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Lisa Paus plant eine neue Behörde für die Auszahlung der Kindergrundsicherung des Kita-Qualitätsgesetzes.

© dpa/Britta Pedersen

Eine Ministerin von vorgestern: Lisa Paus hantiert mit aberwitzigen Ziffern, statt Konzepte vorzulegen

Familienministerin Paus will eine 5000-Mitarbeiter-Behörde schaffen, um die Kindergrundsicherung auszuzahlen. Es scheint, als seien Ukraine-Krieg und Zeitenwende völlig an ihr vorbeigegangen. 

Ein Kommentar von Daniel Friedrich Sturm

Mit dem Ruf nach einer neuen Behörde mit 5000 Stellen fügt Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) der schon jetzt quälend langen Geschichte von der Kindergrundsicherung ein weiteres Kapitel hinzu. Einen Mangel an Kreativität darf man Paus dabei nicht unterstellen, begründet sie doch ihren Wunsch nach einer weiteren Mammut-Verwaltung mit dem Ansinnen einer „Bürokratieentlastung für die Bürger“. Kein Aprilscherz!

Vor bald einem Jahr sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) über die Kindergrundsicherung: „Das wird bald etwas werden.“ Von wegen. Die Familienministerin ist geübt darin, das sinnvolle Projekt einer gebündelten Kindergrundsicherung zu verzögern, zu verschleppen. „Wir wollen Familien stärken und mehr Kinder aus der Armut holen. Dafür führen wir eine Kindergrundsicherung ein.“ So haben es SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag 2021 verabredet. Gemeinsam wollte die Ampel der Kinderarmut begegnen.

Wer nach den Gründen für den Dauerstreit um die Kindergrundsicherung sucht, landet unweigerlich bei Lisa Paus.

Geradezu fahrlässig hat sie das Thema Kindergrundsicherung von Anfang an aufgegleist. Statt konkrete Ziele zu definieren, statt einen Gesetzesentwurf vorzulegen, blies sie hinsichtlich zusätzlicher Kosten zunächst die Fantasiezahl von 12 Milliarden Euro in die Luft. Dann forderte sie nur noch „zwei bis sieben Milliarden Euro“ mehr Geld. Im Sommer 2023 verständigte sie sich mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf 2,4 Milliarden Euro für das Jahr 2025.

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Paus hat, das zeigt sich jetzt mit ihren neuen, fabelhaften 5000 Stellen, ein Faible für Zahlen, nein Ziffern. Ihr Faible für Argumente und Begründungen ist ausbaufähig. Über Monate blieb sie der Öffentlichkeit Antworten schuldig: Was kostet was? Wie hoch sollen die Regelsätze werden?

Die Bundesregierung ist sich einig darin, den Förder-Dschungel lichten zu wollen. Dass Paus just für dieses Ansinnen aber eine weitere Mammut-Behörde mit 5000 Mitarbeitern (wo sollen eigentlich all diese geeigneten Fachkräfte herkommen?) einfordert, macht die Sache angreifbar. Ihrer Philosophie nach gibt es bei Sozialleistungen eine „Bringschuld des Staates“.

Mit dieser Haltung, mit dem Signalwort „Behörde“ und der Zahl 5000 macht es die Ministerin der FDP im Grunde unmöglich, der Sache zuzustimmen. Für die Kindergrundsicherung, bemängelt die FDP, liege „bis heute leider kein funktionierendes Konzept vor“. Lindner will keine zusätzliche Bürokratie, während SPD und Grüne weitere soziale Wohltaten über dem Land ausschütten wollen. Gut, dass die FDP da bremst. Vielleicht ist Scholz den Liberalen insgeheim dankbar.

Kann es nicht vielleicht auch sein, dass eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag, also aus Vorkriegszeiten, in der gegenwärtigen Lage obsolet geworden ist? Vizekanzler Robert Habeck, ein Parteifreund von Paus, hat zu Ostern in einer eindringlichen Videobotschaft angesichts des russischen Krieges gegen die Ukraine erklärt: „Wir müssen uns auf die Bedrohungslage einstellen. Alles andere wäre naiv.“ Habeck fordert Prioritäten ein. Deutschland müsse mehr in die eigene Sicherheit investieren, sagt er: „Wir, Deutschland, die EU, wir müssen uns schützen rundum, auch vor militärischen Angriffen.“ 

Kanzler Scholz sieht das ganz ähnlich, sagt schon lange: „Priorität hat die Sicherheit.“ Der Verteidigungsetat steigt. Leider agiert Paus so, wie es in der Ampel-Koalition üblich ist. Diese Regierung nämlich schweigt, wo sie sparen will, was also künftig weniger wichtig werden soll.

Stattdessen rufen weite Teile der Koalition nach mehr Geld, geben Versprechen. Das weckt Erwartungen und wird unweigerlich zu Enttäuschungen führen. Besser wäre es, machte diese Koalition sich ehrlich, zeigte Spar- und Umschichtungswillen.

Lisa Paus hat allen Grund zu fürchten, dass einige ihrer Tausenden Förderprojekte von Sparnotwendigkeiten bedroht sind. Für das Großprojekt Kindergrundsicherung müsste sie in diesen Zeiten eigentlich gerade richtig kämpfen, mit Konzept und Pragmatismus. Paus aber hantiert mit aberwitzigen Ziffern und einem Etatismus von vorgestern, der Widerstände gegen das Projekt erst weckt.

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