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Saskia Esken, SPD-Vorsitzende, am 5. September.

© dpa / Wolfgang Kumm/dpa

Update

„Politik muss die Kraft haben, Fehler zu korrigieren“: SPD kündigt Ende der Gasumlage an

SPD-Chefin Saskia Esken und Co-Chef Lars Klingbeil gehen davon aus, dass die Gasumlage doch nicht kommen wird. Zuvor waren bereits andere Ampel-Politiker davon abgerückt. 

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Die SPD hat das Aus für die Gasumlage in Kürze in Aussicht gestellt. „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir diese Woche zum Ende der Gasumlage kommen“, sagte SPD-Chefin Saskia Esken am Sonntagabend in der ARD. Ihr Co-Chef Lars Klingbeil ergänzte im ZDF: „Ich glaube, Politik muss die Kraft haben, Fehler zu korrigieren.“

Auch er erwarte in den nächsten Tagen eine Entscheidung: „Das alles muss jetzt in der Regierung schnell geklärt werden.“ Ein Verzicht sei angesichts der hohen Gaspreise ein richtiges Signal an Verbraucher und Unternehmen.

Er sehe jetzt den Wirtschaftsminister am Zug: „Robert Habeck ist der zuständige Minister, der muss am Ende den Vorschlag machen, wie es mit der Gasumlage weitergeht.“ Die Grünen hatten eine Ersatz-Finanzierung aus Steuermitteln vorgeschlagen.

Auch Lindner rückt von Gasumlage ab

Zuvor war bereits erstmals auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) offen von der Umlage abgerückt.

Laut „Bild am Sonntag“ (BamS) betrachtet Lindner die damit verbundenen Mehrkosten angesichts der konjunkturellen Lage als nicht sinnvoll. „Es stellt sich mir bei der Gasumlage weniger die Rechtsfrage, sondern immer mehr die wirtschaftliche Sinnfrage““, sagte Lindner der „BamS“.

„Wir haben eine Gasumlage, die den Preis erhöht. Aber wir brauchen eine Gaspreisbremse, die den Preis senkt“, sagte Lindner der Zeitung. Bis die Hilfen der Bundesregierung für Haushalte, Handwerk, Sportvereine oder Kultur stehen würden, werde schließlich noch Zeit vergehen, erklärte Lindner. Eine Gaspreisbremse müsse aber „allen Menschen in einer Volkswirtschaft schnell helfen“.

An der Schuldenbremse will der Finanzminister dem Bericht zufolge trotz der abzusehenden Mehrausgaben festhalten: „Eine Gaspreisbremse muss mit langfristig stabilen Staatsfinanzen verbunden werden. Die Schuldenbremse für den Bundeshaushalt steht“, betonte er. Als Bedingung nannte Lindner eine „Kombination mit Maßnahmen wie der Verlängerung der Kernenergie“, „damit wir die beste Wirkung haben“.

Ricarda Lang fordert Deckelung der Gaspreise

„Die Preise müssen runter“, sagte auch Grünen-Chefin Ricarda Lang dem Tagesspiegel und machte sich für die Deckelung des Gaspreises stark: „Das würde dafür sorgen, dass der Grundverbrauch bezahlbar bleibt – für die Bürgerinnen und Bürger genauso wie für die Wirtschaft.“

Mit der Strompreisbremse sei man auf einem guten Weg. Tatsächlich soll diese aber nur kommen, wenn es eine Regelung zum Abschöpfen von Gewinnen im Stromsektor gibt. Beim Thema Heizen gibt es bislang nur eine Expertenkommission.

Zustimmung kam auch vom Fraktionschef der FDP. „Wir brauchen jetzt schleunigst zwei Dinge: ein höheres Angebot an verfügbarer Energie und eine Begrenzung der Preise auf Strom und Gas“, sagte Christian Dürr dem Tagesspiegel.

In der vergangenen Woche war im Finanzministerium ein „Arbeitsstab Gaspreisbremse“ eingerichtet worden. „Im Gegenzug erwarten wir jetzt aber auch, dass sich die Grünen bei der Frage der Kernenergie endlich bewegen“, sagte Dürr. Die FDP verlangt schon länger, die drei verbliebenen deutschen Atommeiler über den Jahreswechsel hinaus am Netz zu halten.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich am Sonnabend optimistisch, dass die Energieversorgung trotz der ausgefallenen russischen Gaslieferungen gesichert ist: „Wir kommen wohl durch.“ Die Bundesregierung habe seit Jahresanfang mit weitreichenden Entscheidungen dafür gesorgt, „dass wir die Versorgung mit Kohle, Öl und Gas sicherstellen können, dass die Elektrizitätsversorgung weiter funktioniert“, sagte der Kanzler, der am Wochenende die wichtigen Öl- und Gas-Exportländer Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Katar besucht.

