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Gut gelaunt: Markus Söder, CSU-Chef und Ministerpräsident von Bayern mit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Genug gestichelt: Die neue große Harmonie bei CDU und CSU

Nach hässlichen Streitereien in der Union wollen Friedrich Merz und Markus Söder Geschlossenheit demonstrieren. Nur: Wie lange hält das?

Schwamm drüber – so könnte man Friedrich Merz’ Botschaft zusammenfassen. „Wir haben das gesamte Jahr 2021 hinter uns gelassen, das ist Geschichte“, erklärt der CDU-Chef. „Darüber sprechen wir nicht mehr.“ Gemeint ist der Streit zwischen CDU und CSU, die hässlichen Sticheleien, das Gerangel um die Kanzlerkandidatur.

Merz ist zu Gast bei der Klausur der CSU-Landesgruppe in Berlin, steht gemeinsam mit CSU-Chef Markus Söder und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt auf der Bühne. Es ist der erste gemeinsame Auftritt von Söder und Merz, seitdem letzterer zum CDU-Chef gewählt wurde.

„Eine geniale Konstruktion“ – so lobt Merz die gemeinsame Fraktion. Er freue sich auf eine „richtig gute, stabile und auch sehr kollegiale, freundschaftliche Zusammenarbeit“ mit der CSU. Söder beteuert: „Du kannst dich auf uns verlassen.“ So viel öffentliche Harmonie war lange nicht. Nur: Wie lange hält sie an?

Söder stichelte gegen den glücklosen Laschet

Zerreißproben haben CDU und CSU immer wieder erlebt. 2018 etwa, als die Frage der Zurückweisungen an der Grenze fast zum Bruch der Fraktionsgemeinschaft im Bundestag geführt hätte. Anschließend bemühte sich Annegret Kramp-Karrenbauer als CDU-Chefin, das Verhältnis zu kitten – mit Erfolg. Im zurückliegenden Wahljahr erreichte die Stimmung zwischen den Schwesterparteien dann erneut einen Tiefpunkt.

Söder brachte sich als Kanzlerkandidat der Union ins Spiel – ließ aber lange offen, ob er es denn wirklich machen will. Später zog er im Ringen um die Kandidatur den Kürzeren und stichelte fortan gegen den glücklosen Kandidaten Armin Laschet. Forderte etwa „mehr Tempo und mehr Power“ im Wahlkampf. Sich selbst stellte er als den „Antreiber“ dar, gab sich gönnerhaft und zum Teil auch herablassend.

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Doch nun bemüht sich auch die CSU um ein besseres Verhältnis mit der Schwesterpartei und ihrem Vorsitzenden. Beim Online-Parteitag der CDU am vorvergangenen Wochenende erklärte der zugeschaltete Söder: „Es tut uns leid. Und es tut mir leid. Und es muss und wird anders werden.“

Die Machtverhältnisse sind jetzt klar, das ist auf der Klausur zu spüren. Die CSU ordnet sich der größeren Schwesterpartei unter. Der mit 95 Prozent zum CDU-Chef gewählte Merz hat das Sagen. Söder unterstützte Merz auch bei seinem Vorhaben, zusätzlich zum Partei- auch den Fraktionsvorsitz zu übernehmen.

2023 kann für Söder karriereentscheidend sein

Helfen will die CSU der CDU bei den Landtagswahlen im Frühjahr. In NRW, Schleswig-Holstein und im Saarland kämpfen CDU-Ministerpräsidenten um die Wiederwahl. Dass das gelingt, daran hat die CSU ein starkes Eigeninteresse. Denn wenn die CDU schwach ist, drückt das auch auf die Umfragewerte der CSU in Bayern. Und 2023 wird in Bayern gewählt. Für Söder ein Jahr, das karriereentscheidend sein kann.

Derzeit dümpelt die CSU in den Umfragen bei 36 Prozent – für die Christsozialen ist das ein beunruhigender Wert. Söders lange Zeit strenger Coronakurs hat sich zu Hause nicht ausgezahlt und dass er den Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der Union verloren hat, ließ ihn zu Hause nicht als starker Regierungschef dastehen. Wenn es nach der Wahl 2023 nicht mal mehr für die Koalition mit den Freien Wählern reicht, sondern noch ein dritter Bündnispartner benötigt würde, könnte das Söders Karriere beenden.

Mit Kritik an der Ampel spart die CSU nicht

Die CSU bemüht sich bei der Klausur aber auch darum, das eigene Image zu schärfen. Söder und Dobrindt betonten, dass die Partei selbstverständlich auch die Partei der „kleinen Leute“ sei. Man wolle die „Lebensrealität der normalen Leute“ stärker in den Mittelpunkt rücken.

Offenbar ist Fraktionsstratege Dobrindt der Meinung, dass das mit knalliger Sprache besonders gut geht. So sprach er vom „Teuer-Schock“ bei Strom, Sprit, im Supermarkt, prophezeite eine „Teuer-Spirale“ und forderte dann auch noch einen „Teuer-Stopp“ von der Ampel.

Mit Kritik an der Regierung von Olaf Scholz sparen sie bei der CSU nicht. „Ich hätte nicht gedacht, dass innerhalb kürzester Zeit die Ampel so ins Schlingern kommt“, erklärt Söder. Diese habe zu keiner einzigen der zentralen aktuellen Weichenstellungen eine geschlossene Haltung. Dobrindt hält der Ampel-Regierung vor, sie vereine „drei große U’s: Uneinigkeit, Unzuverlässigkeit und Untätigkeit“. Dies gelte für die drei großen Krisen „Preise, Putin, Pandemie“. Söder setzt noch einen drauf und empfiehlt Scholz, dieser solle seine Vorgängerin Angela Merkel zu Rate ziehen.

Doch so markig die Sprüche der CSU-Herren auch sind: Mit den neuen Kräfteverhältnissen müssen sie erst einmal klar kommen – im Bund und in der Union.

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