen wir keine zusätzliches Anreize bieten“, sagt Marks. „Wir wollen vielmehr die Partnerschaftlichkeit stützen, denn das entspricht auch den Wunschvorstellungen von immer mehr Müttern und Vätern.“ Einer Studie des DIW zufolge ist etwa nur ein Drittel aller berufstätigen Eltern mit Kindern unter 18 Jahren zufrieden mit ihren Arbeitszeiten. 60 Prozent der Väter und 41 Prozent der Mütter in Vollzeit würden weniger arbeiten, wenn sie die Wahl hätten.

Familienarbeitszeit soll kostengünstiger sein

Während die CSU darauf hinweist, dass Familienpolitik nicht ausschließlich aus Sicht der Wirtschaft gedacht werden sollte, argumentiert die SPD nicht nur mit der Gleichberechtigung der Partner, sondern auch mit finanziellen Einsparungen. Für das Betreuungsgeld gibt der Bund im Jahr 2013 etwa 300 Millionen Euro aus, 2014 sollen es 1,1 Milliarden Euro sein. Die Familienarbeitszeit kostet nach den Berechnungen des DIW zu Beginn 140 Millionen Euro. Dass beide Konzepte in den Verhandlungen durchzusetzen sind, ist schwer vorstellbar. Zumal die CDU sich für ein so genanntes Teilelterngeld einsetzt. Damit sollen Eltern mit Teilzeitjobs mehr Elterngeld erhalten. Doch das wiederum widerstrebt den Sozialdemokraten. "Zu kurz gesprungen" sei das Konzept, heißt es.

Es klingt so, als bräuchten die Parteien noch etwas mehr Zeit, um sich zu einigen - bei den Familienleistungen genauso wie bei der Homo-Ehe und der Einführung einer Frauenquote. Vor dem Termin mit der großen Runde ist aber nur noch ein Gespräch der Unterhändler angesetzt - am kommenden Montag.

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