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Eine Frau steht in vor einer Informationstafel im Eingangsbereich der Jugendberufsagentur Berlin.

© picture alliance/dpa/Carsten Koall

Update

Maßnahme gegen Jobverweigerer: Knapp 16.000 Menschen wurde 2023 das Bürgergeld gekürzt

Wer eine Arbeitsstelle nicht annimmt, kann bestraft werden. Einem Bericht zufolge wurden Sanktionen relativ selten verhängt. Ein Sozialverband kritisiert die Ampel für „Showpolitik“.

Das Bürgergeld ist umstritten – das gilt auch für Maßnahmen, die verhängt werden können, wenn Menschen sich weigern, ein Arbeits- oder Weiterbildungsangebot oder einen Ausbildungsplatz nicht anzunehmen. Sie können sanktioniert werden.

Einem Medienbericht zufolge haben die Jobcenter deshalb im vergangenen Jahr knapp 15.777 Bürgergeldempfängern den Regelsatz gekürzt. Das berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf eine Auswertung der Bundesagentur für Arbeit (BA).

Insgesamt seien 222.476 Bürgergeldbezieher bestraft worden, heißt es in dem Bericht weiter. Das entspricht einem Anstieg von 77.520 Fällen gegenüber dem Vorjahr, wie die Agentur dpa unter Berufung auf die BA-Statistik schreibt.

Der Großteil (84,5 Prozent) gehe nach BA-Angaben aber auf Terminversäumnisse zurück. Die Sanktionen der Jobcenter erfolgen dabei schrittweise: Bei wiederholten Verstößen gleich welcher Art wird das Bürgergeld um bis zu 30 Prozent gekürzt.

Die allermeisten Menschen wollen arbeiten.  Es gibt nur einige wenige Bürgergeld-Beziehende, die zumutbare Arbeitsaufnahmen beharrlich verweigern.

Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf seiner Homepage

Rund 5,5 Millionen Menschen in Deutschland erhalten Bürgergeld, davon gelten 3,9 Millionen als erwerbsfähig. Die BA weist der dpa zufolge darauf hin, dass folglich etwa 2,6 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Jahr 2023 von mindestens einer Kürzung betroffen waren. „Damit kommen 97 von 100 Menschen mit Leistungsminderungen nicht in Berührung“, heißt es.

Wie die BA demnach weiter erläutert, ist die Zahl der Leistungskürzungen zwar zuletzt wieder etwas gestiegen. Im Vergleich zu den Zeiten vor der Corona-Pandemie sei sie jedoch auf einem recht niedrigen Niveau. 2019 hatte das Jobcenter noch knapp 807.000 Kürzungen verhängt.

Die deutliche Differenz zum vergangenen Jahr ist der BA zufolge vor allem darauf zurückzuführen, dass mit der Einführung des Bürgergelds zum 1. Januar 2023 die Sanktionsmöglichkeiten spürbar eingeschränkt wurden – ein Punkt, der immer wieder für heftige Kritik am neuen System sorgt. 

Ampelkoalition hatte Regeln beim Bürgergeld verschärft

Das Kabinett der Ampelkoalition hatte im Januar grünes Licht für Verschärfungen beim Bürgergeld gegeben. So sollen Jobcenter Arbeitslosen das Bürgergeld für maximal zwei Monate komplett streichen können, wenn die Betroffenen eine Arbeitsaufnahme nachhaltig verweigern. Da die BA-Daten aus dem Dezember stammen, basieren die Leistungsminderungen auf der alten Gesetzeslage.

Wahrscheinlich wird auf Basis der neuen Gesetzeslage aber bei weniger Menschen der Regelsatz komplett gekürzt. „Die Grenzen sind wesentlich enger“, sagte ein BA-Sprecher dem RND über die Anwendung der Sanktionsverschärfung.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales schreibt auf seiner Webseite, die Lebensumstände der Bürgergeld-Empfänger seien vielfältig. Viele pflegten Angehörige, besuchten Sprachkurse, holten eine Ausbildung nach, seien alleinerziehend oder chronisch erkrankt.

Die Praxis, so das Ministerium weiter, zeige: „Die allermeisten Menschen wollen arbeiten. Es gibt nur einige wenige Bürgergeld-Beziehende, die zumutbare Arbeitsaufnahmen beharrlich verweigern und somit bewusst ihre Hilfebedürftigkeit aufrechterhalten bzw. nicht verringern.“

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, kritisierte die „Showpolitik“ der Ampel.

Sie wolle Arbeiter gegen Arbeitende ausspielen, sagte der Sozialverbandschef dem RND. „Die Zahlen zeigen: Es gibt so gut wie gar keine Totalverweigerer.“ (lem)

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