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Koalitions-Chaos: Struck: Die Menschen wollen Koch nicht mehr

Nach der Wahl in Hessen ist weiterhin alles offen. Während Vertreter der SPD die FDP zur Bildung einer Ampelkoalition auffordern, beharrt die CDU auf ihrem Recht zur Regierungsbildung - mit einem möglichen Ministerpräsidenten Roland Koch.

Nach der Landtagswahl in Hessen zeichnet sich noch keine Richtung für eine Regierungsbildung ab. Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, forderte die FDP in Hessen auf, ihren Widerstand gegen eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen aufzugeben. "Die FDP muss sich entschließen, Verantwortung in der Landespolitik zu übernehmen oder von der CDU in der Opposition untergebuttert zu werden", sagte Struck. Er bestritt den Anspruch des amtierenden Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU), trotz seiner drastischen Stimmenverluste wieder die Regierung zu bilden. "Die Menschen wollen ihn nicht mehr haben, das ist doch völlig klar", sagte Struck.

FDP fürchtet Rot-Rot-Grün

FDP-Chef Guido Westerwelle lehnte es dagegen ab, der SPD-Herausforderin Andrea Ypsilanti zu einer Mehrheit zu verhelfen. "Wir halten Wort. Die Bürger wollen ein Kontrastprogramm zum Linksrutsch. Sie können sich dabei auf die FDP verlassen", sagte Westerwelle. Die Politik von SPD und FDP in Hessen passe nicht zusammen, dem Koalitionsangebot der SPD-Kandidatin sei nicht zu trauen. "Sie versucht jetzt erst, den Ruf der FDP zu schädigen, um dann doch das Linksbündnis zu machen. Wir lassen das Trojanische Pferd der SPD in Wiesbaden nicht rein, denn darin steckt Rot-Rot-Grün", sagte Westerwelle.

Der FDP-Nachwuchs forderte einen offeneren Kurs der Liberalen ein. "Die grundsätzliche Festlegung, dass die FDP auf Bundesebene nur einen natürlichen Partner hat, ist falsch und bleibt falsch", sagte der Juli-Vorsitzende Johannes Vogel. "Es gibt kein bürgerliches Lager. Grundsätzliche Festlegungen sollte die FDP deshalb unterlassen." Allerdings sei derzeit eine inhaltliche Übereinstimmung mit der SPD schwierig.

Jung bleibt Verteidigungsminister

Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) wies Spekulationen über einen Wechsel an die Spitze der künftigen hessischen Landesregierung zurück. "Ich bin gerne Bundesverteidigungsminister, und ich werde das auch bleiben", sagte Jung. Er betonte, dass die CDU als stärkste Partei Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten habe. "Und der ist und bleibt Roland Koch", sagte Jung. Nun werde man in Ruhe eine regierungsfähige Mehrheit ausloten. Die jetzige Regierung bleibe so lange im Amt, bis ein neuer Ministerpräsident gewählt werde.

Der Mainzer Politikwissenschaftler Jürgen Falter erwartet in Hessen eine große Koalition. Diese Möglichkeit sei "am Wahrscheinlichsten" sagte er. Die von der SPD favorisierte Ampel-Koalition hält Falter für unwahrscheinlich, weil die FDP diese ausgeschlossen habe: "Aus reinem Selbsterhaltungstrieb kann sie sich ein Umfallen nicht leisten. Die FDP in Hessen hat eine sehr bürgerliche Wählerschaft - es wäre politisches Harakiri, wenn sie zum Steigbügelhalter der Politik einer Ministerpräsidentin Ypsilanti würde."

Koch spielt auf Zeit

Der Göttinger Parteienforscher Franz Walter hält die Ankündigung Kochs, mit Gelassenheit die Regierungsbildung anzugehen, für ein "taktisches Spielchen". Die Strategie Kochs sei, das Wählervotum in Hessen als "Chaotenergebnis" hinzustellen, mit dem man keine Regierung bilden könne. Ziel seien Neuwahlen in einigen Monaten. Diese "Schlitzohrigkeit" Kochs, der sich bis dahin die Verbesserung seiner Ausgangslage erhoffe, sollte die SPD nicht hinnehmen. Koch ist laut Landesverfassung so lange im Amt, bis eine neue Regierung gewählt wird. Das könnte frühestens nach dem 5. April geschehen, wenn sich der neugewählte Landtag konstituiert hat.

Walter nannte es in diesem Zusammenhang einen sträflichen Fehler Ypsilantis, die Koalition mit der Linken grundsätzlich abzulehnen. "Politik heißt handeln und nicht Ausschließlichkeits-Kriterien aufzustellen", sagte der Parteienforscher. Ypsilanti müsse abrücken von ihrer kategorischen Absage, und SPD-Chef Beck sollte die Linke nicht länger als SED-Nachfolger dämonisieren. (iba/ddp)

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