Scholz traf den Saudischen Machthaber Prinz Mohammed bin Salman. Foto: AFP/Bandar al Jaloud)

© AFP / BANDAR AL-JALOUD / Saudi Royal Palace / AFP

Die Befüllung der deutschen Gasspeicher war zuletzt trotz des Lieferstopps über die Nord-Stream-1-Pipeline zügig vorangekommen und lag am Sonnabend bei mehr als 90 Prozent. Zuletzt war zudem der Gaspreis spürbar gesunken – auch weil die Bundesregierung nicht mehr zu jedem Preis die Speicher weiter befüllen lässt.

Scholz versprach zudem eine schnelle Umsetzung der Entlastungsmaßnahmen: „Die Gesetzgebungsmaschine ist angelaufen und wird ganz, ganz schnell die notwendige Unterstützung organisieren.“ Es gehe um Unterstützung für Haushalte, Familien und für diejenigen, die wenig Geld verdienen – aber auch für Unternehmen, die jetzt hohe Energierechnungen hätten und nicht wüssten, wie sie ihr Geschäft weiter aufrechterhalten sollen.“

Ein Sprecher von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gab bereits Pläne für ein neues milliardenschweres Hilfsprogramm bekannt, das Unternehmen unterstützen soll.

Scholz weicht Frage nach der Zukunft der Gasumlage aus

Zur Zukunft der umstrittenen Gasumlage hat sich Olaf Scholz ausweichend geäußert. Auf eine entsprechende Frage verwies er am Sonntag am Rande eines Besuchs in Doha auf die Kommission, die sich mit der Zukunft der Gaspreise beschäftigen soll.

Diese habe am Samstag erstmals getagt, und er habe sich informieren lassen. „Wir werden mit schnellen Ergebnissen rechnen können“, sagte der SPD-Politiker. Er sprach von einer „sehr guten konstruktiven Arbeit“ in der Kommission.

Scholz betonte, dass es der Regierung gelungen sei, die Versorgung mit Gas zu sichern. „Jetzt kommen wir durch den Winter“, sagte er mit Hinweis etwa auf Maßnahmen wie die schnellere Füllung der Gasspeicher oder den Bau der LNG-Terminals an der Küste.

„Wir werden auch sicherstellen, dass die Atomkraftwerke im Süden weiter laufen können“, fügte er hinzu. Jetzt gehe es um die hohen Gaspreise. Alles müsse ineinander greifen, damit Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen nicht überfordert würden, sagte Scholz.

Habeck: „Die Gaspreise müssen runter“

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will auf eine Senkung der Gasrechnungen für Bürger und Unternehmen hinarbeiten. „Die Gaspreise müssen runter, die Kosten für Wirtschaft und Haushalte müssen begrenzt werden“, erklärte Habeck am Sonntag mit Blick auf die Debatte um die Zukunft der Gasumlage und einen möglichen Gaspreisdeckel.

„Um die gute Substanz unserer Volkswirtschaft durch diese Krise zu führen und den sozialen Zusammenhalt zu wahren“, müsse „alle Finanzkraft des Staates“ aufgebracht werden. Habeck legte sich in der Äußerung zur Zukunft der umstrittenen Gasumlage nicht fest.

Er hatte nach dem Beschluss zur Verstaatlichung des Energie-Versorgers Uniper vergangene Woche aber bereits Zweifel geäußert, ob diese noch rechtlich zulässig sei. Dies wird derzeit in der Bundesregierung geprüft.

Niedersachsens Ministerpräsident fordert rasche Preisdeckelung

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hält eine rasche Preisdeckelung für angebracht. „Energiekosten sind ein wichtiger Standortfaktor und deutsche Industrieunternehmen stehen im internationalen Wettbewerb“, sagte er im Interview mit dem Tagesspiegel. „Eine De-Industrialisierung hätte für Deutschland katastrophale Folgen. Deshalb müssen wir mit allem, was wir haben, dagegenhalten.“ Eine schnelle Lösung könne den Zusammenhalt im Land stärken, sagte Weil.

Erst am Freitag wurde ein Bericht des Bundeskriminalamts bekannt, in dem von einer Bedrohung der inneren Sicherheit angesichts der Energiekrise die Rede ist. Es sei mit einer ähnlichen Lage wie bei den Protesten gegen Corona-Maßnahmen seit Beginn der Pandemie zu rechnen, heißt es.

Am Sonnabend rief ein breites Bündnis aus Sozialverbänden, Gewerkschaften und Umweltorganisationen für den 22. Oktober zu Demonstrationen auf, um gegen „die mangelhaften Reaktionen der Bundesregierung“ auf die Energiekrise zu protestieren. Die Kundgebungen unter dem Motto „Solidarisch durch die Krise – Soziale Sicherheit schaffen und fossile Abhängigkeiten beenden“ sollen an mehreren Orten parallel stattfinden. (mit dpa/AFP/Reuters)

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