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Die Kandidaten bei der Debatte in Miami.

© dpa

TV-Debatte vor der Wahl in Florida und Ohio: Überraschung: Auch Republikaner können es sachlich

In der TV Debatte der Republikaner ging es diesmal gesitteter zu. Vielleicht weil die nächsten Vorwahlen so wichtig sind. Sollte Donald Trump da gewinnen, ist er kaum mehr einzuholen.

Sie hatten versucht, ihn mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Bei der letzten Debatte der republikanischen Präsidentschaftsbewerber vor einer Woche waren sie Donald Trump ins Wort gefallen, hatten ihn in echter oder gespielter Verachtung beschimpft und ihm mit empörten Worten Fehler und Schwächen vorgehalten. Es gab sogar Anspielungen auf die Größe gewisser männlicher Körperteile. Doch offenbar sind Trumps Rivalen vier Tage vor den vorentscheidenden Abstimmungen am kommenden Dienstag in delegiertenreichen Staaten wie Florida, Illinois und Ohio  zu dem Schluss gelangt, dass es wenig bringt, ebenso grob aufzutreten wie er. Der jüngste Schlagabtausch in der Nacht zu Freitag verlief so überraschend zurückhaltend, dass Trump erstaunt zu Protokoll gab: "Das geht hier ja ziemlich zivil zu."

Was als sachlich gilt und was nicht, ist freilich eine Frage des Vergleichsmaßstabs. "Zivil" war diese Debatte gemessen an früheren republikanischen Wortgefechten. Ähnlich themenorientiert wie bei den Demokraten war sie deshalb nicht automatisch. Es war bereits ein Fortschritt, dass Trump überhaupt einmal das eine oder andere Detail preis gab, wie die Welt sich die praktische Politik unter seiner Präsidentschaft vorstellen darf. Zum Beispiel würde er erwägen, 30.000 US-Soldaten Bodentruppen in den Kampf gegen den IS zu schicken.

Und er wolle sich als "neutraler Vermittler" um ein Friedensabkommen zwischen Israelis und Palästinensern bemühen - was ihm dann freilich doch harsche Kritik von Ted Cruz und eine etwas mildere Zurechtweisung von Marco Rubio einbrachte. Cruz verlangte, ein US-Präsident müsse kompromisslos auf Israels Seite stehen. Rubio sagte, Neutralität dürfe nicht bedeuten, Kompromisse zu Lasten von Israels Sicherheitsinteressen zu machen. Trump wies die Kritik zurück und zeigte dabei erneut, dass es ihm schwer fällt, sich differenziert und präzise auszudrücken, entweder weil ihm die Detailkenntnis fehlt oder weil ihm die Fähigkeit zu wohl abgewogenen Formulierungen bisher selten abverlangt wurde. Er nimmt dann Zuflucht zu unvollständigen Sätzen im Stakkato, gespickt mit Superlativen: "Sehr, sehr pro-Israel, niemand ist mehr pro-Israel, aber ich würde es gerne mal probieren."

Indirekte Selbstkritik von Donald Trump

Die andere Überraschung: Trump deutete so etwas wie Selbstkritik an. In den vorigen Debatten war er hart angegangen worden, weil er sich einerseits als Schutzherr amerikanischer Arbeiterinteressen aufspiele, andererseits auf seinen Baustellen sowie in seinen Casinos und Hotelanlagen ausländische Arbeiter beschäftige, zum Teil illegal.  Ja, er habe die Möglichkeiten des amerikanischen Rechts zur Beschäftigung von Ausländern für seine Interessen ausgenutzt und H1-B-Visa für sie beantragt, bekannte er. Als "Businessman" im Wettbewerb "tut man, was man tun muss".  Aber die Regierung "sollte mir erst gar nicht die Möglichkeit geben, Ausländer zu beschäftigen".  Das sei "sehr, sehr schlecht für amerikanische Arbeiter, sehr unfair". 

Als Präsident werde er die H1-B-Visa für ein bis zwei Jahre aussetzen und Freihandelsabkommen mit Billig-Lohn-Ländern abschließen, die die Interessen amerikanischer Arbeiter schützen. "Glaubt mir, niemand weiß besser als ich, wie man das ändert."

Auch dies trug ihm eine sanfte Zurechtweisung Rubios ein. US-Firmen seien auf Absatzmärkte für ihre Waren angewiesen, also auch auf Freihandel. "Wir brauchen Zugang zu den hunderten Millionen Menschen auf der Welt, die es sich leisten können, Dinge zu kaufen."

Ted Cruz, der Vertreter des rechten Parteiflügels, der nach mehreren Vorwahlerfolgen den zweiten Platz in der Delegiertenzählung und damit die Rolle des Herausforderers eingenommen hat, spottete zwischendurch über Trumps unpräzise Sprache. Kurze Phrasen wie "China schlecht, Muslim böse" seien keine seriösen Antworten auf Wettbewerbsdruck und Sicherheitsbedrohungen. Trump hatte in solchen Situationen in früheren Debatten mit Gegenangriffen reagiert. Diesmal ging er auf Cruz' Kritik gar nicht erst ein.

Kommt jetzt der Wendepunkt?

Erstaunliche Widersprüche in Trumps Werben bleiben, die seine Rivalen aber nicht offensiv thematisieren. Bei einer Wahlkampfveranstaltung hatte ein Trump-Anhänger - wieder einmal - einen Protestierer körperlich angegriffen. "So etwas mag ich nicht", sagte Trump, darauf angesprochen. Er behauptete aber wenig später unwidersprochen, dass seine Anhänger positiv motiviert seien und ihre Wahlentscheidung "aus Liebe" treffen. 

Der kommende Dienstag mit Vorwahlen in fünf Staaten - Florida, Illinois, Missouri, North Carolina, Ohio - kann aus zwei Gründen zum Wendepunkt in der Kandidatenkür werden. Erstens wegen der Zahl der Delegierten für den Nominierungsparteitag, die vergeben werden, zweitens wegen der Zählweise. Ab diesem 15. März dürfen die Delegierten im "Winner take all"-Verfahren zugeteilt werden. Das heißt: Der Sieger in einem Staat erhält alle Delegierten, selbst wenn er nur mit einer knappen relativen Mehrheit gewinnt. Die anderen gehen leer aus. Bisher konnte kein Kandidat einen entscheidenden Vorsprung erzielen, da in der Regel auch die Zweit-, Dritt- und selbst Viertplatzierten Delegierte erhielten. 

Trump hat derzeit 458 Delegierte, Cruz 359, Rubio 151 Delegierte. Sollte Trump am Dienstag mehrere Staaten gewinnen, könnte er einen schwer einholbaren Vorsprung erzielen. Besondere Aufmerksamkeit richtet sich in den USA auf Ohio, wo Gouverneur John Kasich in den Umfragen Kopf an Kopf mit Trump liegt. Und Rubios Heimatstaat Florida, wo ursprünglich ein Sieg Rubios erwartet wurde, nun aber Trump seit einiger Zeit in den Umfragen führt.

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