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Die Aufklärungsdrohne "Euro Hawk".

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Exklusiv

Verteidigungspolitikerin Hoff (FDP) will „Euro-Hawk“ weiter betreiben: Verteidigungspolitikerin Hoff: „Deutschland braucht die Drohne“

Elke Hoff will den bereits getesteten „Euro-Hawk“ weiter betreiben. Deutschlands brauche die Drohne „absolut“, sagte die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP dem „Tagesspiegel". Die Signalerfassende Aufklärung sei eine „unabdingbare Fähigkeit“ für die Soldaten in den Einsätzen.

Von
  • Antje Sirleschtov
  • Robert Birnbaum

Wann haben Sie als Parlamentarierin von Problemen beim „Euro Hawk“ erfahren?
Zum gleichen Zeitpunkt wie die Presse. Es gab eine Anfrage des SPD-Kollegen Hans-Peter Bartels. Daraufhin ist das Thema vor zweieinhalb Wochen im Ausschuss auf die Tagesordnung gekommen. Und dort sind wir vom Staatssekretär Stephane Beemelmans unterrichtet worden, dass man „die Reißleine ziehen“ werde.

Das kam ohne Vorwarnung?
Vorher war mir jedenfalls nichts von einer dramatischen Zuspitzung bewusst. Dass es bei einem sogenannten Demonstrator, der ja noch kein Serienmodell ist, immer wieder zu Schwierigkeiten kommen kann, ist nicht unüblich – obwohl zum Beispiel ausdrücklich verneint worden ist, dass es 2011 Probleme bei der Überführung von den USA nach Manching gegeben habe. Aber es wurde nie der Eindruck vermittelt, das Projekt stehe unmittelbar vor dem Scheitern.

Wäre es nicht nötig gewesen, bei einer solchen Entscheidung die zuständigen Parlamentarier vorher einzubeziehen?
Auf jeden Fall – das Parlament entscheidet schließlich auch über die Beschaffung und Finanzierung!

Minister de Maizière hat sich drei Wochen Zeit ausbedungen, um den Fall aufzuarbeiten: Ein richtiger Schritt?
An der Stelle ja. Sorgfalt ist wichtiger als Schnelligkeit. Halbinformationen nützen niemandem. Sonst entsteht sehr schnell der Eindruck, man habe Fehler vertuschen wollen. Die Zeit ist notwendig. Aber dann müssen auch wirklich alle Fakten auf dem Tisch liegen.

Wäre so ein Überblick nicht schon als Basis für die Entscheidung nötig gewesen?
Ich weiß nicht, auf welcher Basis entschieden worden ist, deshalb werde ich darüber auch nicht spekulieren.

Hat der Minister die Entscheidung womöglich zu früh getroffen?
Ich weiß auch das nicht. Es wäre nur sicherlich klug gewesen, eine solch bedeutsame Entscheidung vorher mit allen zu besprechen, die es angeht.

Braucht Deutschland eigentlich unbedingt so einen „Euro Hawk“?
Ja, absolut. Die Signalerfassende Aufklärung ist eine unabdingbare Fähigkeit für unsere Soldaten in den Einsätzen. Man muss wissen, was los ist, wer mit wem kommuniziert. Es besorgt mich am allermeisten, dass da jetzt eine Lücke besteht.

Sehen Sie einen Ausweg?
Wenn uns der Generalinspekteur sagen würde, dass der „Euro Hawk“-Demonstrator die erhofften Fähigkeiten bewiesen hat, und wenn wir ihn mit der vorläufigen Fluggenehmigung in einem Einsatz betreiben könnten, dann wäre ich dafür, das zu machen. So ließe sich zugleich wenigstens ein Teil der Investitionen retten.

