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25.06.2023, Thüringen, Sonneberg: Robert Sesselmann (AfD) steht im Graten des Restaurants Frankenbaude bei der AfD-Wahlparty.

© dpa/Martin Schutt

Update

Wahl in Sonneberg: Robert Sesselmann wird als erster AfD-Politiker in Deutschland Landrat

Der 50-jährige AfD-Mann schlug den CDU-Kandidaten in einer Stichwahl deutlich. Somit ist er der erste AfD-Landrat Deutschlands. Thüringens AfD-Chef Höcke sagt derweil ein „politisches Erdbeben“ vorher.

| Update:

Bundesweit im Umfragehoch und jetzt auch mit einem zählbaren Wahlerfolg: Im thüringischen Sonneberg ist erstmals in Deutschland ein Politiker der Rechtspartei AfD zum Landrat gewählt worden. Am Sonntag erhielt der AfD-Kandidat Robert Sesselmann, ein AfD-Landtagsabgeordneter, in der Stichwahl nach Auszählung aller 69 Stimmbezirke 52,8 Prozent der Stimmen.

Der CDU-Gegenkandidat Jürgen Köpper kam auf 47,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben des Statistischen Landesamtes bei 58,2 Prozent. Bereits in der ersten Runde der Wahl hatte Sesselmann fast 47 Prozent der Stimmen erzielt. Danach riefen auch SPD, Grünen und Linken zur Wahl des CDU-Kandidaten Köpper auf.

Die AfD befindet sich seit Wochen auch in Bund auf einem Höhenflug in den Umfragen und ist dort meist zweitstärkste Kraft hinter der Union. Alle anderen Parteien schließen eine Koalition mit der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuften Partei ab. 

Bislang hatte die AfD trotz mehrmaliger Anläufe noch kein kommunales Spitzenamt wie einen Landrat oder einen Oberbürgermeister gestellt. Zuletzt unterlag ein AfD-Kandidat bei der Oberbürgermeisterwahl in Schwerin, der Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns. 

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Bodo Ramelow deutet AfD-Wahlsieg als „Signal der Unzufriedenheit“

Im Landkreis Sonneberg ging es um einen Landrat in einem Landstrich mit wenig Menschen - gerade einmal 57 000 Einwohner und 48 000 Wahlberechtigte hat der Landkreis im Thüringer Wald direkt an der Grenze zu Bayern. Aber die AfD hat nach eigener Lesart Geschichte geschrieben.

Bodo Ramelow (Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen, während der Sitzung des Thüringer Landtags.

© dpa/Martin Schutt

Das Ergebnis zeigt: Mehrheiten für die systemkritische Protestpartei sind möglich - und das in Thüringen, wo der Landesverband mit seinem Chef Höcke vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft und beobachtet wird. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) bezeichnete den AfD-Wahlerfolg als Signal der Unzufriedenheit. „Ich glaube, wir müssen den Geist der deutschen Einheit neu definieren, dass wir die Ostdeutschen mitnehmen und nicht das Gefühl auslösen, dass über sie gelacht wird oder über sie nur geredet wird“, sagte Ramelow am Sonntagabend im ZDF. 

Der ehemalige Landrat Hans-Peter Schmitz (parteilos) war aufgrund einer langwierigen Erkrankung in den Ruhestand versetzt worden. Der AfD-Abgeordnete Robert Sesselmann hatte in der ersten Runde die meisten Stimmen erhalten.

CDU-Kandidat gibt sich enttäuscht

Der bei der Landratswahl in Sonneberg unterlegene CDU-Kandidat Jürgen Köpper hat den Wahlausgang als „enttäuschend“ bezeichnet und sprach von einem schlechten Tag für den Landkreis Sonneberg und Thüringen.

Jürgen Köpper (CDU) wählt im Wahllokal in der Meng-Hämm-Arena für die Stichwahl des Landrats im Landkreis Sonneberg.

© dpa/Martin Schutt

„Trotz einer höchst engagierten Arbeit von unzähligen Wahlhelfern haben die Sonneberger heute anders entschieden“, sagte er laut einer Mitteilung vom Sonntagabend. Am Ende sei auch der Wahlkampf durch die schlechte Politik der Bundesregierung überlagert worden. 

Thüringer AfD-Chef Höcke sagt „politisches Erdbeben“ im Osten voraus

Thüringens AfD-Chef Björn Höcke sieht im Wahlsieg des AfD-Politikers Robert Sesselmann bei der Landratswahl im Landkreis Sonneberg den Auftakt für mehr Erfolge bei Kommunal- und Landtagswahlen. Höcke sagte am Sonntag bei der AfD-Wahlparty, von Sonneberg gehe ein „politisches Wetterleuchten“ aus.

Björn Höcke, Vorsitzender der AfD Thüringen (l) und Tino Chrupalla, AfD-Bundesvorsitzender (r) gratulieren im Garten des Restaurants Frankenbaude dem Wahlsieger des Thüringer Kreis Sonneberg, Robert Sesselmann (AfD,M).

© dpa/Martin Schutt

Man wolle diesen Schwung mitnehmen für die kommenden Landratswahlen. „Und dann bereiten wir uns für die Landtagswahlen im Osten vor, wo wir dann wirklich ein politisches Erdbeben erzeugen können.“ Kommendes Jahr werden die Landtage in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gewählt. Höcke sagte, die AfD befinde sich in einer positiven Dynamik.

AfD-Bundeschef Tino Chrupalla hat den Wahlsieg seiner Partei im thüringischen Landkreis Sonneberg bejubelt. „Das war erst der Anfang“, schrieb Chrupalla am Sonntagabend auf Twitter. „Wir überzeugen Mehrheiten mit unserer Politik für die Interessen der Bürger. So werden wir für Deutschland die Wende zum Guten erreichen.“

„Das ist erst der Anfang“, erklärte Bundeschefin Alice Weidel am Sonntag. Der Wahlsieger Robert Sesselmann habe „Geschichte geschrieben“.

Zentralrat der Juden „zutiest beunruhigt“

Der Zentralrat der Juden zeigt sich tief erschüttert vom Wahlerfolg der rechtspopulistischen AfD im thüringischen Landkreis Sonneberg. „Um es klar zu sagen: Nicht jeder der AfD-Wähler hat eine rechtsextreme Gesinnung“, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster nach Angaben der „Jüdischen Allgemeinen“.

„Aber die Partei, deren Kandidaten sie gewählt haben, ist laut Landesverfassungsschutz rechtsextrem.“ Dass so viele Menschen dem zustimmen, beunruhige ihn zutiefst, meinte Schuster. „Das ist ein Dammbruch, den die demokratischen politischen Kräfte in diesem Land nicht einfach hinnehmen dürfen.“ 

Grünen-Parteivorsitzende Ricarda Lang:„Warnung an alle demokratischen Kräfte“

Die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang hat das Ergebnis der Landratswahl in Sonneberg als „bestürzend“ bezeichnet. „Und es ist eine Warnung an alle demokratischen Kräfte: Spätestens jetzt ist die Zeit, wo - bei allem Streit in der Sache - alle demokratischen Kräfte zusammen die Demokratie verteidigen müssen“, schrieb sie am Sonntagabend auf Twitter.

Die AfD füttere bewusst Ängste und schüre auf dieser Basis Hass. „Sie hat kein Interesse daran, dass es dem Land gut geht. Wir müssen besser darin werden, in Zeiten der Veränderung Sicherheit, gerade auch in sozialen und wirtschaftlichen Fragen, zu geben.“ (Agenturen)

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