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Politik: Die SPD zweifelt an der Kompetenz des CDU-Wirtschaftsministers Fürniß

Gewiß, viel kann man über die neue Regierung noch nicht sagen: Sie ist erst vor einer Woche vereidigt worden. Die "Neulinge" unter den Ministern sind gerade dabei, Fuß zu fassen.

Gewiß, viel kann man über die neue Regierung noch nicht sagen: Sie ist erst vor einer Woche vereidigt worden. Die "Neulinge" unter den Ministern sind gerade dabei, Fuß zu fassen. Doch scheinen Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und Justizminister Kurt Schelter (CSU) um frischen Wind bemüht: Schönbohm reagierte auf die Nachricht, dass vier junge Kommissare rechtsradikale Parolen gebrüllt haben sollen, sofort: Er diskutiert heute mit jungen Polizisten über den Rechtsextremismus und will sich an der Fachhochschule der Polizei in Basdorf über die politische Bildung informieren. Schelter suchte Montagabend unangemeldet die durch die Serow-Flucht in die Schlagzeilen geratene JVA Potsdam auf. Das ist neuer Stil.

Allerdings wird in Koalitionskreisen bedauert, dass das öffentliche Bild der neuen Regierung durch die "Fürniß-Affäre" getrübt werde. Offiziell halten sich die Koalitionäre zurück. Sowohl CDU- wie auch SPD-Politiker bemühen sich, den Fauxpas von Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß, der womöglich einen amerikanischen Honorarprofessor-Titel zu Unrecht in Deutschland führte und auch sonst etwas leichtfertig mit Bezeichnungen umging, herunterzuspielen. "Alle Politiker sind eben eitel."

Doch registrieren Koalitionspolitiker mit einiger Sorge, dass es inzwischen nicht mehr nur um die Frage gehe, ob Fürniß den Titel benutzen durfte, sondern auch um seine Kompetenz. "Er ist nicht der Mann mit blendenden Kontakten zu internationalen Unternehmen, wie Schönbohm versprochen hat", heißt es in der SPD. "Merkwürdig" sei, dass die SAP-AG sich von ihrem "Generalbevollmächtigten" Anfang des Jahres getrennt habe. Auch als Unternehmensberater habe er wenig Erfolg verbuchen können, warum sonst spare er in seinem Lebenslauf die letzte berufliche Etappe aus, wird gefragt.

Hinter vorgehaltener Hand machen Sozialdemokraten keinen Hehl daraus, dass Schönbohm bei Fürniß "Opfer der eigenen Spontaneität" geworden sei. Daran könnte etwas sein: Schönbohm lernte den Ex-Beamten der baden-württembergischen Landesregierung und späteren Oberbürgermeister der Kreisstadt Wiesloch vor einem drei Viertel Jahr bei einem Essen mit Ex-EU-Kommissar Bangemann kennen. Damals bot sich Fürniß selbst an: "Wenn Sie jemanden brauchen, stehe ich zur Verfügung." Schönbohm hatte das bald wieder vergessen, doch bekam er, der ursprünglich selbst das Wirtschaftressort übernehmen wollte, nach dem Wahlsieg einen Anruf von Fürniß, der sich selbst in Erinnerung brachte. Schönbohm sprach dann zweimal ausführlich mit Fürniß und fragte auch bei Roman Herzog an, für den der Kurpfälzer einst tätig war. "Ich habe nur Gutes gehört."

Schönbohm steht nach wie vor hinter seinem Mann - was bleibt ihm sonst auch übrig. Aber er sei, sagen Parteifreunde, ziemlich frustriert. Der CDU-Chef selbst sagt nur: "Ich wäre froh, wenn uns diese Diskussion erspart geblieben wäre." In Koalitionskreisen glaubt man, dass sie noch einen anderen unerwünschten Nebeneffekt haben könnte: "Sie nährt das alte Vorurteil von den aufgeblasenen Wessis." Schönbohm hofft, dass sich alles wieder beruhigen werde, wenn Fürniß die ersten fünf Unternehmen nach Brandenburg geholt habe. So steht der Wirtschaftsminister, das ist sicher, wie kein anderer unter Erfolgsdruck.

Michael Mara

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