Aber die Probleme mit der Zulassung?
Die Zulassung bleibt ein Problem, wenn wir das System in Serie beschaffen und ständig in Deutschland und Europa fliegen wollten. Aber wenn wir den endzertifizierten Prototypen in Einsatzgebiete wie Afghanistan bringen, weil er dort gebraucht wird, könnte geprüft werden, ob dafür die vorläufige Genehmigung ausreicht. Ich erwarte jedenfalls vom Verteidigungsminister, dass er uns Alternativen nennt.

Und die politischen Konsequenzen?
Wenn sich herausstellen sollte, dass zu einem frühen Zeitpunkt offenkundig war: Was wir hier entwickeln, kann nie in Betrieb gehen – dann muss es auch im Haus personelle Konsequenzen geben. Wenn sich erweist, dass das Ganze ein Sturm im Wasserglas war und wir obendrein den Großteil der Investitionen retten können, sieht die Lage womöglich anders aus.

Was heißt diese Pleite für die Zukunft der Drohnen, ob bewaffnet oder nicht?
Europa muss sich endlich auf einheitliche Zulassungskriterien einigen. Es kann ja nicht sein, dass die „Global Hawks“ der Nato auf Sizilien starten können, bloß weil dort vielleicht nicht so viel ziviler Luftverkehr herrscht, und hier bei uns ist das unmöglich. Das alles hätte längst europäisch geklärt sein müssen.

Wer hat’s verschlafen? Die Verkehrsminister?
Keine Ahnung. Aber den Schuh müssen sich sicher die Regierungen anziehen. Wir reden hier schließlich über eine Technik, die auch in der Zivilluftfahrt Fuß fassen wird – Stichwort unbemannte Frachtflieger. Akzeptanz in der Bevölkerung auch für solche Projekte schafft man anders, als das hier passiert ist.

Ein wahres Wort. Sie sagen öfter wahre Worte und werden dafür über Parteigrenzen geachtet. Jetzt hören Sie ohne Not einfach auf. Warum denn bloß?
Mir hat immer dieses Bild vom Politiker als Junkie missfallen, der nicht mehr loslassen kann. Wir müssen alle irgendwann loslassen am Ende unseres Lebens. Das sollte man ruhig vorher schon mal üben. Ich habe getan, was ich konnte. Jetzt mache ich aus freien Stücken Platz für neue Kollegen mit neuen Ideen. Das ist vielleicht auch ein Zeichen an die Menschen, die Politik als ein „Klammern an Macht“ wahrnehmen. Und ein Zeichen an mich selbst: Das „normale“ Leben ist genauso wichtig wie das im vermeintlichen Machtzentrum Berlin.

Aber traurig sind Sie schon auch, oder?
Ja klar. Ich weiß doch, wie viel noch zu erledigen wäre. Ich mache mir Sorgen um die Soldaten, die häufig ihre Knochen hinhalten müssen, weil international vielen Politikern zur Bewältigung der aktuellen Krisen häufig nichts Besseres einfällt, als Militär zu schicken. Wir übernehmen damit die große Verantwortung für das Leben von vielen jungen Menschen. Da kehrt dann ein Vater nicht mehr zu seinen Kindern, seiner Familie zurück, nie mehr. Ich hab’ da dran sehr zu knabbern. Ich hätte mir häufig auch mehr Einfluss gewünscht. Aber als Parlamentarier stößt man in der Außen- und Sicherheitspolitik rasch an die Grenzen. Auch darum finde ich es für mich richtig zu sagen: Okay, es ist jetzt genug.

Ihr Rat an die oder den Nachfolger?
Hartnäckige Neugier. Nicht das glauben, was einem vorgelegt wird, auch wenn es auf den ersten Blick plausibel erscheint. Vor allem: Keine Angst haben.

Angst wovor?
Angst davor, auf seinen Instinkt zu hören. Angst davor, den gesunden Menschenverstand einzusetzen. Angst davor, mit der eigenen Meinung alleine zu stehen.

Elke Hoff (56) ist Sprecherin der FDP-Fraktion für Sicherheitspolitik. Die Fragen stellten Antje Sirleschtov und Robert Birnbaum.

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