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CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und die stellvertretenden Vorsitzenden der Programm- und Grundsatzkommission, Serap Güler und Mario Voigt.

© dpa/Michael Kappeler

Update

Grundsatzprogramm soll Begriff „Leitkultur“ enthalten: CDU strebt radikale Asylreform mit Drittstaatenlösung an

Die Partei lotet ihre Eckpunkte neu aus, ein Topthema ist Migration. Mit einem Credo der Merkel-Ära wird gebrochen. Generalsekretär Linnemann zufolge ist die CDU „wieder regierungsfähig“.

| Update:

Die CDU steuert einen radikalen Systemwechsel in der Asylpolitik, Bekenntnisse zu einer deutschen Leitkultur und zur Atomkraft sowie Reformen in der Renten- und Arbeitsmarktpolitik an. Das geht aus dem ersten Entwurf für das neue CDU-Grundsatzprogramm hervor, der am Montag den Spitzengremien der Partei vorgelegt wurde.

Am Nachmittag stellte der Chef der CDU-Grundsatzkommission, Generalsekretär Carsten Linnemann, den 72 Seiten starken Entwurf mit dem Titel „In Freiheit leben. Deutschland sicher in die Zukunft führen“ vor.

Mit dem Grundsatzprogramm will die CDU inhaltliche Grundlagen für einen Machtwechsel legen, wie Linnemann erklärte. „Wir sind wieder regierungsfähig“, sagte er. Die aktuelle Bundesregierung sei am Ende.

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„Das christliche Menschenbild ist unsere Richtschnur für Politik“, sagte Linnemann weiter. Demnach nehme die Partei „die Menschen, wie sie sind“. Zugleich spricht sich die Kommission für eine Verschärfung der Migrations- und Arbeitsmarktpolitik aus.

Neue Migrationspolitik mit Konzept der sicheren Drittstaaten

Jeder, der in Europa Asyl beantragt, soll nach dem Entwurf in einen sicheren Drittstaat überführt werden und dort ein Verfahren durchlaufen. „Im Falle eines positiven Ausgangs wird der sichere Drittstaat dem Antragsteller vor Ort Schutz gewähren.“

Der Entwurf sieht vor, dass nach einem erfolgreich vereinbarten Migrationsabkommen mit Drittländern „eine Koalition der Willigen innerhalb der EU jährlich ein Kontingent schutzbedürftiger Menschen aus dem Ausland aufnimmt und auf die Koalitionäre verteilt“.

Die Anforderungen an sichere Drittstaaten seien „auf den Kern der Verpflichtungen der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu beziehen“. Beide würde nicht das Recht beinhalten, sich das Land des Schutzes frei auszusuchen.

Deutliche Worte zur Leitkultur

„Alle, die hier leben wollen, müssen unsere Leitkultur ohne Wenn und Aber anerkennen.“ Dazu gehörten die Achtung der Würde jedes Menschen, der Grund- und Menschenrechte, des Rechtsstaats, des Respekts und der Toleranz „sowie die Anerkennung des Existenzrechts Israels. „Nur wer sich zu unserer Leitkultur bekennt, kann sich integrieren und deutscher Staatsbürger werden.“

Der Kampf gelte denen, die Hass und Gewalt schürten und eine islamistische Ordnung anstrebten. „Die Scharia gehört nicht zu Deutschland.“ Im Entwurf heißt es: „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland.“

Dies stellt eine Abkehr von der bisher verlautbarten Linie ehemaliger CDU-Spitzenpolitiker wie Ex-Kanzlerin Angela Merkel, Ex-Innenminister Wolfgang Schäuble und Ex-Bundespräsident Christian Wulff dar, die einst den Islam insgesamt als Teil von Deutschland bezeichnet hatten.

Am vergangenen Donnerstag hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit Blick auf die Sicherheitslage erklärt, die Gefahr einer weiteren Radikalisierung islamistischer Straftäter sei mit Blick auf der Krieg in Gaza groß.

Bei besonderen Bedrohungslagen, in denen nur die Bundeswehr über spezifische Fähigkeiten zur Gefahrenabwehr verfüge, müsse sie auch im Inland eingesetzt werden dürfen, so die CDU-Kommission. Die gravierenden Fähigkeitslücken der Bundeswehr müssten innerhalb von zehn Jahren geschlossen werden.

Steuerrecht soll reformiert werden

Kleine und mittlere Einkommen sollten entlastet und arbeitende Rentner steuerlich bessergestellt werden. „Wer Sozialleistung erhält und arbeiten kann, soll arbeiten.“ Wer mehr arbeiten wolle als bisher, solle dazu attraktive Rahmenbedingungen vorfinden. „Deshalb wollen wir Überstunden bei Vollzeitbeschäftigung steuerfrei stellen.“

Parteichef Merz und Generalsekretär Linnemann bei einem Termin zur Mitgliederumfrage zum Grundsatzprogramm der CDU im April.
Parteichef Merz und Generalsekretär Linnemann bei einem Termin zur Mitgliederumfrage zum Grundsatzprogramm der CDU im April.

© dpa/Michael Kappeler/Archiv

Wenn die Rente finanzierbar gehalten werden solle, „spricht viel dafür, dass die Lebensarbeitszeit für diejenigen, die arbeiten können, steigen muss, und folglich die Regelaltersgrenze an die Lebenserwartung gekoppelt wird“.

Für alle solle eine verpflichtende kapitalgedeckte Altersvorsorge eingeführt werden - für Menschen mit geringem Einkommen seien staatliche Zuschüsse nötig. Um Arbeit im Alter attraktiv zu machen, solle eine „Aktivrente“ eingeführt werden.

Wer nach dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters freiwillig weiterarbeiten wolle, solle sein Gehalt bis zu einem bestimmten Betrag steuerfrei bekommen.

Plädoyer gegen Schattenhaushalte

Solide Finanzen seien ein Gebot der Generationengerechtigkeit - „die Garantie dafür ist die Schuldenbremse“. Schattenhaushalte wie schuldenfinanzierte Sondervermögen würden grundsätzlich abgelehnt, da sie die Einhaltung der Prinzipien der Haushaltswahrheit und -klarheit erschwerten.

Schuldenfinanzierte Sondervermögen „dürfen nur in äußersten Ausnahmefällen eingerichtet und später nicht für andere Zwecke umgewidmet werden“.

Gegen „Gender-Zwang“ und Kernkraftverzicht

Statt mit Kohle wolle man in der nächsten Dekade mit Gaskraftwerken die bisher fehlende Möglichkeit der langfristigen Speicherung der erneuerbaren Energien und die erforderlichen Grundlasten sichern. Die CDU betont: „Deutschland kann zurzeit nicht auf die Option Kernkraft verzichten.“

Der Entwurf sieht zudem ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für alle Schulabgänger auf Grundlage einer einheitlichen Regelung vor. Dies sei „eine große Chance, den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu stärken“. Jedes Kind solle im Alter von vier Jahren einen einheitlichen und verpflichtenden Sprachtest machen.

Die CDU sei für eine geschlechtergerechte Sprache, „aber gegen Gender-Zwang“. Die CDU wolle, dass „in allen Behörden, Schulen, Universitäten und anderen staatlichen Einrichtungen sowie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk keine grammatikalisch falsche Gender-Sprache verwendet wird“. (dpa)

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