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Die Werbung mit Naomi Osaka erregte in den sozialen Netzwerken die Gemüter.

© Jewel Samad/AFP

Matthies meint: Ruft die Diversitätspolizei!

Der Fall Osaka zeigt: Die große Vielzahl von Identitäten ergibt die Diversität, und die ist zu respektieren, auch in der Nudelwerbung. Eine Glosse.

Ach, es geht schon wieder um Rassismus – jedenfalls hat die Nachrichtenagentur AFP diese Meldung unter den Stichworten „Japan Leute Tennis Rassismus“ abgelegt. Was ist passiert? Die japanische Top-Tennisspielerin Naomi Osaka wurde in einer Werbung der Nudelfirma Nissin als Zeichentrickfigur dargestellt, und zwar – so die Meldung – „mit deutlich hellerer Haut als in natura“. In der Meldung heißt es hingegen nicht, der Fehler sei korrigiert worden, weil es dann ja keine Meldung wäre.

Dabei hat sich das Unternehmen entschuldigt, die Werbung wurde gestoppt, und ein Verantwortlicher ließ in schönstem Neusprech verlauten, man werde künftig „mehr darauf achten, Diversität bei unseren PR-Aktivitäten zu respektieren“. Auf traditionelles Harakiri wurde offenbar glücklicherweise verzichtet.

Osakas Identität sei „vollständig ignoriert“ worden, so die Kritik

Der Anlass der Affäre, natürlich: In sozialen Netzwerken hatten Nutzer kritisiert, Osakas Identität sei in der Werbung „vollständig ignoriert“ worden. Damit ist gemeint: ihre Abstammung von einem haitianischen Vater und einer japanischen Mutter, was sie dunkler macht als japanüblich.

Dass diese Bagatelle nach Deutschland gemeldet wurde, hat natürlich damit zu tun, dass sie das bei AFP weltweit relevant fanden, worauf ja auch das Stichwort „Rassismus“ hinweist. Und sie haben Recht damit. Denn der identitätspolitische Diskurs, die wichtigste intellektuelle Mode der Gegenwart, lässt hier eine seiner bisher schönsten Blüten blühen: Die unendliche Vielzahl von Identitäten ergibt die Diversität, und die ist zu respektieren, auch in der Nudelwerbung; Abweichungen sind per se rassistisch konnotiert.

Ob auch in Japan von Rassismus gesprochen wurde?

Nun ist es extrem unwahrscheinlich, dass da ein böser Grafiker mit Absicht so lange an der Hautfarbe der Comic- Figur herumgemacht hat, bis sie seinen Vorstellungen von der Reinheit der japanischen Rasse entsprach. Sehr viel wahrscheinlicher ist die im Grafikprogramm standardmäßig vorhandene Gesichtsfarbe einfach durchgerutscht. Aber die alsbaldige Mobilisierung der Diversitätspolizei macht deutlich, dass es hier nicht mehr um Ursachenforschung und Schadensabwägung geht, denn das Urteil steht schon fest: Vorsätzlicher Identitätsraub in besonders schwerem Fall.

Aus der Meldung geht nicht hervor, ob der Vorfall auch in Japan als rassistisch bezeichnet wurde. Aber er ist bei uns natürlich genauso denkbar und würde zweifellos direkt in den „antirassistischen“ Diskurs führen, dessen Ziel jeder sein kann, egal, ob links oder rechts von Angela Merkel. Das Wort ist verbraucht und inhaltsleer, aber es spaltet die Gesellschaft, in Deutschland wie in Japan.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, die Deutsche Presse-Agentur habe die Meldung verbreitet. Sie stammt aber von der Agentur AFP. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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