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Politik: Türken setzen sich für Bildung ein

Berlin - Kadir Daglar wird jetzt Botschafter. Allerdings warten auf den 50-jährigen Berufsschullehrer aus Dorstern weder diplomatische Gespräche noch Empfänge – sondern türkische Kinder und ihre Eltern.

Berlin - Kadir Daglar wird jetzt Botschafter. Allerdings warten auf den 50-jährigen Berufsschullehrer aus Dorstern weder diplomatische Gespräche noch Empfänge – sondern türkische Kinder und ihre Eltern. Daglar ist einer der ersten „Bildungsbotschafter“, die sich für bessere Schulabschlüsse türkischstämmiger Kinder und Jugendliche einsetzen sollen.

Initiiert wurde die Kampagne von der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD). Denn Kenan Kolat, TGD-Vorsitzender, sorgt sich um die Zukunft der 2,3 Millionen Türken in Deutschland und ihrer etwa 500 000 eingebürgerten Landsleute, für die sich die nichtreligiöse Interessenvertretung einsetzen will: 2005 haben rund 22 Prozent der türkischstämmigen Mädchen und Jungen die Schule ohne Abschluss verlassen, bei Kindern aus Deutschland waren es zehn Prozent.

Das will Kolat mit der Bildungskampagne ändern. In sogenannten Elternakademien sollen türkischstämmige Mütter und Väter über das deutsche Bildungssystem besser aufgeklärt werden. Vorbild dafür ist die Föderation Türkischer Elternvereine in Nordrhein-Westfalen, die solche Elternakademien bereits seit 2005 veranstaltet. An acht Wochenenden pro Jahr treffen sich hier jeweils 25 türkischstämmige Eltern, um von Erziehern, Lehrern, Psychologen und Professoren Tipps für den besten Ausbildungsweg ihrer Kinder zu bekommen.

Die größte Sorge der Eltern: Welche Rolle spielt die türkische Muttersprache? „Wir empfehlen den Eltern, ihre Kinder in der Sprache zu fördern, die sie selbst am besten sprechen“, sagt Bildungsbotschafter Daglar, der gleichzeitig Vorsitzender der türkischen Elternvereine in NRW ist. „Wichtigstes Ziel ist aber, die deutsche Sprache fließend zu beherrschen“, sagt er. Deshalb sei es besonders wichtig, dass Eltern und Lehrer eng zusammenarbeiten, um die Defizite der Kinder gemeinsam zu beseitigen. Über die Akademien will die TGD eine solche Zusammenarbeit erreichen. Vor allem Familien aus bildungsfernen Schichten sollen angesprochen werden. In Sport- und Kulturvereinen sollen die Bildungsbotschafter Werbung für die Akademien machen und Ansprechpartner für Fragen und Probleme sein.

Schon in fünf Jahren will Kolat Erfolge sehen: „Unser Ziel ist es, die Zahl der türkischstämmigen Schüler ohne Schulabschluss zu halbieren und die Zahl der Abiturienten deutlich zu erhöhen“, sagt er.

In NRW kommt das Projekt so gut an, dass sich mehr Eltern anmelden, als es Plätze für sie gibt. Für Daglar ist das ein gutes Zeichen: „Die türkischstämmigen Eltern sorgen sich heute viel mehr um die Zukunft ihrer Kinder als noch vor einigen Jahren.“

Der Berliner Bildungssenator Jürgen Zöllner begrüßt die Kampagne. „Bildung ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für erfolgreiche Integration“, sagte er dem Tagesspiegel.

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