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Ein US-Kampfflugzeug hebt von einem Flugzeugträger ab.

© REUTERS/U.S. Navy

Mögliche US-Intervention: In Syrien bahnt sich eine neue Katastrophe an

"Die Raketen werden kommen", droht US-Präsident Trump: In Syrien stehen sich zwei atomare Supermächte gegenüber. Keine Seite will ihr Gesicht verlieren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Es ist die erste Interventionserklärung per Twitter, geschrieben vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, adressiert an Russland. Der Text ist kurz und aggressiv. Moskau habe angekündigt, alle Raketen abzuschießen, die auf Syrien abgefeuert würden, twitterte Donald Trump – und ergänzte: „Mach‘ dich bereit, Russland, denn sie werden kommen, hübsch und neu und ,intelligent‘.“

Zwei atomar hochgerüstete Supermächte bedrohen einander. Keine will ihr Gesicht verlieren. Erinnerungen an die heißesten Phasen des Kalten Krieges schieben sich ins Bewusstsein, Berlin-Blockade, Kuba-Krise. Wie lang ist das her! Doch wie unheimlich vertraut sind die damit verbundenen Gefühle.

Trump macht den syrischen Diktator Baschar al-Assad für einen Giftgasangriff auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Duma verantwortlich. Im Netz kursieren grauenhafte Bilder von vergifteten Kindern. Assad hat schon oft chemische Waffen eingesetzt. Syrien und dessen selbst erklärte Schutzmacht Russland streiten alles ab und sprechen von einem inszenierten Vorfall. Im UN-Sicherheitsrat blockieren sich die USA und Russland gegenseitig.

Die Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) will Experten nach Duma schicken, um den Vorfall zu untersuchen. Das kann dauern. Unklar ist, ob die OPCW auch den Verursacher nennt. Werden die USA, Großbritannien und Frankreich mit einer Militäraktion so lange warten, bis die Fakten auf dem Tisch liegen?

In den USA ist derweil eine Debatte über die rechtlichen Grundlagen für ein mögliches militärisches Eingreifen in Syrien entbrannt. Die Republikaner, oh Wunder, unterstützen mehrheitlich ihren Präsidenten, viele Demokraten dagegen wittern einen Gesetzesbruch. Das Völkerrecht kennt zwar eine Schutzpflicht für bedrohte Menschen, aber das Ziel der Bestrafung eines Despoten, zumal ohne UN-Mandat, für mutmaßlich von ihm angeordnete Verbrechen, lässt sich nur schwer legitimieren.

In Europa geben Frankreich und Großbritannien weiterhin den Ton an

Regierungen müssen ihre Maßnahmen erklären und begründen. Der Bürger hat ein Recht darauf. Vertrauen ist die Grundlage jeder funktionierenden Demokratie. Das gilt zu allererst für den Einsatz von Militär. Nicht nur, weil ein solcher die Souveränitätsrechte anderer Staaten berührt, sondern auch, weil Teile der eigenen Bevölkerung einem erheblichen Risiko ausgesetzt werden. Deshalb stimmt in Deutschland das Parlament über jeden Militäreinsatz ab. Das garantiert ein hohes Maß an Transparenz.

Bundeskanzlerin Angela Merkel beteuert, „sehr schwere Indizien“ für eine Verantwortung der syrischen Regierung für den Chemiewaffeneinsatz zu haben. Welche das sind, sagt sie nicht. Auch zu einer möglichen Militäraktion schweigt sie sich derzeit noch aus. Das klingt nicht nach neuer Führungsrolle Deutschlands in Europa. Wenn’s hart auf hart kommt, geben weiterhin Frankreich und Großbritannien den Ton an.

In Syrien bahnt sich erneut eine Katastrophe an. Russland und Amerika sind auf Konfrontationskurs. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mischt ebenso mit wie Großbritannien. Israel hat Stellungen der vom Iran unterstützen Hisbollah-Miliz ins Visier genommen, der Iran kündigt Vergeltung an, für den Fall droht Israel mit einem direkten Angriff auf Assad. In dieser Lage ist ein Höchstmaß an Transparenz das Mindeste, was die Bürger des freien Westens von ihren Regierungen fordern müssen. Zeigt her, was Ihr wisst!

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