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Vertriebene aus der Region Tigray stehen Schlange für Lebensmittel (Archivbild vom Mai 2021)

© dpa/AP/Ben Curtis

WHO-Chef zum Bürgerkrieg in Äthiopien: „Nirgends sind wir Zeugen einer Hölle wie in Tigray“

Äthiopiens Regierung verwehrt der WHO, Nahrung und Medikamente in die Konfliktregion Tigray zu bringen. Millionen Menschen sind vom Nötigsten abgeschnitten.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kämpft seit mehr als sechs Monaten vergeblich um Zugang zu der Konfliktregion Tigray im Norden Äthiopiens. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus, der selbst aus Tigray stammt, beschrieb die Lage als katastrophal. „Nirgends auf der Welt sind wir Zeugen einer Hölle wie in Tigray“, sagte er am Mittwoch in Genf. „Die Lage ist verzweifelt.“

Selbst in den schlimmsten Konfliktzeiten in Syrien oder im Jemen habe die WHO Zugang gehabt, um wenigstens lebensrettendes Material zu liefern. In Äthiopien habe die WHO auf allen Ebenen versucht, die Regierung von Friedensnobelpreisträger und Ministerpräsident Abiy Ahmed dazu zu bewegen, Medikamenten-Lieferungen in die Region zu lassen, aber ohne Erfolg.

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„Es ist furchtbar und unvorstellbar, dass eine Regierung ihrem eigenen Volk mehr als ein Jahr lang Lebensmittel, Medikamente und alles andere zum Überleben verweigert“, sagte Tedros. „Dies muss aufhören.“

Die Regierung unter Premierminister Abiy Ahmed erlaube der WHO keine Transporte. Die sieben Millionen Menschen in Tigray hätten kaum Essen und seien auch von Lieferungen von anderen humanitären Gütern abgeschnitten, zudem existierten keine Telefon- und Internetverbindungen mit der Außenwelt.

[Lesen Sie auch zum Thema: „Bürgerkrieg und Spaltung in Äthiopien: „Ich misstraue sogar Menschen, die ich seit Jahren kenne““ (T+)]

Tedros berichtete von dem Hilferuf eines Arztes, der sich an die WHO gewandt habe. Dieser habe seit Juni 2021 keine neuen Medikamente mehr für Diabetiker bekommen. In seiner Not habe er im September damit begonnen, abgelaufene Arzneimittel zu verabreichen. Selbst diese reichten nur noch für wenige Tage. Auch Infusionslösung sei ausgegangen, so dass Patienten nun nur noch einen Tropf mit Wasser bekämen.

Der militärische Konflikt hatte vor gut einem Jahr begonnen, als Abiy anfing, die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), die in Tigray an der Macht war, zu verdrängen. Die TPLF dominierte Äthiopien gut 25 Jahre lang, bis Abiy 2018 an die Macht kam. Viele Menschen in Tigray fühlen sich von der Zentralregierung nicht vertreten und fordern mehr Autonomie. Beiden Konfliktparteien werden Gräueltaten vorgeworfen. (dpa, epd)

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