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Der baden-württembergische FDP-Chef Michael Theurer geht die Union scharf an.

© dpa/Bernd Weißbrod

„Vernichtungskampagne gegen Liberale“: FDP-Präsidiumsmitglied Theurer attackiert Union scharf

Das Klima zwischen den einstigen Bündnispartnern CDU/CSU und Liberalen ist vergiftet. Das zeigen auch Aussagen des baden-württembergischen FDP-Chefs Theurer.

Der Ton zwischen den einstigen Bündnispartnern CDU/CSU und FDP verschärft sich zusehends. Nachdem die stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz der FDP vor wenigen Tagen mit einer Zweitstimmenkampagne im nächsten Bundestagswahlkampf gedroht hatte, teilte zu Ostern nun der baden-württembergische FDP-Chef Michael Theurer gegen die Union aus.

„Die Union führt eine Vernichtungskampagne gegen die FDP“, sagte das Mitglied des Bundesparteipräsidiums der „Augsburger Allgemeinen“. „Die Behauptung von CDU und CSU, dass Schwarz-Gelb für sie eine Wunschkonstellation sei, ist ja offensichtlich gelogen“, sagte Theurer. „Dort, wo die Union mit der FDP eine Mehrheit hätte, wie in Schleswig-Holstein, regiert sie lieber freiwillig mit den Grünen“, kritisierte er.

Dies gelte auch für die CSU von Ministerpräsident Markus Söder in Bayern, der zwar bei der Kernkraft und dem Verbrenner-Aus FDP-Positionen begrüße, aber auf andere Koalitionsmöglichkeiten setze. „Wenn es ihm mit seinen neuen Positionen ernst wäre, könnte Markus Söder ja mal klare Signale für Schwarz-Gelb senden, statt mit den Freien Wählern weiterzuwursteln“, sagte Theurer.

Die Behauptung von CDU und CSU, dass Schwarz-Gelb für sie eine Wunschkonstellation sei, ist ja offensichtlich gelogen.

Michael Theurer, Mitglied des FDP-Bundesparteipräsidiums

Die CDU setze ebenfalls darauf, die FDP bewusst aus den Parlamenten zu drängen, „etwa wenn sie vor der Berlin-Wahl mitten im Wahlkampf angefangen hat, unsere Anträge wortgleich ins Parlament einzubringen“, kritisierte Theurer.

Auch auf Bundesebene habe sich die Union weit von der FDP entfernt. „Die Union ist schneller in der Opposition angekommen als die FDP in der Regierung“, sagte Theurer. „Während wir unsere Erfolge zu zurückhaltend verkaufen, höre ich heute Politiker von CDU und CSU, die ernsthaft so tun, als hätten sie gar nichts zu tun mit ihrer eigenen Politik der vergangenen Jahrzehnte“, kritisierte der Staatssekretär im Verkehrsministerium.

Die FDP stehe deshalb klar zur Ampel. „Olaf Scholz ist ein absolut verlässlicher Bundeskanzler“, sagte Theurer. „Er hat trotz einiger Widerstände sein Versprechen an uns, die Steuern zu senken, genauso gehalten wie sein Versprechen an die Grünen, aus der Kernkraft auszusteigen“, erklärte der FDP-Politiker.

Die Koalition müsse nun gemeinsam gegen das momentane Tief in der Wählergunst vorgehen. „Alle drei Parteien dieser Bundesregierung verlieren momentan an Zuspruch und alle drei werden nur durch eine gemeinsame erfolgreiche Politik wieder an Zustimmung gewinnen“, sagte Theurer. 

Zuvor hatte bereits FDP-Vize Wolfgang Kubicki im Tagesspiegel deutliche Worte gefunden. Trotz der Probleme innerhalb der Ampel-Regierung sagte er: „Ich kenne niemanden in der FDP, der sich aktuell Schwarz-Gelb zurückwünscht.“ Die Grünen seien zwar „anstrengend“, aber die Union sei „unzuverlässig und hinterhältig“. Da helfe es auch nicht, dass FDP und Union zuweilen ähnliche Sichtweisen auf die Wirtschaftspolitik hätten.

„Der Vorstellung, der Union nach 16-jähriger Untätigkeit wieder das Ruder zu überlassen, jagt mir einen kalten Schauer über den Rücken“, sagte Kubicki. „Wollen wir wirklich Friedrich Merz oder gar Markus Söder in Verantwortung sehen, der morgens Bäume umarmt, um sie nachmittags zu fällen?“, fragte er mit Blick auf CDU-Chef Merz und CSU-Chef Söder. Die Ampel sei eine „erfolgreiche Koalition ohne gute Alternative“.

Union verärgert über Wahlrechtsreform der Ampel

Unions-Fraktionsvorsitzende Lindholz hatte mit Blick auf die von der SPD, Grünen und FDP beschlossene Wahlrechtsreform der Nachrichtenagentur dpa gesagt: „Meiner Ansicht nach hat sich die FDP mit ihrer Entscheidung für die Ampel-Koalition erheblich verkalkuliert“, erklärte die CSU-Bundestagsabgeordnete.

Das könne man bedauern, doch die FDP sei für ihr Glück letztlich selbst verantwortlich. „Da kommen harte Zeiten auf die Liberalen zu, nach dieser Wahlrechtsreform sowieso“, prophezeite die Innenpolitikerin. „Denn es ist doch klar, dass wir jetzt eine knallharte Erst- und Zweitstimmenkampagne machen werden bei der nächsten Bundestagswahl.“

Die im Bundestag am 17. März mit den Stimmen der Ampel-Koalition verabschiedete Wahlrechtsreform führe dazu, dass von Direktkandidaten gewonnene Wahlkreise gegebenenfalls nicht zugeteilt würden, sagte Lindholz. Das und die auf den letzten Metern in den Entwurf eingefügte Streichung der Grundmandatsklausel seien inakzeptabel. Das Verfahren sei von den Koalitionären mit einer „Basta-Mentalität“ durchgezogen worden.

„Den Entwurf, über den die Ampel-Koalition am Freitag abstimmen ließ, haben wir am Montagabend zum ersten Mal gesehen.“ Dieser „Basta“-Stil habe Konsequenzen, auch jenseits des Streits um das Wahlrecht. Lindholz sagte: „So hat sich das Klima auch untereinander dadurch natürlich erheblich verschlechtert.“ Die Stimmung sei teilweise „regelrecht vergiftet“.

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