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CSU-Chef Markus Söder im ARD-Sommerinterview

© dpa/Carsten Koall

CSU-Chef stichelt gegen Merz: Was Söders neun Kernaussagen zu bedeuten haben

Zwei Monate vor der Bayern-Wahl will Markus Söder von einer möglichen Kanzlerkandidatur angeblich nichts wissen. Im ARD-Sommerinterview dreht sich trotzdem viel um die Union.

Mitten in Berlin, Spree und Reichstagsgebäude hinter ihm, präsentiert sich Markus Söder im ARD-Sommerinterview. Dabei steht dem bayerischen Ministerpräsidenten in zwei Monaten eine Landtagswahl ins Haus. Die CSU liegt in Umfragen bei 39 Prozent, leicht besser als das Wahlergebnis vor fünf Jahren.

Wenig spricht für einen Durchmarsch am 8. Oktober. Doch der CSU-Chef will bundespolitisch weiter Akzente setzen. Zwar verzichtet er darauf, sein Interesse an der Unions-Kanzlerkandidatur 2025 klar anzumelden. Aber er lässt sich Türen offen.

Wir analysieren: Was steckt hinter Söders Aussagen?

1 „Ich würde Herbst definitiv vorschlagen.“

Markus Söder will also die Unions-Kanzlerkandidatur frühestens im September 2024 klären. Sachsen und Thüringen wählen am 1. September 2024 ihre Landtage, Brandenburg am 22. September 2024. Mit dieser Festlegung widerspricht er dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, der bisher eine Kür des Kandidaten im „Spätsommer 2024“ favorisierte.

So sagte Merz im April: „Ich habe das auch mit (CSU-Chef) Markus Söder noch mal besprochen. Wir beide sind uns in dieser Frage vollkommen einig, wie in anderen Fragen auch, dass wir diese Entscheidung im Spätsommer 2024 treffen und nicht vorher.“ Steht diese Festlegung nun zur Disposition?

2 „Ich glaube auch, dass wir die Ergebnisse dieser Landtagswahlen sehr, sehr sensibel und sehr genau analysieren müssen und daraus möglicherweise auch gute Argumente für die Personalfrage finden.“

Die Wahlen in den drei östlichen Bundesländer dürften, Stand jetzt, für die CDU bitter ausfallen. Womöglich wird die AfD stärkste Partei in den drei Ländern. In Sachsen stellt die CDU seit 1990 den Ministerpräsidenten.

Ein Nackenschlag bei den Ost-Wahlen träfe die CDU und damit ihren Vorsitzenden, nicht die CSU. Sie könnten damit die Ausgangslage für Merz, Kanzlerkandidat zu werden, erheblich verschlechtern. Welche „guten Argumente für die Personalfrage“ meint Söder bloß?

3 „Ich helfe sicherlich mit, auch aus Bayern und auch von der CSU, dass dieses Deutschland wieder in Fahrt kommt, aber nicht als Kanzler.“ 

Formal bekräftigt Söder jüngst die Absage an eine Kanzlerkandidatur beziehungsweise, wie hier, einer Kanzlerschaft. Aber das heißt wenig. Söder ist strategisch wendig, zuweilen binnen Tagesfrist.

So hatte er es schon vor 2021 eine Kanzlerkandidatur ausgeschlossen, um dann doch beherzt zugreifen zu wollen. Das führte zu einem heftigen Krach zwischen CDU und CSU. Im Wahlkampf machte Söder dem Kanzlerkandidaten Armin Laschet das Leben schwer.

4 „Dann werden wir den Vorschlag machen, der aus unserer Sicht hoffentlich im Vergleich zu 2021 die besten Chancen auf Erfolg bietet.“

Söder kritisiert damit indirekt die Nominierung Laschets als Kanzlerkandidat für die Wahl 2021. Söder wurden damals bessere Siegeschancen prognostiziert als Laschet.

Und heute? Nach einer aktuellen ZDF-Umfrage haben NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und Söder mit jeweils 22 Prozent die besten Chancen als Unions-Kanzlerkandidaten. Nur 16 Prozent setzen auf Merz, 11 Prozent auf Daniel Günther, den Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein.

5 „Die CDU-Basis war offen. Die CDU-Spitze hat sehr vehement gesagt: Der CSUler kommt nicht in Frage. Und das ist halt so. Und ich werde von Bayern aus versuchen, für Bayern und für Deutschland Gutes zu bewirken.“

Vergangenheitsbewältigung. So redet Söder über seinen Kampf um die Kanzlerkandidatur zur Bundestagswahl 2021, bei der sich am Ende Laschet gegen ihn durchgesetzt hatte. Die Worte deuten darauf hin, dass Söder diese Niederlage noch nicht verwunden hat. Er präsentiert sich als der Kandidat der Parteimitglieder, auch der CDU („die CDU-Basis war offen“), der in den Gremien („die CDU-Spitze“) aufgrund prinzipieller Vorbehalte („CSUler“) nicht zum Zuge kam.

Dass Söder nun für die Wahl 2025 eine Mitgliederbefragung ins Spiel bringt, zeigt sein Interesse an der Kandidatur. Merz äußerte sich bezüglich einer Mitgliederbefragung kürzlich reserviert.

6 „Wichtig ist, dass die Union geschlossen auftritt mit einer klaren Linie und vor allem auch zeigt, was sie an Lösungsideen hat – und nicht nur sagt, was die anderen falsch machen.“

Eine Spitze gegen Merz, elegant verkleidet („die Union“). Auf gut Deutsch: Die CDU macht zu wenig konstruktive Vorschläge.

7 „Ich arbeite mit ihm super zusammen. Ich finde, er hat auch den richtigen Kompass. Das ist meine persönliche Überzeugung. Er hat Wirtschaftskompetenz, was wir in diesen Zeiten dringend brauchen – gerade in der Alternative zur Ampel, die das völlig vermissen lässt.“


So redet Söder öffentlich über Merz, also den Mann, der CDU und Unionsfraktion führt, Oppositionsführer ist, Kanzler werden will. „Wirtschaftskompetenz“ also bescheinigt Söder Merz, nennt kein anderes Themenfeld. Er verzichtet auf die These, dass Merz Deutschland regieren kann, dass er in allen relevanten Politikfeldern kompetent wäre. Söder weiß: Merz hat nie regiert, weder im Bund noch im Land. 

8 „Die AfD ist keine konservative Gruppe. Die AfD ist eine radikale Partei. Die AfD will raus aus der Europäischen Union.“


Klare Kante gegen die AfD, die in den Umfragen zur Bayern-Wahl bei etwa 13 Prozent liegt (die rechten Freien Wähler werden bei 14 Prozent taxiert). Das hat in Bayern Tradition, die CSU hat sich stets klar nach extrem rechts abgegrenzt, einst schon gegen die rechtsradikalen „Republikaner“. Wie sagte schon Franz Josef Strauß? „Rechts von der CDU/CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben.“  

9 „Die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel/Grundnahrungsmittel auf null – entlastet viele, viele Familien ...“

Willkommen im Wahlkampf. Die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel auf Null zu senken hat Söder schon mehrfach gefordert. Das CSU-Wahlprogramm wirbt weicher „für eine Senkung der Mehrwertsteuer auf alle Lebensmittel und Getränke“.

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