zum Hauptinhalt
 Bundeskanzler Olaf Scholz (M, SPD), Stephan Weil (l, SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, und Hendrik Wüst (r, CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, äußern sich bei einer Pressekonferenz nach den Beratungen.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Update

„Du willst uns hier über den Tisch ziehen“: Keine Einigung und viel Enttäuschung nach Bund-Länder-Runde zur Energiekrise

Beim Streit um die Finanzierung der Entlastungspakete gibt es noch kein Ergebnis. Mehrere Ministerpräsidenten zeigten sich hinterher unzufrieden. Kritik kommt auch aus der Union.

| Update:

Die Finanzierung von Milliarden-Entlastungen bei den Energiekosten für Verbraucher und Unternehmen bleibt zwischen Bund und Ländern umstritten. Ein mehrstündiges Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder im Kanzleramt brachte am Dienstagabend keine Einigung.

Bundeskanzler Olaf Scholz betont, mit den drei Entlastungspaketen und dem jüngsten „Doppel-Wumms“ habe die Bundesregierung insgesamt bis zu 295 Milliarden Euro zur Linderung der Krise eingeplant. Davon werde der Bund 240 bis 250 Milliarden Euro tragen, sagt Scholz nach Beratungen mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer.

Wieviel genau die Länder von den Lasten zu tragen haben, ist aber noch unklar. Die Beratungen dazu seien noch „nicht abgeschlossen, aber auf konstruktivem Pfad“, sagt Scholz.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

„Noch längst nicht am Ziel“

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) zeigte sich indes enttäuscht. Man sei nur wenige Schritte vorangekommen und „noch längst nicht am Ziel“. Aus Sicht vieler Länder seien die Ergebnisse zu wenig. Es seien „eine ganze Menge Fragen offen“, die die Bundesregierung beantworten müsse.

Von dem Treffen habe er sich zumindest einen Korridor für die Höhe der Entlastung durch die geplante Gaspreisbremse erhofft. Scholz dagegen verwies auf die Gaskommission, die dafür einen Vorschlag ausarbeite, der in der nächsten Woche vorliegen solle.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz sagte, die notwendigen Entscheidungen fielen spätestens Ende Oktober oder Anfang November. Am 27. Oktober liege das Ergebnis der Steuerschätzung für das laufende Jahr und die nächsten Jahre vor. „Das waren sehr konstruktive Beratungen“, sagte Weil.

Man habe sehr gut und konstruktiv beraten, sagt Scholz. „Wir werden die Energieversorgung für Deutschland wohl gewährleisten können“, wiederholt der Kanzler frühere Formulierungen. Eine Strom- und eine Gaspreisbremse würden dazu beitragen, die Energiepreise zu senken.

Wie der „Spiegel“ berichtet, sollen Scholz und die Länderchefs an etlichen Punkten aber heftig aneinandergeraten. Die Länderchefs hätten neben der Gas- und Strompreisbremse weitere Hilfen gefordert – unter anderem für Industrie, Handwerker und Krankenhäuser. Damit soll der Kanzler nicht einverstanden gewesen sein. Der „Spiegel“ zitiert Scholz mit den Worten: Das sei alles so „noch was, noch was – wie auf’m Fischmarkt“. Und weiter: „Dabei haben wir schon rund 300 Milliarden auf den Tisch gelegt.“

Auch beim Thema öffentlicher Nahverkehr soll es zu Unstimmigkeiten gekommen sein.  Dem Bericht zufolge soll sich Bodo Ramelow, Ministerpräsident von Thüringen, beschwert haben: „Olaf, ich möchte nicht, dass du das Gefühl hast, dass wir dich über den Tisch ziehen. Aber leider habe ich inzwischen das Gefühl: Du willst uns hier über den Tisch ziehen.“

Ministerpräsident Winfried Kretschmann enttäuscht über das Treffen

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeigte sich ähnlich wie Wüst enttäuscht von den Ergebnissen der Bund-Länder-Runde mit Kanzler Olaf Scholz (SPD). „Ich hätte gehofft, dass wir einen Knopf dran machen, das ist leider nicht erfolgt“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in der US-Stadt Pittsburgh. Die Länder lägen mit dem Bund in einzelnen Fragen zu weit auseinander.

So habe man sich nicht einigen können bei der Frage eines „Billigtickets“ für den Nahverkehr, sagte Kretschmann. Es mache keinen Sinn, ein billiges Ticket einführen, wenn die Länder gleichzeitig Züge abbestellen müssten, weil sie keine sogenannten Regionalisierungsmittel vom Bund bekämen. Nächste Woche werde geklärt, ob da eine Einigung komme. Bis Ende des Monats soll zudem geklärt werden, wie sich der Bund an den Flüchtlingskosten beteilige.

Winfried Kretschmann (rechts, Bündnis 90/Die Grünen) und der Chef der Staatskanzlei, Florian Stegmann, nehmen online an der Bund-Länder-Schalte teil.

© Foto: dpa/Caroline Blarr

Kretschmann sagte, man habe sich geeinigt, dass es zu einer spürbaren Senkung des Gaspreises kommen werde. Die Strompreise würden dem nachfolgen. Einigkeit sei da gewesen, dass Unternehmen, Institutionen und Bürger spürbar entlastet würden. Über andere Dinge habe man sich aber noch nicht einigen können, weil die Ausgestaltung der Gaspreisbremse davon abhänge, ob weitergehende Hilfen etwa für Unternehmen oder Krankenhäuser nötig seien.

Das müsse danach zügig geklärt werden. Kretschmann nannte als zentrale Konfliktpunkte Geld für Krankenhäuser, Wohngeld und die Übernahme von Flüchtlingskosten.

Die Union macht die Bundesregierung und Kanzler Olaf Scholz (SPD) für die fehlende Einigung von Bund und Ländern bei der Finanzierung von Entlastungen verantwortlich. CDU-Chef Friedrich Merz sprach in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwoch) von einem „Abend der verpassten Chancen, der die Bürgerinnen und Bürger verunsichert zurücklässt“.

„Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Stephan Weil, und Bundeskanzler Olaf Scholz sind alleine verantwortlich, dass es keine Ergebnisse gibt“, sagte Merz mit Blick auf beide SPD-Politiker. Weil ist Regierungschef von Niedersachsen, am Sonntag findet dort die Landtagswahlen statt.

Der Grünen-Politiker befindet sich derzeit auf einer Delegationsreise in den USA und hat sich digital an der Bund-Länder-Runde aus Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania zuschalten lassen. Er hatte in den vergangenen Wochen immer wieder auf mehr Geld vom Bund gepocht - unter anderem für den Schienen-Nahverkehr der Länder. (Tsp/dpa/Reuters)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false