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Politik: Russlands Staatsrat: Fast alle Macht dem Zentrum

Das Rätselraten um Russlands Staatsrat ist zu Ende. Wladimir Putin, der am Freitag den Gründungs-Ukas unterzeichnete, ließ Einzelheiten schon vorher bei seinem Besuch in der Wolgastadt Samara heraus.

Das Rätselraten um Russlands Staatsrat ist zu Ende. Wladimir Putin, der am Freitag den Gründungs-Ukas unterzeichnete, ließ Einzelheiten schon vorher bei seinem Besuch in der Wolgastadt Samara heraus.

Dem Gremium werden die Verwaltungschefs aller 89 russischen Regionen angehören. Im Präsidium, das die Tagesordnung für die Sitzungen vorbereitet, die alle drei Monate stattfinden, soll je ein Vertreter der neuen sieben Regierungsbezirke sitzen. Die Zusammensetzung des Präsidiums soll alle halbe Jahre erneuert werden. Dass Putin dem Staatsrat höchstpersönlich vorsitzen will und sich zudem in letzter Sekunde entschloss, bei der Namensgebung des Gremiums den Zusatz "beim Präsidenten" durch "der Russischen Föderation" zu ersetzen, ist für die Provinzfürsten nur ein schwacher Trost.

Der Staatsrat wird lediglich beratende Kompetenzen haben. Eine bittere Pille für die Gouverneure und Präsidenten der nationalen Teilrepubliken, die bisher im Senat - der russischen Länderkammer - zu wichtigen gesamtnationalen Entscheidungen, das vorletzte, manchmal sogar das letzte Wort hatten. An ihrer statt sollen künftig bevollmächtigte Vertreter entscheiden.

Dazu kommt, dass die Chefs der Regionen schon an die sieben Generalgouverneure, die Putin Mitte Mai zu Aufsichtsräten in den neu geschaffenen Regierungsbezirken ernannte, einen Teil ihrer bisherigen Machtfülle abtreten mussten und bei Verstößen gegen Bundesgesetzgebung durch Beschluss des Obersten Gerichts abgesetzt werden können.

Einschlägige Gesetze stießen im Senat zunächst zwar auf Widerstand, wurden Mitte Juli aber von den Gouverneuren dennoch verabschiedet. Dafür gab es zwei Gründe: Zum einen steht die Mehrheit der Senatoren kurz vor dem Ende der zweiten Amtszeit und kann nicht wiedergewählt werden. Zum anderen hatte Putin sie mit dem Staatsrat vertröstet, über dessen Zusammensetzung und Befugnisse bisher nur Spekulationen kursierten.

Jetzt sind die Illusionen verflogen und es wird klar, was Pessimisten schon lange prophezeiten: Putin höhlt systematisch die von der Verfassung gedeckten Strukturen der Legislative aus. Die reale Macht geht an "Organe" wie Präsidentenamt und Sicherheitsrat über, die nicht demokratisch gewählt sind und sich jeder Kontrolle entziehen.

Seit längerem zirkulieren Gerüchte, wonach schon im Herbst die Duma reformiert wird. Putin, der ein Zwei-Parteien-System mit der eigenen "Einheitspartei" und den Kommunisten anstrebt, will dazu ein neues Gesetz für die Wahlen einbringen, das bereits in Grundzügen fertig ist. Danach soll künftig nur noch ein Viertel der Mandate an Parteien gehen. Gegenwärtig ist es die Hälfte.

Mit der Gleichschaltung beider Kammern des Parlaments aber steigt die "Chance" für Verfassungsänderungen, mit denen Restbestände der Demokratie liquidiert werden können. Schon Mitte Juli berichtete die Tageszeitung "Sewodnja" von Plänen der Kremladministration, mit neuen parlamentarischen Mehrheiten die ersten beiden Abschnitte des Grundgesetzes zu revidieren. Die aber sind in den Augen der Öffentlichkeit gleichbedeutend mit dem Allerheiligsten: Sie regeln die Grundlagen der verfassungsmäßigen Ordnung und die Freiheiten und Rechte der Bürger.

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