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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan könnte vor schwierigen Wahlen stehen.

© AFP/Adem Altan

Update

Erdogan oder Kilicdaroglu?: Ab heute sind in Deutschland die Wahllokale für die Türkei-Wahl 2023 geöffnet

Der Präsident ist seit 20 Jahren an der Macht. Wer gewinnt, darüber dürfen auch Zehntausende Türken in Deutschland mitentscheiden. Ein ehemaliger Erdogan-Vertrauter empfiehlt die Opposition.

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In der Frage um die Wiederwahl des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan können ab Donnerstag 1,5 Millionen Türken in Deutschland mitentscheiden. Bis zum 9. Mai sind sie dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Nach Angaben des Auswärtigen Amts wurden dazu 16 Wahllokale genehmigt. Die türkische Wahlbehörde YSK hatte zuvor von 26 Standorten gesprochen.

Die Parlaments- und Präsidentenwahlen in der Türkei finden erst am 14. Mai statt. Erreicht dann keiner der Präsidentschaftskandidaten mehr als 50 Prozent, geht es am 28. Mai in die Stichwahl.

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Bei den vergangenen Wahlen vor fünf Jahren hatte es Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland gegeben. Ein ähnlicher Konflikt wird diesmal nicht erwartet. Inzwischen sind solche Auftritte ausländischer Politiker drei Monate vor den Abstimmungen in ihren Ländern nicht mehr erlaubt.

Ein Sieg des Oppositionskandidaten Kilicdaroglu würde den Weg für eine Rückkehr zur Demokratie ebnen.

Cem Özdemir, Bundesagrarminister (Grüne)

Der türkische Präsident muss nach 20 Jahren an der Macht um seine Wiederwahl fürchten. Umfragen sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Erdogan und seinem Herausforderer, dem Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu voraus. Dieser tritt als gemeinsamer Kandidat für eine Allianz aus sechs Oppositionsparteien unterschiedlicher Lager an.

Wer die Mehrheit im Parlament mit seinen 600 Abgeordneten gewinnt, ist noch nicht absehbar. Der Präsident hat seit der Einführung eines Präsidialsystems 2018 weitreichende Befugnisse, das Parlament ist dagegen geschwächt. Bestimmende Themen beim Wahlkampf in der Türkei sind die Wirtschaft und das Erdbeben, bei dem im Februar Zehntausende Menschen ums Leben kamen.

Bundesagrarminister Cem Özdemir sieht bei der bevorstehenden Türkei-Wahl die Möglichkeit einer Wende in der türkischen Politik. Ein Sieg des Oppositionskandidaten Kilicdaroglu „würde den Weg für eine Rückkehr zur Demokratie ebnen“, sagte der Grünen-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der Ausgang der Wahlen sei „so offen wie nie“ in Erdogans rund 20-jähriger Amtszeit als Regierungschef.

Özdemir äußerte sich besorgt über mögliche Manipulationen bei den Abstimmungen. „Die Sorge, dass die Wahlen manipuliert werden oder dass Erdogan nicht abtritt, sind nicht unbegründet“, sagte er. Dafür spreche, dass Erdogan „politische Gegner einsperren lässt, die prokurdische HDP verbieten will, die Versammlungs- und Informationsfreiheit massiv einschränkte und bereits in der Vergangenheit Wahlen, die seine AKP verlor, wiederholen ließ“.

Der deutsch-türkische Abgeordnete der Opposition und ehemalige Erdogan-Vertraute Mustafa Yeneroglu appellierte an türkische Wähler, in Deutschland für Rechtsstaat und Demokratie in der Türkei zu stimmen.

Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu spricht bei einer Wahlkampfveranstaltung.

© Imago Images/action press/Depo Photos /Zuma Press Wire

Die Menschen sollten das freiheitlich-demokratische Modell in Deutschland als Maßstab nehmen, die Entwicklungen in der Türkei betrachten und so ihre Wahlentscheidung emphatisch treffen, sagte er in Istanbul.

Die Opposition trete mit einem bunten Bündnis unterschiedlicher Parteien an und steht nach Ansicht Yeneroglus in erster Linie für den demokratischen Wechsel. Sollte Erdogan das Land weiterregieren, werde es dagegen „in die Autokratie abgleiten“, so Yeneroglu.

Der in Deutschland aufgewachsenen Yeneroglu galt als Vertrauter Erdogans und war 2019 aus dessen islamisch-konservativen Regierungspartei AKP ausgetreten.

Der deutsch-türkische Abgeordnete Mustafa Yeneroglu war ein Vertrauter des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, trat aber dann aus der AKP aus.

© dpa/Mirjam Schmitt

Als Grund nannte er unter anderem zunehmende Menschenrechtsverstöße. Vor drei Jahren war er Mitgründer der konservativen Deva-Partei, für die er nun innerhalb der Oppositionsallianz kandidiert.

In den ersten zwei Legislaturperioden Erdogans hat die Türkei nach Ansicht Yeneroglus große Fortschritte gemacht, vor allem in Bezug auf die Wirtschaft und demokratische Standards. „Aber insbesondere in den letzten Jahren hat die Türkei sämtliche Entwicklungen, die im ersten Jahrzehnt des Jahrtausends gemacht wurden, komplett zurückgedreht“, sagte Yeneroglu. Es tue ihm weh und mache ihn „extrem traurig“, dass das nicht bei den türkischen Wählern in Deutschland ankomme.

Bei den vergangen Wahlen 2018 hatte etwa die Hälfte der stimmberechtigten Türken in Deutschland ihr Wahlrecht genutzt. Dabei stimmten rund 65 Prozent für Erdogan. Er schnitt damit in der Bundesrepublik deutlich besser ab als im Gesamtergebnis (rund 53 Prozent). (dpa)

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